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Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie

Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie

Titel: Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zeruya Shalev
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gemeinsamer Abschnitt, aber mit mir wirklich eine Beziehung einzugehen, das fiel ihr nicht ein. Ich war dunkel, aus einem Armenviertel, mit einer zweifelhaften Vergangenheit und einer unklaren Zukunft, nicht wie dein Vater, mit seinen Eltern aus Deutschland, den Ärzten, mit seiner ordentlichen Erziehung, und was hat sie zu mir gesagt? Er sprach, als wäre alles erst gestern passiert, sie hat gesagt, sie liebe mich, aber sie wolle Kinder, Kinder wollte sie, das war ihr wichtig, und ich war ja verwundet gewesen, das wußte sie besser als ich, sie war doch die einzige, die damals neben mir gesessen hatte, und die Ärzte hatten sich die Mühe gemacht, sie über meine Verletzung aufzuklären.
    Verstehst du, was sie mir sagte, ich paßte nicht zu der Zukunft, die sie für sich im Kopf hatte, unter diesem Zopf, sie wollte einen gesunden Mann heiraten, in geordneten Verhältnissen, sie wollte viele Kinder bekommen, eine normale Familie wollte sie, und ich sagte, ich flehte sie an, Rachel, du darfst der Liebe nicht den Rücken kehren, dafür bezahlt man sein Leben lang, aber sie wußte es besser als alle anderen, und ohne mir auch nur Bescheid zu sagen, heiratete sie meinen besten Freund, und ich brach mein Studium ab und verließ das Land und ließ nur einen Fluch zurück, ich verfluchte sie, sie sollten nie Kinder bekommen.
    Von Zeit zu Zeit erfuhr ich, wie es ihnen ging, ich hörte, daß dein Vater krank wurde und das Studium abbrach, und ehrlich gesagt, er tat mir leid, aber ich dachte nur, das geschieht ihr recht, das geschieht ihr recht, da hatte sie geglaubt, sie hätte das Leben in ihrer kleinen Tasche, so als ob man alles planen könnte. Jedesmal fragte ich Bekannte, die aus Israel kamen, ob sie Kinder bekommen hätten, und ich stellte fest, daß mein Fluch wirkte, aber an dem Tag, als du geboren wurdest, hat sie mich besiegt, sie bekam ihre Rechtfertigung, und ich hörte deinen Vater am Telefon, sie hatte ihn als erstes losgeschickt, er solle in Paris anrufen und es mir mitteilen, und er verstand gar nichts in seiner Naivität, er war sicher, daß ich mich für sie freute.
    Das war der Tag, an dem du Joséphine kennengelernt hast, sagte ich, und er sagte, stimmt, woher weißt du das? Aber er wartete nicht auf eine Antwort. Joséphine wollte mich unter jeder Bedingung, das war ihre Größe, sie konnte lieben, ohne einen Gegenwert zu erwarten, sie war bereit, auf viel zu verzichten, um mit mir zu leben, sie verzichtete für mich auf das Baby, das sie schon im Bauch hatte, verstehst du das? Und deshalb bin ich auch bis zum Schluß bei ihr geblieben. Glaubst du, deine Mutter hat nicht versucht, mich wiederzubekommen? Natürlich hat sie es probiert, dein Vater hatte ihr eine Tochter gemacht, sie brauchte ihn schon nicht mehr so dringend, und dann entdeckte sie plötzlich, daß sie ohne mich nicht sein konnte, daß ich ihre wahre Liebe war, du hast im Kinderwagen geschlafen, als sie zu mir kam und mir vorschlug, mit euch beiden zu leben, dich zusammen mit ihr aufzuziehen, als wärst du meine Tochter, aber ich konnte ihr die Zurückweisung nicht verzeihen.
    Und als Avschalom starb, wußte ich, daß das ihre Strafe war, und auch sie wußte es, und danach war sie viele Jahre lang nicht bereit, mich zu sehen, ich weiß, daß ich dir das nicht hätte erzählen dürfen, aber als ich dich so gesehen habe, mit dem Zopf, ist es über mich gekommen, und ich konnte mich nicht beherrschen.
    Ich war so verblüfft, seine Geschichte war so anders als die, die ich im Kopf gehabt hatte, daß ich ihn überhaupt nicht richtig verstand, die Einzelheiten begriff ich kaum, nur den harten Ton seiner Stimme, nicht verzeihend, nicht vergessend, ohne Mitleid, und die ganze Zeit dachte ich, da ist irgendwo ein Fehler, so kann es nicht gewesen sein, sogar Joséphine hat eine andere Version erzählt, sie hat gesagt, daß er sich gefreut hat, als ich geboren wurde, das war das einzige, was mir plötzlich wichtig war, ob das ein glücklicher oder ein schlimmer Tag für ihn gewesen war, ich konnte die Vorstellung nicht ertragen, er habe meine Geburt bedauert, und erst dann dachte ich an sie.
    Er lag auf dem Bett, rauchte mit geschlossenen Augen, mit verzerrtem Gesicht, und meine Mutter erschien vor mir, mit all ihrem Haß, denn wenn zwei Menschen, die für einander bestimmt waren, ihre Bestimmung nicht akzeptieren, verurteilen sie sich zu einem Leben voller Haß und Schuld, und alle waren schuld an diesem Leid, sie war schuld, weil sie der Liebe den

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