Liebeswut (Junge Liebe) (German Edition)
meine Eltern?“
„Ja, das ist doch klasse. - Ich wäre froh, wenn ich so tolle Eltern
hätte.“
Dirk klang fast traurig. „Du kannst dich nicht beklagen. Ich habe
nicht mal einen Vater. Und meine Mutter macht sich immer
Sorgen um mich. Ich darf sie nie mit irgendetwas schockieren. Das
würde ihr das Herz brechen.“
Neal schien erstaunt. „Was ist mit deinem Vater passiert?“,
erkundigte er sich vorsichtig.
„Er hat uns verlassen, als ich sechs war.“
Neal hörte, wie schwer es Dirk fiel, darüber zu sprechen.
„Er hat sich von meiner Mutter getrennt und ist einfach weg.“ Dirk
schluckte verbissen.
„Das tut mir leid“, sagte Neal leise, mitfühlend. „Ich kann
nachvollziehen, was du fühlst. Ich habe meinen Vater auch
verloren.“
Dirk runzelte die Stirn. „Wieso? Du hast doch einen.“
„Er ist nicht mein richtiger Vater. Mein leiblicher Vater ist tot - es
war ein Autounfall.“
„Oh, das ist ja noch schrecklicher“, stellte Dirk fest.
„Ich war damals auch noch sehr klein. Es war Christmas Eve,
Schneegestöber. Wir wollten mit dem Essen beginnen. Mein Vater
war noch in der Firma ... irgendwelche Probleme. Meine Familie
hat dann ohne ihn angefangen, nur ich nicht ... Ich habe am
Fenster gesessen und habe auf ihn gewartet. Doch er kam nicht ...
nie mehr...“
Neal wischte sich flüchtig über die Augen. Dirk schluckte.
„Tut mir leid. “ Zaghaft legte er den Arm um Neals Schultern.
„Schon gut.“ Neal versuchte ein Lächeln. Dann sah er Dirk an.
„Es ist schön, dich zu haben.“
„Wie meinst du das?“ Ein Zucken ging durch Dirks Körper.
„Na, ich habe doch sonst niemanden.“
Neal senkte den Kopf und lehnte sich vorsichtig an Dirks Schulter.
Dieser erschrak leicht, doch sofort nutzte er die Gelegenheit und
legte seine Wange an Neals Kopf, sog den Duft seines Haares tief
in die Nase und schloss für einen Moment die Augen. Neal
bemerkte nicht, wie Dirks Herz raste.
IX.
In der S-Bahn saßen kaum noch Leute. Es war mitten in der Nacht.
Neal lachte ausgelassen. „Ich habe mich lange nicht mehr so
amüsiert. Super war das, echt!“
„Ja, das war eine coole Party“, bestätigte Dirk grinsend. Er presste
sein Gesicht an die Scheibe. „Müssen wir hier raus?“
„Nein, ich glaube ... noch zwei Stationen ... oder drei? Ich weiß
gar nicht.“ Neal kicherte. Er saß nicht mehr auf dem Sitz, sondern
hatte seine schlanke Figur liegenderweise gleich über drei
Sitzplätze hinweg ausgebreitet.
„Mann, bist du wieder knülle“, bemerkte Dirk. Er schüttelte den
Kopf, dabei fühlte er sich selbst auch nicht mehr nüchtern.
„Ich habe nicht viel getrunken“, verteidigte sich Neal. „Echt nicht!
Nur drei Bier oder so ...“
„Oder vier, oder fünf?“ Dirk rieb sich die Augen.
„Rosendamm... Endstation! Bitte alle Fahrgäste aussteigen!“,
ertönte eine blecherne Stimme durch den Lautsprecher.
„Los, aufstehen ...“ Dirk zerrte Neal am Arm, dieser folgte ihm
wankend.
„Wieso ist hier Endstation?“, fragte er verwundert. „Ich muss doch
noch weiter.“
„Um diese Uhrzeit fährt wohl keine S-Bahn in euer Kaff!“
„Shit!“ Neal wankte zu den Fahrplänen und starrte darauf. „Ich
kann es nicht lesen.“ Er bog sich vor Lachen und ging in die Knie.
„Wenn dich deine Mutter sehen würde ...“ Dirk schüttelte grinsend
den Kopf, sah dann selbst auf den Fahrplan. „Die nächste Bahn
fährt erst um sechs Uhr früh.“
„Na, klasse“, sagte Neal, der inzwischen auf dem Boden saß. „Und
was mach’ ich hier so lange? Ich frier’ mir ja den Arsch ab.“
Dirk überlegte und beugte sich dann zu Neal herunter. „Du kannst
ja bei mir schlafen“, schlug er vor.
„Bei dir?“ Es klang verwundert. „Geht das?“
„Ja, sicher. - Komm, ich stütz’ dich. Du kannst ja kaum noch
gerade gehen.“
Wenige Minuten später waren sie an Dirks Haus angekommen.
Leise stiegen sie die Treppen hinunter zu der Kellerwohnung, in
der Dirk lebte.
„Nicht so laut, sonst weckst du meine Mutter noch auf“, ermahnte
Dirk. Er öffnete die Tür.
Neal folgte ihm in die Wohnung.
„Ich denke, deine Mutter schläft oben?“, fragte er erstaunt.
„Sie kann uns trotzdem hören, wenn wir laut sind ... Und sie soll
nicht merken, dass ich getrunken habe - sie macht sich immer
sofort Gedanken.“
Dirk ging ins Schlafzimmer, um Licht zu machen. „Ich dusche
schnell, okay? Du kannst danach ins Bad.“
„Mmh.“ Neal ließ sich auf einen Sessel fallen. Müde schloss er die
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