Liebeswut (Junge Liebe) (German Edition)
unzufrieden.
„Ich habe auf dich gewartet, in der Pause, am Holzzaun.“ Er
lächelte verträumt. „Was ist los mit dir?“ Er strich Neal über die
Wange. „Ich dachte, wir hatten diese Angelegenheit zwischen uns
geklärt?““
„Ich mag nicht zur Schule gehen“, sagte Neal leise.
„Wieso nicht?“
Neal zögerte. „Ich habe Angst, dass sie es erfahren.“ Ängstlich sah
er Dirk an.
„Was?“
„Dass wir zusammen im Bett waren, meine ich.”
„Aber ich habe dir doch schon gestern gesagt, dass niemand
wagen wird, etwas gegen uns zu unternehmen!”
Neal zweifelte. Bedrückt setzte er sich auf und zog die Beine an
seinen Körper. Als er dazu noch den Kopf hängen ließ, sah er aus,
als würde sein Leben bald ein Ende nehmen.
Dirk seufzte. Nachdenklich fuhr er sich über das Gesicht, doch
schon im nächsten Moment hatte er die passenden Worte parat.
„Das klingt zwar jetzt etwas eingebildet, aber ich bin
Schülersprecher. Die Leute haben mich gewählt, die Klassen
akzeptieren mich, alle! Sie stehen hinter mir, sie haben Respekt,
verstehst du? Sie wissen, dass sie mir nichts anhaben können, sie
hätten nie eine Chance, denn ich kann ziemlich unangenehm
werden. Da hat sich schon mancher die Zähne ausgebissen.“ Er
lachte ein wenig boshaft. „Wenn wir beide zusammen sind, wird
nichts passieren!”
So positiv diese Worte auch klangen, Neal blieb skeptisch. Und es
kam kaum über seine Lippen, was er wirklich dachte:
„Dirk, ich glaube, du hast es immer noch nicht verstanden“, wagte
er sich langsam voran. „Ich kann nicht mit dir zusammen sein!”
Dirk starrte ihn an. Sein Lächeln verschwand augenblicklich und
seine Augen wurden ganz groß. „Wieso kannst du nicht?” fragte er
vorsichtig nach.
Neal schüttelte verneinend den Kopf.
„Es war doch so schön gestern.“ Dirk klang wirklich verzweifelt.
„Das hat auch nichts mit gestern zu tun“, erklärte Neal, „Es ist die
ganze Sache, die ganze Situation ... Ich krieg’ das nicht auf die
Reihe! Ich verstehe mich selbst nicht! Ich habe noch nie was für
Männer empfunden. Und mein Umfeld darf das nicht erfahren, auf
keinen Fall!”
„Ich dachte, du magst mich!“ Dirk schüttelte fassungslos den
Kopf. Seine Augen füllten sich mit Tränen.
„Das tu’ ich doch auch“, versicherte Neal sogleich.
„Tust du nicht! Sonst würdest du dich nicht so verhalten!” Dirk
hielt sich die Hände vor das Gesicht. Er stand auf und lief aus dem
Zimmer.
„Jetzt warte doch!” Neal quälte sich aus dem Bett, doch Dirk war
schon längst fort.
XI .
Die S-Bahn hielt und Neal stieg aus. Als er an der Kellerwohnung
der Martens ankam, tat sich dort nichts. Durch die Tür konnte er
jedoch deutlich laute Musik hören. Er lief nach vorne, um dort zu
klingeln. Eine Frau mittleren Alters öffnete. An ihren
Gesichtszügen und ihrem blonden Haar erkannte Neal, dass es sich
um Dirks Mutter handelte.
„Entschuldigen Sie bitte“, sagte er und versuchte wieder zu Atem
zu kommen. „Ich wollte eigentlich Dirk besuchen, doch er macht
nicht auf.”
Die Frau lächelte ihn freundlich an.
„Ich sage auch immer, dass er die Musik nicht so laut hören soll.
Das ist nicht gut für die Ohren“, sagte sie. „Aber komm doch
rein.”
„Vielen Dank“, erwiderte Neal. Er betrat das große Haus, sah sich
schüchtern um.
„Du musst Neal sein, stimmt’s?“
„Ja. – Woher wissen Sie ...
Die Frau lächelte wieder. „Dirk erzählt mir alles.“ Dann deutete
sie auf die Treppe, die in den Keller führte. „Hier kommst du zu
seiner Wohnung. Da kennst du dich ja schon aus, oder?”
Neal nickte. Mit einem mulmigen Gefühl stieg er die Stufen hinab.
Die Musik wurde immer lauter. Sie kam aus dem Schlafzimmer.
Zaghaft öffnete er die Tür. Dirk lag auf dem Bett, sein Gesicht in
den Kissen vergraben.
Als Neal die Musik leiser stellte, hob er den Kopf an. Sein Gesicht
war tränenüberströmt.
„Was willst du?“ Es klang aggressiv.
„Ich denke, wir müssen reden“, erwiderte Neal.
„Da gibt’s nichts mehr zu reden.“ Dirk versuchte, ein Schluchzen
zu unterdrücken. Er schien wirklich verzweifelt. Augenblicklich
beschlich Neal ein Gefühl der Reue. Vorsichtig trat er an das Bett
heran.
„Ich wollte das nicht ...”, sagte er leise. „Ich wollte dich nicht
verletzen. Es tut mir leid.“
„Es tut dir leid, ja?“ Dirk starrte ihn aus verquollenen Augen an.
„Weißt du, wie ich mich fühle? Ich habe dir meine innersten
Gedanken offenbart. Ich
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