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Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition)

Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Liebeslänglich: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Mischke
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nacheinander zwei sich jagende Hasen und ein Reh beobachten. Mathilde gefiel der Ausflug nun doch.
    »Du gehst nicht oft raus in die Natur, oder?« fragte Lukas leise.
    »Ich habe eine Dauerkarte für den Zoo.«
    Sie liefen weiter, eine Stunde ging es durch die Wildnis, dann ergriff Lukas Mathildes Hand. Sie verließen den Weg und bogen in einen Trampelpfad ein, der kaum als solcher zu erkennen war. Zweige schlugen Mathilde ins Gesicht und Brombeerranken verhakten sich an ihrer Hose. »Herrgott noch mal! Wo gehst du hin? Müssen wir da durch, gibt’s keinen ordentlichen Weg?« maulte sie, aber Lukas schien unbeirrt einem unsichtbaren Wegweiser zu folgen. Schließlich standen sie vor einer halbverfallenen Hütte. Sie war aus grauem Holz, das stellenweise eine dicke Moosschicht bedeckte. Das Dach wurde von Fichten überragt und wies auf der linken Seite eine gefährliche Delle auf, ein Wunder, daß noch fast alle Ziegel vorhanden waren. Ringsum war dorniges Beerengestrüpp dabei, das Bauwerk zu erobern.
    Die Hütte hatte eine kleine Terrasse, die mit Ästen und Baumnadeln bedeckt war. Dort stellte Lukas den Rucksack ab. Die Tür klemmte, er öffnete sie mit einem kräftigen Tritt. Ein muffiger Geruch drang aus dem dunklen Inneren. Lukas ging hinein und stieß einen Fensterladen auf. Die Fensterscheibe war kaputt, wohl schon lange, denn nirgends lagen Scherben herum.
    Vor der Tür entdeckte Mathilde einen ausgehöhlten Betonsockel mit einem verrosteten Gitter darauf. »Ich habe einen Grill gefunden«, rief sie und rupfte das Unkraut rundherum ab.
    Lukas schleppte einen Stuhl nach draußen. »Setz dich, ich mach ein wenig Ordnung.«
    Aber Mathilde inspizierte lieber die Hütte. Es gab nur wenig Einrichtungsgegenstände: zwei Stühle, einen Tisch, der bereits vom Anschauen zu zerbrechen drohte, ein rostiges Feldbett ohne Matratze. Sollten sie darauf etwa beide schlafen? Ein Regal mit zwei Brettern hing schief an der Wand, darauf befanden sich ein Satz Blechgeschirr, ein schwarzer, angeschlagener Emailletopf, eine rostige Pfanne, und ein kleiner Haufen verbogenen Bestecks. Eine Petroleumlampe zierte den Tisch. Den Steinfußboden bedeckten grobe Holzdielen, die stellenweise locker saßen und bei jedem Schritt knarrten. Es gab noch einen Plastikeimer und ein paar Körbe, die aussahen, als hätten Mäuse sie angefressen.
    »Du darfst das Bett haben. Ich lege mich vor die Tür und wehre die wilden Tiere ab.«
    »Einverstanden.«
    »Wünscht die Dame Kaffee?« fragte Lukas und packte den Kocher aus.
    »Gerne.«
    »Es gibt aber nur Pulverkaffee.«
    Mit einem Emaillebecher Kaffee in der Hand sah Mathilde wenig später zu, wie Lukas die Hütte mit einem Büschel Zweige ausfegte, mit seinem Buschmesser das Gestrüpp zurückschnitt, Holz sammelte und ein kleines Feuer im Betongrill entfachte.
    Auf dem Tisch, den sie nach draußen gebracht hatten, lag eine Alufolie, auf der sechs Lammkoteletts auftauten. Mathilde lächelte. Lukas schien in seinem Element zu sein. Sie dagegen kam sich vor wie bei den Pfadfindern.
    »Siehst du, ich habe gewußt, daß du es magst«, sagte Lukas.
    Als es dämmerte, aßen sie die gegrillten Koteletts und dazu eine Dose Bohnen, die Lukas auf dem Kocher erhitzt hatte. Neben dem Grill brannte ein Lagerfeuer, an dem Mathilde abwechselnd ihre rechte und linke Körperseite wärmte. Es wurde dunkel, Sterne tauchten aus dem Meer des Himmels auf. Ab und zu kam Wind auf und trieb ihr beißenden Rauch in die Augen. Sie würde morgen fürchterlich riechen.
    »Und solche Ausflüge hast du mit deinen Seminaristen gemacht?«
    »Ja, aber die habe ich ordentlich schuften lassen. Da gab es keine Hütte. Jede Gruppe hatte eine eigene Aufgabe: einen Unterstand für die Nacht bauen, für Essen sorgen, Feuer machen … Einmal habe ich sie sogar ein Floß bauen lassen, mit dem wir die Weser überquert haben. Ohne Schwimmwesten. Glaub mir, für manche Leute ist die Natur die beste Therapie.«
    »Warst du eigentlich selbst mal in einer Therapie? Im Gefängnis, meine ich.«
    »Wozu?«
    »Was weiß ich. Muß man denn keine machen?«
    »Nur, wenn das Gericht eine angeordnet hat. Sittiche … also Sexualstraftäter müssen in Therapie, sonst können sie sich die vorzeitige Entlassung gleich abschminken. Selbst für die Entscheidung, ob einer Ausgang bekommt, sind zwei Gutachten notwendig. Eines muß von einem neutralen Experten stammen, also von einem, der nicht in der Anstalt arbeitet. Ist aber auch egal, die legen sich sowieso nie

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