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Liebeslied für einen Fremden: Das Buch der Liebe (German Edition)

Liebeslied für einen Fremden: Das Buch der Liebe (German Edition)

Titel: Liebeslied für einen Fremden: Das Buch der Liebe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renate Schley
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oder schickst du mich nach Lübeck? Überhaupt – wo werden wir wohnen? Hast du etwa das auch schon alles in `trockenen Tüchern`“?
    Paul räusperte sich, ehe er beinahe tröstend antwortete: „Du kannst es dir aussuchen. Wenn du in Lübeck arbeiten willst, kaufen wir dir ein schönes Apartment oder am besten ein nettes, kleines Altstadthaus, was hältst du davon? Damit wärst du völlig unabhängig.“
    „Und du? Bleibst du in Rostock?“
    „Ich werde hin und per pendeln, wenn es denn notwendig sein sollte, Kitty. Das ist ja keine große Sache, die paar Kilometer zwischen hier und Lübeck. Davon abgesehen wirst du dich daran gewöhnen müssen, dass ich immer auch mal in Wien sein werde.“
    Seine Tochter sah ihn ungläubig an. „Bei Elisabeth Niehusen? Vater, das kann nicht dein Ernst sein. Sie ist Sarahs Mutter und ich hasse Sarah.“
    „Es ist mir absolut klar, dass wir keine große, glückliche Familie mehr werden, Katharina. Aber wir sind alle erwachsene Menschen, wir werden mit der Situation irgendwie klar kommen müssen – und das sollte uns doch wohl gelingen, oder?“
    Kitty schwieg lange. Dann, als Paul schon meinte, sie würde gar nichts mehr sagen, stand sie plötzlich mit einem Ruck auf und verkündete entschlossen:
    „Du kannst dich schon mal um eine Wohnung für mich kümmern. Ich ziehe mit der Firma um nach Lübeck.“
    Sarah lief davon.
    Wovor? Sie wusste es nicht.
    Sie rannte und rannte, blindlings, hielt ihr Gesicht in die laue Sommerbrise, die von der Trave herüber wehte, während ihr Weg sie die Holstenstraße entlang, am Holstentor vorbei führte.
    Sie folgte keinem bestimmten Ziel und fand sich schließlich vor einem gewaltigen Bauwerk wieder, der St. Petri Kirche, die sie immer ignoriert hatte und von der sie nur wusste, dass sie im 2. Weltkrieg beinahe total zerstört worden war.
    Aus der Ruine hatte man ein längst populäres Museum sowie eine Konzerthalle gemacht, darüber hinaus jedoch besaß die Petrikirche vor allem den meist besuchten Aussichtsturm der Stadt.
    Oben angekommen und obwohl mit dem Lift herauf gefahren, raubte der Blick über die Stadt und darüber hinaus Sarah erst einmal den Atem. Sie konnte nur dort stehen und gar nicht fassen, was sie sah, schaute hinab auf die Straßen, ließ ihren Blick weiter wandern, weit hinaus über den Stadtgraben und den Trave-Kanal, und bei der Vorstellung, wie viel Leid diese Kirche, die ganze Stadt vor Jahrzehnten gesehen hatte, begann sie plötzlich zu weinen.
    Es war seltsam, dass sie ausgerechnet an diesem Tag vom Schicksal hierher geführt wurde. Jenes Schicksal, das ihr nie erklären würde, ob auch ein anderer Ort ihre Tränen gelöst hätte, die sie nun schon so lange verdrängte.
    Das Gefühl von Leid und den hässlichen Schatten des Krieges löschten für einen Moment alles andere aus.
    Sarahs Tränen flossen möglicherweise jetzt und hier, weil es ein angemessener Ort dafür zu sein schien.
    Sarah weinte.
    Sie weinte um Julian und Jessica und das Kind, das Jess verloren hatte, aber auch um die Kinder, die sie selber nie haben würde.
    Vor allem jedoch weinte sie um sich selbst und um das, was aus ihr und Robert geworden war.
    Sie fühlte sich heimatlos. Ohne Zuhause. Ziellos war sie vorhin los gerannt und ziellos ließ sie sich seit einiger Zeit treiben.
    Eine junge Frau von Vierzig, ohne Heimat, vor allem aber ohne Wurzeln. Früher hatte nie darunter gelitten.
    Immer war sie stark gewesen, hatte sich gesagt, dass es das war, was die Anderen von ihr erwarteten und sich auch deshalb nie geschont, um diese Erwartungen zu erfüllen. Nur so konnte es geschehen, dass sie den Zugang zu sich selbst verlor und jetzt den Zugang zu Robert nicht mehr fand.
    Sarah schluchzte inzwischen so heftig, dass ihr ganzer Körper schmerzte. Irgendwann lehnte sie sich kraftlos gegen die kühle Mauer der Kirche und blieb dort stehen, bis sich der Sonnenuntergang ankündigte, das Licht fahler und das Wasser des Kanals dunkler wurde.
    „Hallo?“
    Ein Mann, der die Besucher regelmäßig durch das Gebäude führte, stand plötzlich vor ihr. Besorgt sah er sie an.
    „Wir schließen gleich. Ist alles in Ordnung? Kann ich irgendwie helfen?“
    Sarah wischte sich über das Gesicht, ordnete dann ihr Haar. Sie schluckte einmal heftig, ehe sie mit rauer Stimme antwortete:
    „Danke. Nein. Es geht schon wieder.“
    Sie spürte, wie sein Blick ihr folgte, als sie sich auf den Weg zum Lift machte, der sie hinunter bringen würde.
    So kehrte sie zurück in

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