Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie
dir über dein Verhältnis zu deinem Sohn sprechen, aber du wolltest es wirklich nicht hören. Ich glaube, dir ist das passiert, was mit vielen Müttern geschieht, sie gehen eine absolute Symbiose mit ihrem Kind ein, was natürlich die Beziehung zum Ehemann überschattet und ihn fast überflüssig macht, und je überflüssiger er sich fühlt, umso eifersüchtiger und wütender wird er. Es handelt sich um eine Art Dreieckstragödie, eine Tragödie des Mannes, der von seinem Sockel gestoßen wird, des Kindes, dessen Vater sich von ihm entfernt, und vor allem von euch Frauen, die ihr alles geben möchtet und euch ausgerechnet den Mann auswählt, von dem sicher ist, dass er euch verlassen wird, der euch früher oder später verlassen muss.
Ich habe Amnon nicht weggestoßen, weder von mir noch von Gili, du irrst dich, ich protestiere gegen diese falsche Darstellung, schließlich ist es mein Leben, das sie hier beschreibt, ich habe mir so sehr gewünscht, zu dritt zu sein, Dinge zusammen zu unternehmen, ich wollte ihn die ganze Zeit an meiner Seite haben, er war es, der sich immer entzogen hat, du hast keine Ahnung, wie mich das verletzt hat.
Aber welche Aufgabe hattest du in diesem Dreigestirn für ihn bestimmt, fragt sie, wenn du ehrlich bist, wirst du sehen, dass es sich nur um eine Nebenrolle handelt, du wolltest ihn im Hintergrund, als Zugabe zu deinem eigentlichen Glück, während er der Verlierer war, derjenige, der allein geblieben ist, aber ich versuche nicht, ihn zu verteidigen, ich möchte nur bestätigen, dass ich gesehen habe, welche Probleme ihr hattet, von einem Paar zu einer Familie zu werden, ich verstehe absolut, dass du verletzt bist, ich verstehe, dass du dich ungeliebt gefühlt hast, denn bei ihm hat das Besitzergreifen über die Liebe gesiegt, das ist typisch für viele Männer in solchen Situationen, ein besitzergreifendes Verhalten, das dich zu einem Objekt herabwürdigt, es ist klar, dass ihr alle beide in dem Spiegel, den ihr euch gegenseitig vorgehalten habt, zwangsläufig ein schlechtes Bild abgeben musstet.
Du sagst also, dass ich Recht habe, nicht wahr, bedränge ich sie, ich hatte gute Gründe, ihn zu verlassen, es war nicht bloß eine Laune, oder? Ich habe das Gefühl, dass ich mich, wenn ich nur ihre Bestätigung bekomme, wieder beruhigen kann. Sie seufzt, hör zu, auch hinter der wildesten Laune verbergen sich tiefere Gründe, natürlich warst du in den letzten Jahren nicht glücklich mit ihm, Ella, aber es ist auch klar, dass dich noch viele Schwankungen erwarten. Eine Trennung ist eine der traumatischsten Erfahrungen, die es gibt, und du musst geduldig sein, versuche vor allem, dich von ihm abzukoppeln, es lohnt sich nicht, die Machtkämpfe aus der Zeit der Ehe während der Trennung weiterzuführen, und ich trinke schweigend ihre Worte, als wäre ich eine der Pflanzen, die sie begießt, ich schaue mich in der kleinen Wohnung um, die ich seit Monaten nicht mehr besucht habe und die voll gestopft ist mit Nippes, mit kleinen entzückenden und überflüssigen Gegenständen, mit Blumentöpfen und bestickten Deckchen, und ich frage mich, ob es das ist, was auch mich am Ende dieser Wirrungen erwartet, allein zu altern, während Gilis Besuche immer seltener werden und die Anzahl der Porzellantierchen in den Regalfächern zunimmt. Ich muss zurück in die Klinik, sagt sie, unterhalten wir uns am Abend weiter, versuche inzwischen, dich zu beruhigen, erst wenn sich der Staub gesenkt hat, wirst du das Bild als Ganzes sehen, bemühe dich einstweilen um Geduld, lass der Sache Zeit.
Vor meiner Wohnungstür stolpere ich in der Dunkelheit über einen harten Gegenstand und fluche leise, unterdrücke einen Schmerzensschrei, was hat man mir da hingelegt, ich habe doch nichts bestellt, und als ich mit einem unbeholfenen Satz darüber springe und das Licht anmache, sehe ich den Blumenkasten, der zu meiner Überraschung den Sturz überstanden hat, jemand hat die Erde zurückgeschüttet und die Blumen wieder eingepflanzt, ein paar dünne Triebe sind abgebrochen, ich ziehe den Kasten in die Wohnung, aufgeregt, als hätte ich ein bedeutsames Geschenk bekommen, von dem ich überhaupt nicht gewusst hatte, wie sehr ich es mir wünschte, ich versuche das geheimnisvolle Geschehen zu entschlüsseln, wer hat da versucht, mir ein Zeichen zu geben, und welches Zeichen, denn wenn sich der Wille verwischt, klammert man sich an jedes Zeichen, und als Antwort auf meine Fragen höre ich Schritte auf der Treppe, trabend wie
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