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Liebesfluch

Liebesfluch

Titel: Liebesfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Gurian
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messerscharfer Ruf von hinten.
    »Wir haben gerade Kundschaft!«, ruft er gelassen über seine Schulter zurück.
    »Von wegen Kundschaft, komm sofort her!«, kommandiert die Frau.
    Er dreht sich wieder zu mir um und zwinkert mir zu, als wären wir alte Freunde. »Meine Großmutter spinnt manchmal ein bisschen, aber sie besteht darauf, immer noch zu arbeiten, und die Leute hier im Dorf lieben sie. Warte einen Moment, ja?«
    Er verschwindet hinter einem Vorhang und ich kann erregtes Getuschel hören, das ich leider nicht verstehen kann, egal, wie sehr ich mich auch anstrenge. Doch ich bilde mir ein, Grannies Namen gehört zu haben.
    Als Felix wenige Augenblicke später wieder hinter die Theke tritt, wirkt sein Gesicht verschlossener und sein offenes Grinsen ist einem aufgesetzten Lächeln gewichen. Trotzdem gleiten seine Augen über meine Figur, als würde er sie in Brotteig abformen wollen.
    »Also, was soll’s denn sein?«, fragt er dann mit einem Seufzen.
    »Felix, wir haben geschlossen!«, trötet die alte Frau von hinten in den Verkaufsraum.
    »Nichts, danke«, schleudere ich ihm pampig entgegen und stürme aus dem Laden, packe Bennie in seinen Wagen und dann laufe ich so schnell ich kann zurück. Meine Wut ist unbändig und plötzlich sehne ich mich so sehr zurück nach Vegas, dass mir schon wieder die Tränen in die Augen steigen.
    Ich bin erst wenige Minuten gelaufen, als ein Moun­tain­bike scharf neben mir abbremst.
    »Hey, Blue, tut mir leid!« Felix ist völlig außer Atem. »Wie ich schon sagte, Oma spinnt manchmal.«
    Ich gehe einfach weiter. Unnötig, etwas zu sagen.
    Er packt mich am Oberarm und zwingt mich so, stehen zu bleiben. Sein Griff fühlt sich an wie Stahlmanschetten.
    »Hey, lass das!«, fahre ich ihn empört an. Was bildet sich dieser Typ eigentlich ein?!
    Er zuckt mit den Schultern, lässt meinen Arm los, holt aus seinem Rucksack eine Tüte, aus der es genauso lecker duftet wie in der Bäckerei. Bennie betrachtet ihn interessiert.
    »Hier, probier das mal.« Er reicht mir die Tüte. »Wird dir bestimmt schmecken. Und ärgere dich bloß nicht über die Verrückten im Dorf. Oma ist schon okay, aber die spinnen hier eben. Niemand, der ein bisschen Grips im Hirn hat, bleibt hier.«
    Seine Worte besänftigen mich ein wenig. Außerdem finde ich es wirklich nett, dass er hinter mir hergeradelt ist. »Und du?«, frage ich ihn.
    Sein Gesicht verzieht sich zu einem schiefen Lächeln, das dann abrupt endet. »Würdest du mit mir mal ausgehen?«
    Er versucht, direkt in meine Augen zu sehen. Na, der lässt ja nichts anbrennen. Ich lege die Tüte in das Netz am Griff und weiß nicht, was ich sagen soll. Einerseits schmeichelt es mir, andererseits geht mir das zu schnell.
    »Wir kennen uns doch noch gar nicht!«, sage ich dann und ärgere mich, dass mir nichts Lässigeres einfällt.
    »Stimmt und genau das sollten wir ändern.« Er schwingt sich wieder auf den Sattel. »Ich muss zurück, sonst rastet Oma komplett aus. Wo wohnst du denn?«
    Ich überlege kurz, ob ich ihm das sagen soll, aber warum nicht? »Bei den Zeltners«, sage ich also.
    Er dreht das Rad um und steigt auf.
    »Hey, Moment. Warte, Felix!«
    »Bis später! Ich muss los.« Felix winkt mir zu und düst davon – allerdings Richtung Wald, nicht zurück zum Laden.
    Verblüfft schaue ich ihm hinterher und dann muss ich trotz der merkwürdigen Behandlung, die mir das Dorf verabreicht hat, grinsen. Felix war vielleicht ein bisschen stürmisch, aber trotz allem nett. Und Vicky hat doch nicht recht. Sogar hier in der völligen Einöde leben nicht nur geeks, sondern auch ganz normale Jungs – sogar ziemlich gut aussehende, sportliche, um genau zu sein. Vielleicht ist es ja wirklich so, wie er sagt, und die Alten sind hier eben ein bisschen schräg. Trotzdem werde ich das Gefühl nicht los, dass das Ganze mit Grannie zu tun hat.
    Bevor ich weitergehe, öffne ich die Tüte und gebe Bennie ein Stück von einem Rosinenbrötchen und nehme mir selbst ein Teilchen aus Kirschen und Blätterteig. Es knirscht und knuspert, als ich reinbeiße. Lecker! Mag ja sein, dass sie hier irre sind, aber das ist das beste Teilchen, das ich jemals gegessen habe!
    »Bennie, wir naschen nur ein bisschen, den Rest essen wir dann später als Nachtisch, ja?« Zufrieden kaut der Kleine an dem Brötchen herum.
    Auf dem Rückweg sehe ich jetzt statt des Dorfes den Wald vor mir. Von Weitem sieht es so aus, als ob der immer noch dahinrasende Felix von den Bäumen aufgesaugt

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