Liebesfilmriss
immer erst unter deinen Wagen nach Brandbomben Ausschau halten, bevor du den Motor startest.«
Finn nahm einen Schluck Wein. »Du bist mir eine große Hilfe.«
»Ich hätte durchaus eine große Hilfe sein können.« Evies Augen funkelten. »Weißt du, ich bin nicht so wählerisch wie manch andere. Ich nehme die abgelegten Blumen von jedermann an.
»Danke«, erwiderte Finn trocken. »Und wenn du hier gewesen wärst, als die Blumen kamen, hätte ich sie dir ja auch angeboten. Aber du bist zu spät gekommen.«
Evie zeigte keine Reue. »Stimmt, aber aus gutem Grund. Meine süße Tochter hat angerufen, als ich gerade das Haus verlassen wollte. Sie ist in eine neue Wohnung in Salisbury gezogen, und sie feiern morgen die Einweihungsparty. Ich fahre also morgen früh zu ihr!«
Ginny versuchte, ihren aufkeimenden Neid zu unterdrücken. Die glückliche Evie durfte ihre Tochter Philippa sehen. Sie würde alles dafür geben, wenn Jem anrufen und sagen würde: »He, Mum, wir geben eine Party. Du kommst doch, oder?«
Mein Gott, sie wäre in Lichtgeschwindigkeit bei ihr, wie Superman, den man aus einer Kanone schießt. Und sie würde auch fabelhaftes Essen mitbringen und hinterher das ganze Geschirr spülen.
Aber die Gefahr, dass dieser Fall eintreten könnte, schien nicht zu bestehen. Die glücklichen Wochenenden, die sie vor ihrem inneren Auge gesehen und in denen sie und Jem sich gemeinsam in Bristol amüsiert hatten, waren nicht eingetreten, und ihre gemeinsamen Wochenenden hier in Portsilver waren beklagenswert selten.
»Was ist es für eine Wohnung?«, fragte Finn.
»Sie liegt im zweiten Stock, ein edwardianisches Gebäude, frisch renoviert, zwei Zimmer. Ich kann es kaum erwarten, sie mit eigenen Augen zu sehen. Ach übrigens, du hast nicht zufällig eine Straßenkarte?« Evie berührte ihn am Arm. »Meine Nachbarin hat sich meine ausgeborgt und sie verloren.«
»Hier muss irgendwo noch eine herumliegen. Keine Ahnung, wo.« Finn runzelte die Stirn. »Salisbury, nimmt man da die A36? Ich kann im Internet nachsehen, wenn du möchtest.«
»Ich weiß, wo sie ist.« Ginny sprang auf.
»Wo
wer
ist? Die Stadt Salisbury?«
»Die Straßenkarte. Ich habe sie neulich gesehen.«
Die Straßenkarte befand sich in der zweiten Schublade hinter der Bar, fast gänzlich verborgen unter einem Stapel Telefonbüchern. Ginny fühlte sich enorm effizient, als sie sie schwungvoll hervorzog, einen bescheidenen Knicks machte und sagte: »Danke schön, danke schön, das war meine leichteste Übung.«
»Ich find’s toll, wenn Leute das können.« Evie klatschte verzückt in die Hände. »Ich muss dich einmal mit zu mir nehmen, damit du meine ganzen verlegten Sachen wiederfindest. Irgendwo muss noch eine blaue Sandalette liegen, die ich seit Jahren vermisse.«
»Was ist das?«, fragte Finn, als etwas aus der Straßenkarte fiel und mit der Oberseite nach unten auf dem Boden landete. Ginny ging in die Knie und hob es auf.
»Ein Foto?«, mutmaßte Evie, weil es die richtige Form und Größe hatte.
Es war wirklich ein Foto. Ginny sah es nur für den Bruchteil einer Sekunde, aber das Bild brannte sich in ihre Netzhaut ein. Sie schaute zu Finn und reichte es ihm wortlos. Evies Augen wurden groß und sie rief voller Schadenfreude: »Finn, ist es obszön? Sag mir nicht, dass es ein Foto von dir mit einer spärlich bekleideten Frau ist?«
Ginny biss sich auf die Lippen und wandte sich ab, denn in gewisser Weise war es genau das. Auf dem Foto saß Finn auf einer Mauer, trug Jeans und ein weißes T-Shirt. Es war ein sonniger Tag und die Brise hatte eine Locke seines dunklen Haares auf seine Stirn gepustet. In seinen Armen hielt er ein Baby mit gleichermaßen dunklen Haaren und Augen. Das Baby trug nur ein winziges Trägerkleidchen in rosa und weiß. Es strahlte zu Finn auf. Und Finn lächelte die Kleine mit so viel Liebe, Freude und völliger Hingabe an, dass jedem, der das Foto sah, sofort ein Kloß in den Hals stieg, auch wenn er die Geschichte dahinter nicht kannte.
»Was ist es denn? Zeig es mir.« Evie griff nach dem Foto. Ihr Gesichtsausdruck wechselte abrupt. »Oh.«
Es herrschte unbeholfenes Schweigen, bevor Finn Evie das Foto wieder abnahm und es auf den Tisch legte. Er wandte sich an Ginny. »Sie fragen sich jetzt bestimmt, worum es hier geht. Das Baby ist die Tochter einer Ex-Freundin von mir. Nun ja, Ex-Verlobten.«
Ginny zögerte kurz, dann wurde ihr klar, dass sie ihm unmöglich erzählen konnte, dass sie schon alles über Tamsin
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