Liebeskuenste
ich verlasse mich lieber auf mein eigenes Urteil. Nachdem ich Sie nun persönlich kennengelernt habe, bin ich bereit, den Versuch zu wagen. Wie ist es? Hätten Sie Lust, meine Fotografien in Ihrer Galerie zu präsentieren? Es sind nicht die üblichen Bilder, wie man sie sonst von mir erwartet, sondern etwas ganz Neues, völlig anderes.«
Ich bin so überwältigt, dass ich nur nicken kann. Wenn alles gut geht, ist dieser Auftrag der Durchbruch für meine Galerie. Xenias Ausstellung wird die Sensation sein, ein Ereignis, das nicht nur in allen Zeitungen, sondern auch bei allen Fernsehsendern Thema sein wird. Bell’ Arte wird deutschlandweit, vielleicht sogar international bekannt werden.
»Mein Agent wird sich bei Ihnen melden wegen der üblichen Vertragsformalitäten und dem Zeitplan. Sie kennen das ja sicher; Künstler wollen mit solchen Banalitäten nicht belästigt werden.« Sie lacht und streicht sich eine Strähne aus der Stirn. »Sicher hat man Ihnen schon erzählt, dass ich schwierig und kapriziös bin und meine Umwelt mit meinen Launen terrorisiere. Am besten finden Sie selbst heraus, wie viel Wahrheit hinter diesen Aussagen steckt.«
Sie erhebt sich und reicht mir die Hand. »Auf gute Zusammenarbeit, Gina.«
»Auf gute Zusammenarbeit.« Ich schüttele ihre Hand und lächele sie strahlend an. Dabei fällt mir etwas ein: »Xenia? Eine Frage noch. Wer war der Freund, der Ihnen meine Galerie empfohlen hat?«
Sie zögert einen Moment, dann erklärt sie: »Roman Hagen, der Maler. Wir sind schon lange befreundet.«
Roman. Er hat mir also zu dieser einmaligen Chance verholfen! Bevor ich reagieren kann, winkt Xenia mir zu: »Wir sehen uns!«
Mit diesem formlosen Gruß geht sie davon, und ich beobachte, wie sie im Vorbeigehen Karl einen Geldschein zusteckt. Aus seinem zufriedenen Grinsen lese ich, dass das Trinkgeld üppiger als gewöhnlich ausgefallen ist.
In meinem Kopf rasen die Gedanken. Niemals hätte ich erwartet, dass Roman mir durch seine Empfehlung den beruflichen Weg ebnen würde, und nun hat er seiner Freundin Xenia eine Zusammenarbeit mit mir vorgeschlagen. Soll ich mich dafür bei ihm bedanken? Dafür müsste ich Kontakt zu ihm aufnehmen, ihn anrufen oder ihm zumindest eine E-Mail schreiben. Genau das wollte ich eigentlich vermeiden und mich erst wieder bei ihm melden, wenn sich ein Käufer für seine Bilder gefunden hat.
Ich schiebe diese komplizierte Angelegenheit erst einmal beiseite und freue mich über die Aussicht auf eine Zusammenarbeit mit Xenia. Ein solcher Glücksfall muss gefeiert werden.
Ich winke Karl herum, um zu bezahlen, doch Xenia hat auch meine Zeche bereits beglichen.
Bestens gelaunt mache ich mich auf den Weg zur Galerie, um meiner Freundin von dem Treffen mit Xenia zu erzählen.
Als ich Karen von dem Auftrag berichte, bricht sie in Jubelgeschrei aus. Sie packt mich bei den Händen und wir hüpfen lachend herum wie Kinder, die sich über ein unerwartetes Geschenk freuen.
Aber als ich Roman Hagen und seine Fürsprache erwähne, stutzt sie: »Du, dieser Roman Hagen scheint ja plötzlich sehr präsent zu sein in deinem Leben.« Sie mustert mich eindringlich. »Sind diese spießigen Rosen etwa auch von ihm?«
»Und wenn schon!«, entgegne ich trotzig.
»Süße, kennst du denn seinen Ruf nicht? Roman Hagen ist Münchens schlimmster Womanizer! Weißt du, wie er genannt wird? Der ›Flachleger‹. Ich glaube, es gibt in seinem Umkreis keine Frau, bei der er es nicht wenigstens versucht hätte. Ich kann dir aus dem Gedächtnis mindestens zehn Namen von Promifrauen nennen, mit denen er ins Bett gestiegen ist. Und nachdem er seinen Spaß gehabt hat, lässt er sie fallen und baggert die nächste an.«
Als sie meine entgeisterte Miene sieht, begreift sie: »Oh, nein! Du hast dich mit ihm eingelassen, stimmt’s? Du hast tatsächlich mit dem ›Flachleger‹ gepennt! Sag mal, geht’s noch? Der Typ ist das reinste Gift! Der wird dich eine Weile vögeln, und wenn er genug von dir hat, wird er dich wegwerfen wie ein benutztes Papiertaschentuch! Oder er fährt zweigleisig, hat noch eine andere in petto und schiebt ein schnelles Nümmerchen mit dir, wenn er gerade Lust darauf hat.«
»Ach, ja? Und warum hat er mich an Xenia empfohlen? Macht man das für eine ›schnelle Nummer‹?«
»Das war wahrscheinlich, bevor er dich in sein Bett gezerrt hat. Ist doch mal eine andere Masche: Ich hab dir etwa Gutes getan, jetzt tu du was Gutes für mich und mach die Beine breit. Sehr clever!«,
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