Liebesdienste / Roman
»Bettwäsche wechseln«. Nie stand darauf »Katzenkotze wegwischen«, »Versiffte Laken wechseln«, »Haare aus Abfluss entfernen«, was der Wahrheit mehr entsprochen hätte. Manche Menschen waren Schweine, sie ließen ihre schönen Häuser auf ekelhafte Weise verkommen. »Versifft« war natürlich ein Wort, das Sophia von ihrem schottischen Freund gelernt hatte. Er war eine gute Quelle für die Umgangssprache, obwohl er ziemlich oberflächlich war, und ein guter Fick (sein Ausdruck), was man ja schließlich von einem ausländischen Freund erwartete, warum sonst sollte man sich die Mühe machen?
Die Haushälterin fuhr sie gewöhnlich in dem rosa Kombi herum, setzte sie ab und tat dann weiß Gott was, wahrscheinlich nichts Anstrengendes. Sophia stellte sich vor, dass sie irgendwo in einem bequemen Sessel saß, Schokoladenkekse aß und
Good Morning
sah.
In Merchiston mussten sie drei Häuser putzen, alle nahe beieinander, es war also wahrscheinlich Mundpropaganda – denn was immer sie sonst taten, die
Hilfe
-Mädchen putzten gut. Das Haus mit dem Affenschwanzbaum (sehr schön, Sophia stellte sich vor, dort zu leben) putzten sie jede Woche. Der Besitzer war nur selten da. Wenn sie das Haus durch die Vordertür betraten, verließ er es durch die Hintertür wie eine Katze. Er war Schriftsteller, behauptete die Haushälterin, also keine Papiere, keine Manuskripte durcheinanderbringen. Es war das sauberste, ordentlichste Haus, das sie putzten, alles stand an seinem Platz, die Betten waren gemacht, die Handtücher gefaltet, die Lebensmittel im Kühlschrank alle in ordentlichen Plastikbehältern von Lakeland. Sie hätte sich in die Küche setzen, Kaffee trinken, die Zeitung lesen und wieder gehen können, ohne einen Finger zu rühren, und die Haushälterin hätte es nicht gemerkt. Aber das tat Sophia nicht. Sie war nicht faul. In diesem Haus polierte und wischte und saugte sie noch mehr, denn der Schriftsteller verdiente es, weil er selbst so ordentlich und sauber war. Und jetzt erst recht, weil der Schriftsteller einen Besucher hatte, der ein Schwein war, der rauchte und trank und seine Kleider auf dem Boden liegen ließ, und wenn er sie sah, schmutzige, anzügliche Dinge zu ihr sagte.
Er hatte einem der anderen Mädchen Geld angeboten, einer traurigen Rumänin, und sie war mit ihm nach oben gegangen (»um zu bumsen«), und dann hatte er ihr nur die Hälfte des Geldes und ein unterschriebenes Foto von sich gegeben. »Wichser«, war die einhellige Meinung der Mädchen. Sophia hatte ihnen das Wort beigebracht mit freundlicher Genehmigung ihres schottischen Freundes. Es war ein sehr nützliches Wort. Aber es war dumm von dem Mädchen gewesen, mit ihm zu gehen. Danach weinte sie tagelang, vergoss Tränen auf hübsch polierte Flächen und verbrauchte saubere Handtücher. Sie sei Jungfrau gewesen, sagte sie, aber sie habe das Geld gebraucht. Alle brauchten Geld. Viele von ihnen waren illegal im Land, manchen war der Pass weggenommen worden, andere verschwanden nach einer Weile. Sexhandel. Das würde auch mit dem rumänischen Mädchen passieren, man sah es ihren Augen an. Es gab Gerüchte über schlimme Dinge, die manchen Mädchen von
Hilfe
zugestoßen waren, aber es gab immer Gerüchte, und Mädchen stießen immer schlimme Dinge zu. So war das Leben.
Sophia gefiel der Gedanke, dass der Schriftsteller nicht zu reich oder zu dumm war, um eine normale Putzfrau einzustellen, sondern dass er die Unpersönlichkeit des
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-Dienstes mochte. Sophia stellte sich vor, dass Schriftsteller Menschen waren, die anderen Menschen nicht zu nahe kommen wollten, damit sie sie nicht vom Schreiben abhielten.
Heute waren sie unterbesetzt, weil die Grippe grassierte, und die Haushälterin sagte: »Fang allein an«, und so klopfte Sophia an die Tür des Schriftstellers. Sie hatte einen Schlüssel, aber sie sollten trotzdem zuerst klopfen. Wieder klopfte sie laut. Der Schriftsteller hatte einen soliden Messingklopfer in Form eines Löwenkopfes, und es hatte etwas Befriedigendes, ihn zu benutzen, als wäre sie Polizistin. Als niemand öffnete, schloss sie auf, trat ein und rief »
Hilfe
hier«, mit einer lauten melodiösen Stimme für den Fall, dass der Schriftsteller im Bett war und mit jemandem bumste. Sehr unwahrscheinlich, im ganzen Haus des Schriftstellers fanden sich keine Anzeichen für Sex mit einer Frau oder einem Mann. Nicht einmal Pornos. Ein paar gerahmte Fotos, sie erkannte Notre Dame in Paris, holländische Häuser an einem
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