Liebeslist und Leidenschaft
würde. Aber ich hatte das so verstanden, dass sie dann später zusammen mit Ihnen eintrifft.“
Jetzt wurde Nate fast übel. Sie war schon im Büro gewesen – und dann wieder gegangen?
„Geben Sie mir Bescheid, wenn sie anruft“, bat er, eilte in sein Büro und rief den Pförtner des Apartmenthauses an.
So erfuhr er, dass ihr Auto die Parkgarage schon kurz nach fünf Uhr am Morgen verlassen hatte. Durch ein weiteres Telefonat bekam er heraus, dass sie kurz darauf ins Parkhaus des Bürogebäudes gekommen war, es aber schon zehn Minuten später wieder verlassen hatte. Was die Frage aufwarf: Wo steckte sie jetzt?
Immer wieder versuchte er, Nicole telefonisch zu erreichen, bekam aber immer nur die automatische Durchsage, dass ihr Handy entweder ausgeschaltet oder außerhalb des Empfangsbereichs war. Schließlich fiel ihm sein eigenes Handy ein, das noch kein einziges Mal geklingelt hatte. Er griff in seine Tasche.
Irgendwann während des Umtrunks mit den Geschäftsleuten hatte er es ausgeschaltet und vergessen, es später wieder anzustellen. Wahrscheinlich war er doch betrunkener gewesen, als er angenommen hatte. Nun aktivierte er es wieder und sah, dass er eine Nachricht auf der Mailbox hatte. Er rief sie ab und hörte Nicoles zitternde Stimme.
„Ich kann nicht mehr bei dir bleiben, Nate. Es bringt mich allmählich um. Mit der DVD kannst du machen, was du willst, inzwischen ist es mir egal. Ich weiß nur, dass ich Abstand brauche, von dir, von allem, sonst drehe ich durch. Mein Leben lang habe ich versucht, es allen recht zu machen, sogar dir, aber jetzt kann ich es nicht mehr und will es auch nie wieder. Es war alles zu viel. Jetzt muss ich erst mal an mich denken. Mich an erste Stelle setzen. Ich muss herausfinden, wer ich wirklich bin und was ich will. Ich habe es so satt, mir etwas vorschreiben zu lassen. Meine Mutter hat mich gebeten, mit ihr nach Adelaide zu kommen. Bitte ruf mich nicht an.“
Sie hatte die Nachricht gegen sechs Uhr morgens hinterlassen, und gegen Ende schien sie zu weinen, als ob sie am Rande eines Nervenzusammenbruchs stand. Nates Beschützerinstinkt erwachte. Er musste sie finden. In ihrer schlechten Verfassung brauchte sie jemanden, der sie aufbaute und beschützte. Jemanden, der es gut mit ihr meinte, jemanden wie ihn. Und bestimmt nicht jemanden wie Cynthia Masters-Wilson.
In diesem Moment fiel ihm ein, dass ihr Handy auch eine GPS-Funktion hatte, durch die sich ihr Aufenthaltsort feststellen ließ. Sofort setzte er seinen IT-Mann Max darauf an. Der versprach ihm, binnen fünf Minuten festzustellen, wo sie war. In der Zwischenzeit checkte er auf dem Computer die Homepage des Flughafens. Hoffentlich würde er Nicole noch rechtzeitig abfangen können!
Er war am Boden zerstört, als er feststellen musste, dass der einzige Direktflug nach Adelaide an diesem Morgen bereits weg war. Um acht Uhr. Er hatte keinen Zweifel, dass sie diesen Flug genommen hatte. Zusammen mit ihrer Mutter.
Sollte er den nächsten Flug nach Australien nehmen und sich dann nach Adelaide durchschlagen? Wahrscheinlich würde sie ihn gar nicht sehen wollen. Und ihre Mutter würde obendrein versuchen, jeden Kontakt zu unterbinden.
In diesem Moment klingelte sein Telefon. „Nate, ich habe jetzt herausgefunden, wo ihr Handy ist. Bist du sicher, dass sie sich nicht irgendwo in deinem Büro versteckt?“
Nate fand das überhaupt nicht witzig, dann begriff er. Schnell öffnete er Nicoles Schreibtischschublade. Und richtig, dort lag ihr Handy, mit einem gelben Klebezettel darauf, auf dem in ihrer Handschrift stand: „Das brauche ich nicht mehr.“ Nate schloss die Schublade wieder, bedankte sich bei Max für die Information, legte auf und vergrub den Kopf in den Händen.
Er fühlte sich elend. Was sollte er nur tun? Vielleicht sollte er tatsächlich nach Australien fliegen, aber er musste schon etwas in der Hand haben, wenn er es tat. Und wer sollte ihm dabei besser helfen können als ihr Bruder?
Nate griff nach seinem Autoschlüssel und fluchte innerlich, als ihm einfiel, dass er seinen Wagen ja im Apartmenthaus gelassen hatte. Also blieb ihm nichts anderes übrig, als ein Taxi zu nehmen.
„Ich muss Judd Wilson sprechen“, verlangte Nate, als er kurz darauf vor der Rezeption der Firma Wilson Wines stand.
„Mr Wilson empfängt heute niemanden“, erwiderte die junge Frau. Als Nate daraufhin einfach an ihr vorbeiging und sich daranmachte, die Treppe zum ersten Stock hochzugehen, wo sich das Büro der
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