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Liebling der Götter

Liebling der Götter

Titel: Liebling der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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auf dem Tisch.«
    Falls der Tisch irgendeine Meinung zum Thema hatte, so behielt er sie jedenfalls für sich, genau wie die Götter, die um ihn herum saßen. Die Erkenntnis, daß der Allmächtige endgültig durchgedreht ist, ruft möglicherweise immer Verwirrung hervor, sogar bei den Göttern.
    »Wenn dazu niemand etwas anzumerken hat«, fuhr Jupiter fort, »lasse ich über den Antrag abstimmen. Von der ganzen Versammlung unterstützt und einstimmig …«
    »Nein.«
    Alle Augen fuhren herum und richteten sich auf Mars; Demeter ging sogar so weit, seine Beine zu zählen. Jupiter runzelte die Stirn.
    »Nein?«
    »Nein.« Mars erhob sich. »Das kannst du nicht«, fügte er hinzu.
    »Ach, das kann ich nicht?«
    »Nein, das kannst du nicht.«
    »Doch, das kann ich.«
    »Nein, das kannst du nicht.«
    »Doch, das kann ich.«
    »Sagt mal«, unterbrach sie Merkur, der das Protokoll führte, »muß ich das alles mitschreiben? Wenn das nämlich noch lange so weitergeht, brauche ich ein neues Notizbuch.«
    »Das wird nicht mehr lange so weitergehen«, erwiderte Jupiter, »weil Mistkäfer nicht das Recht haben, in einer Götterversammlung das Wort zu ergreifen.«
    »Trotzdem kannst du das nicht«, beteuerte Mars. Seine rechte Hand kroch auf seinen Mund zu, in der unbestimmten Absicht, die eigene Zunge samt der Wurzel herauszureißen; doch war diese Hand von Natur aus vorsichtig und hatte erst Brusthöhe erreicht. In der Zwischenzeit redete Mars weiter. »Wenn du die Erde zerstörst, hören wir nämlich alle auf zu existieren. Da führt kein Weg dran vorbei, und das weißt du genausogut wie ich.«
    »Er hat recht.« Minerva ließ den Blick kreisen, um zu sehen, wer das gesagt hatte, und begriff, daß sie es selbst gewesen war.
    »Wer hat dich nach deiner Meinung gefragt?« fauchte Jupiter sie an.
    »Du. Du hast den Antrag auf den Tisch gelegt und …«
    »Aber du bist kein Tisch«, fiel ihr Jupiter ins Wort. »Obwohl man das einrichten könnte«, fügte er hinzu.
    »Wenn du die Erde zerstörst«, erklärte Minerva, ohne ihn zu beachten – Jupiter nicht zu beachten, ist fast wie der Versuch, durch einen Berg hindurchzufliegen anstatt drumherum, aber für Götter ist ja alles möglich –, »dann verlangen es die Möglichkeitengesetze, daß wir aufhören zu existieren, zumindest in unserer gegenwärtigen Form.«
    Jupiter dachte darüber nach, sagte »Quatsch!«, und die Olympier hielten den Atem an.
    »Folgendes wird geschehen«, fuhr Minerva fort. »Es wird eine Realitätsaufspaltung in eine Welt geben, in der du dich für die Zerstörung entschieden hast – und die es demnach nicht besonders lange geben wird –, und in eine andere, in der du im letzten Moment deine Meinung geändert hast. Da das unmöglich ist, weil du deine Meinung nie im letzten Moment änderst, wird die letztere rasch vergehen und wir alle mit ihr. Auf der Welt, wo du dich zur Zerstörung entschlossen hast, werden wir alle mit zerstört. Sense.«
    Jupiter kratzte sich an der Nasenspitze. »Da hast du natürlich recht«, räumte er ein.
    »Da bin ich aber heilfroh«, seufzte Minerva erleichtert, »und verzeih mir bitte, daß ich die Kühnheit besessen habe, dich daran zu erinnern, aber …«
    »Trotzdem …«
    Apollo grinste nervös, brachte seinen Lorbeerkranz in Ordnung und starrte auf den Monitor.
    »Sechs … fünf … vier … drei … zwei … eins … auf Sendung!«
    Schlagartig verzogen sich Danny Bennetts Lippen zu einem breiten Lächeln, über das Amundsen mit einem Schlitten hätte fahren können, und der Reporter beugte sich vor.
    »Eure Majestät«, sagte er, »stimmt es, daß die Götter insgeheim planen, das Ende der Welt herbeizuführen?«
    Apollo öffnete den Mund zu einer Antwort, doch da passierte irgend etwas mit seinen Stimmbändern. Was genau geschah, ist schwer zu sagen; entweder waren sie auf einmal miteinander verschmolzen, oder innerhalb der letzten fünf Sekunden war jemand mal kurz in den Kehlkopf hinuntergeflitzt und hatte sie entfernt. Irgend etwas Komisches war zweifellos vorgefallen. Auf jeden Fall waren die Stimmbänder nicht mehr da. Unterdessen saßen draußen vor den Bildschirmen neunzig Billionen Menschen – oder waren es Milliarden oder gar nur Millionen? – und blickten ihn an. Live.
    »Wissen Sie«, gelang es Apollo zu sagen, »ich bin froh, daß Sie mir diese Frage gestellt haben.«
    »Und wie lautet die Antwort?« verlangte Danny zu wissen. »Eure Majestät«, fügte er hinzu.
    Als er von seinem Agent über das

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