Liebesmaerchen in New York
das ist er.«
Falls Hester je an Mitchs Gefühlen für Red gezweifelt hatte, so wäre spätestens in diesem Augenblick jeder Zweifel geschwunden. Und das machte die Dinge nur noch schwieriger. »In diesen paar Wochen hast du so viel für ihn getan«, begann sie. »Ich weiß, dass keiner von uns beiden ein Recht darauf hat, dass du bei uns bist, aber du sollst wissen, dass es uns sehr viel bedeutet.«
Mitch wollte ihre Dankbarkeit nicht und musste sich beherrschen, um sich seinen Zorn nicht anmerken zu lassen. »Das Beste, was du tun kannst, Hester, ist, dich möglichst bald an meine Anwesenheit zu gewöhnen.«
»Genau das kann ich eben nicht.« Sie trat auf ihn zu. »Mitch, ich habe dich sehr gern, aber ich will mich nicht auf dich verlassen. Ich kann es mir einfach nicht erlauben. Ich darf nicht.«
»Das hast du schon einmal gesagt. Und ich will mich nicht mit dir streiten.«
»Was du da eben gesagt hast …«
»Was habe ich denn gesagt?«
»Du meinst, wenn wir verheiratet wären, sollten wir …«
»Habe ich so etwas gesagt?« Er lächelte und drehte eine Strähne ihrer Haare um seinen Finger. »Was habe ich mir bloß dabei gedacht?«
»Mitch, ich habe das Gefühl, du versuchst, mich durcheinanderzubringen.«
»Und? Klappt es?«
Es gelang ihr, auf seinen scherzhaften Ton einzugehen. »Es bestätigt nur meine Meinung über dich, dass du ein seltsamer Mann bist.«
»Wie meinst du das?«
»Nun, du redest zum Beispiel mit deinem Hund …«
»Er redet zurück. Das ist also ganz normal. Was sonst noch?« An der Haarsträhne, die Mitch immer noch um seinen Finger gewickelt hielt, zog er Hester ein bisschen näher zu sich heran.
»Du verdienst deinen Lebensunterhalt mit dem Schreiben von Comics. Und du liest sie auch noch.«
»Als Frau mit Bankerfahrung solltest du etwas von der Bedeutung einer guten Investition verstehen. Weißt du, was für einen Marktwert mein ›Verteidiger von Perth‹ unter Sammlern hat? Meine Bescheidenheit verbietet es mir, Zahlen zu nennen.«
»Natürlich.« Ihre Bemerkung nahm er mit einem leichten Nicken zur Kenntnis. »Außerdem hast du in den letzten fünf Jahren nicht eine einzige Zeitung oder ein einziges Magazin weggeworfen.«
»Ich bin eben ein sparsamer Mensch und hebe es für die papierarme Zeit im nächsten Jahrhundert auf.«
»Du hast tatsächlich auf alles eine Antwort«, spottete sie.
»Jetzt möchte ich einmal eine von dir hören. Habe ich dir schon gesagt, dass ich mich, gleich nachdem mich der Anblick deiner Beine umgeworfen hat, in deine Augen verliebt habe?«
»Nein, hast du nicht.« Sie verzog die Lippen zu einem verlegenen Lächeln. »Und ich habe dir noch nie gesagt, dass ich dich unverschämt lange durch den Spion angestarrt habe, als du das erste Mal vor unserer Tür gestanden hast.«
»Ich weiß.« Er grinste zurück. »Wenn man richtig in das Ding hineinsieht, kann man nämlich Schatten erkennen.«
»Ach, so ist das.« Mehr wusste sie darauf nicht zu antworten.
»Scherz beiseite. Wissen Sie, Mrs Wallace, die Jungs können jeden Augenblick zurückkommen. Hätten Sie etwas dagegen, wenn wir ein paar Minuten aufhören würden zu reden?«
»Nein.« Sie legte ihm die Arme um den Hals. »Durchaus nicht.«
Sie gestand es nicht einmal sich selbst gerne ein, dass sie sich sicher und behütet in seinen Armen fühlte, aber es war trotzdem so. Sie gestand sich auch nicht gerne ein, dass sie Angst gehabt hatte, ihn zu verlieren, Angst vor der Leere, die er in ihrem Leben hinterlassen würde. Aber diese Angst war etwas sehr Reales gewesen und verlor erst jetzt, als sie sich in seine Arme schmiegte und ihm ihre Lippen bot, ihre Schrecken.
Hester wollte weder an den nächsten Tag noch an eine gemeinsame Zukunft mit Mitch denken, und wenn er sie ihr auch noch so rosig schilderte. Einmal hatte sie geglaubt, eine Ehe würde für das ganze Leben geschlossen, hatte aber nur zu bald erfahren müssen, dass ihre eigene zerbrach. Sie wollte keine gescheiterte Ehe, keine gebrochenen Schwüre mehr.
Und während Hester Mitch umschlungen hielt und ihn näher an sich zog, sagte sie sich, es sei ihre Aufgabe, sie beide vor späterem Unglück zu bewahren.
»Ich liebe dich, Hester.« Er murmelte die Worte an ihrem Mund, obgleich er wusste, dass sie sie vielleicht nicht hören wollte. Er musste es trotzdem immer wieder sagen. Wenn ich es nur oft genug wiederhole, wird sie anfangen, es zu glauben, und begreifen, was die Worte bedeuten, dachte er.
Er wollte sie für immer,
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