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Liebesdienste / Roman

Liebesdienste / Roman

Titel: Liebesdienste / Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Atkinson
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sagte Jim Tucker. »Bei der Telefonnummer sind wir nicht weitergekommen.«
    »Sie hat eine Callgirl-Visitenkarte, und du meinst trotzdem, sie war auf der Straße?«, wunderte sich Louise.
    »Sie war ein Junkie, vermutlich war es ihr egal, ob sie es in einem Hotelzimmer oder einem Hauseingang machte.«
    Louise glaubte das keine Sekunde. Wenn sie sich schon verkaufte, dann bestimmt lieber in einem hübschen warmen Hotelzimmer, wo sie sicher sein konnte, dass jemand wusste, wo sie war. »Ich bin auch auf der Suche nach
Hilfe,
bislang haben wir nichts gefunden.«
    »Sollte ich was darüber wissen?«, fragte Jim Tucker.
    »Nicht wirklich. Ein verschwundenes Mädchen, aber ich bin nicht davon überzeugt, dass sie überhaupt existiert.«
    »Ah, deine sogenannte Tote von gestern. Habe gehört, dass du die Truppen umsonst losgeschickt hast. Sie ist nicht aufgetaucht?«
    »Noch nicht.«
    »Was habe ich da von einer Leiche in Merchiston gehört?«, rief Ackroyd ihr zu.
    »Keine Ahnung«, sagte sie. »Das ist Edinburgh Süd, hab ich nichts mit zu tun.«
    »Ich wohne in Merchiston«, murmelte Ackroyd.
    »Dein Viertel geht dahin, Tom.« Neil Sneddon lachte. Er zwinkerte Louise zu. Sie fragte sich, ob sie mit jemandem Sex haben könnte, der im Angesicht des Todes so verschmitzt war. Vermutlich kam es darauf an, wie gut er aussah. Sneddon sah definitiv nicht gut aus.
    Ackroyd nahm eine kleine elektrische Säge und begann die Schädeldecke des Mädchens aufzusägen, als wäre ihr Kopf ein weiches Ei. »Schauen Sie genau hin«, sagte er zum grünlichen Jim Tucker, »das ist das einzige Mal, dass Sie sehen werden, was eine Frau im Kopf hat.«
     
    Als sie Jackson Brodie heute Morgen aus dem Gericht kommen sah, war sie zusammengezuckt. Das kleine Flattern des verräterischen Herzens.
    Louise fragte sich, wie Jackson Brodie mit vierzehn gewesen war. Waren alle seine Tugenden (und Untugenden) damals schon voll entwickelt, hätte man den Jungen ansehen und den Mann in ihm erkennen können? Konnte man den Mann anblicken und den Jungen entdecken?
    Die rosa Karten gab es tatsächlich. Louise hatte den Beweis in der Tasche, abgestaubt von dem Stapel, während alle zu Ackroyd schauten, der seine Partynummer vorführte. Okay, das war Manipulation von Beweisen, aber es war ja nicht die einzige Karte gewesen. War eine Karte weniger letzten Endes von Bedeutung? Wirklich?
    Sie rief Jeff Lennon an, den Mann im Revier, der alles wusste. Ein Kommissar ein paar Wochen vor der Pensionierung, ein Gesicht wie eine Schildkröte, ein Gedächtnis wie ein Elefant. Behindert von einem kaputten Knie, verbrachte er die letzten Tage mit der Aufarbeitung von Akten, und sie wusste, dass er sich freuen würde, wenn er etwas anderes zu tun hätte.
    »Können Sie mir einen Gefallen tun?«, fragte sie ihn.
    »Wenn Sie mich nett drum bitten.«
    »Ich bitte Sie nett drum. Können Sie etwas über einen Autounfall in der Old Town gestern herausfinden? Da war Gewalt im Spiel. Der Schuldige hat Fahrerflucht begangen. Können Sie überprüfen, ob jemand das Kennzeichen gesehen hat?«
    Jackson hatte von »Dutzenden von Zeugen« gesprochen, aber als Jeff ein paar Minuten später zurückrief, wusste er nur zu berichten, dass sich niemand daran erinnern konnte, obwohl irgendjemand ausgesagt hatte, er glaube, »der Wagen war blau«.
    »Tja, ich habe gute Nachrichten«, sagte sie. »Blau ist korrekt, und außerdem ist es ein Honda Civic, und ich kann Ihnen das Kennzeichen geben. Ich habe einen Zeugen.« Sie hatte ihn »Jackson« genannt. Es hatte sich unprofessionell angefühlt, obwohl es das nicht war.
    »Jeff? Noch einen winzigen Gefallen? Besorgen Sie mir die Adresse eines gewissen Terence Smith, war heute Morgen im Gericht.«
     
    Jim Tucker hatte ein totes Mädchen mit einer Karte von
Hilfe
. Jackson Brodie hatte ein totes Mädchen mit einer Karte von
Hilfe
. Jims Mädchen war eindeutig eine Prostituierte, deswegen war die Chance groß, dass auch Jacksons Mädchen eine Prostituierte gewesen war. Sie bemerkte, dass sie Jim Tucker und Jackson Brodie in Gedanken als ebenbürtig behandelte. Schreibe zehnmal:
Jackson Brodie ist kein Polizist
. Er war Zeuge. Zudem ein potenzieller Verdächtiger, auch wenn die Anklage nur auf Verschwendung von Polizeizeit lautete. Und er war verurteilt wegen Körperverletzung, auch wenn er behauptete, unschuldig zu sein. Sag’s noch mal, Louise – er war ein Zeuge, ein Verdächtiger
und
ein verurteilter Straftäter.

24
    N ichts machte so Appetit

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