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Liebling der Götter

Liebling der Götter

Titel: Liebling der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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antwortete Jason, der wirklich andere Dinge im Kopf hatte.
    »Jetzt stell dich nicht so kindisch an. Warte, ich hole dir eine.« Mrs. Derry verschwand kurz und kehrte mit einem von Mr. Derrys Anoraks zurück. »Und mit diesen Schuhen kommst du mir sowieso nicht aus dem Haus.«
    Durchs Fenster sah Jason, wie George draußen im Golfbuggy bereits nervös auf die Uhr schaute. War heute die schlangenbehaarte Gorgo von Sphakteria oder der hundertköpfige Höllendrachen dran? Eigentlich spielte das längst keine Rolle mehr; denn hatte man erst einmal eins von diesen Ungeheuern erlegt, dann hatte man sie im Grunde alle erlegt.
    »Mum, jetzt laß mal«, wehrte sich Jason. »Ich darf mich nicht verspäten.«
    »Du verläßt dieses Haus erst dann, wenn du dir andere Schuhe angezogen hast«, beharrte seine Mutter.
    Jason zuckte zusammen. »Mum …«
    »Sofort!«
    Kurz entstand eine spannungsgeladene Stille. Dann seufzte Jason resigniert, lehnte das Schwert von Glykerion im Leinensack gegen den Türrahmen und rannte die Treppe hinauf. Als er zurückkam, trug er andere Schuhe.
    »Bist du nun zufrieden? Wenn du nichts dagegen hast, dann gehe ich jetzt.« Er schnappte sich den Leinensack und griff nach dem Türknauf.
    »Taschentuch?«
    »Ja«, grummelte Jason.
    »Dann zeig’s mir.«
    »Wie bitte?«
    »Ich will sehen, ob du ein sauberes Taschentuch dabei hast.«
    Jason drehte sich langsam um und warf seiner Mutter einen Blick zu, der die Gorgo sofort zu Stein verwandelt und den Höllendrachen dazu gebracht hätte, umgehend das nächstbeste Heim für mißhandelte Drachen aufzusuchen. Seine Mutter hingegen ließ sich davon überhaupt nicht beeindrucken.
    »Taschentuch.«
    »Mum! Ich muß Ungeheuern den Kopf abschlagen, und dazu brauche ich wohl kaum ein …«
    »Taschentuch.«
    Meine Mutter, sagte sich Jason, eine Frau mit eisernem Willen und einem beschränkten Vokabular. »Hör mal, ich bin schon viel zu spät dran und …«
    Diesesmal sagte Mrs. Derry nicht einmal mehr ›Taschentuch‹, sondern blickte ihren Sohn nur an, was unendlich viel schlimmer war.
    »Also gut«, grummelte Jason. »Also gut.« Dann rannte er erneut die Treppe hinauf. Kurz darauf drang seine Stimme durchs Haus.
    »Mum …!«
    »Ja, mein Schatz?«
    »Wo sind denn meine Taschentücher?«
    »Im Trockenschrank, Schatz. Ganz hinten in der zweiten Schublade von unten, wo sie immer sind.«
    »Ah ja, alles klar.«
    »Und poltre nicht immer die Treppe so rauf und runter, Jason, das hält sie nämlich nicht mehr lange aus.«
    »Ja, Mum.«
    Nachdem er ein blitzsauberes Taschentuch vorgezeigt hatte, schnappte er sich erneut das Schwert, griff nach dem Türknauf und drehte ihn um. Dabei hatte er das bestimmte Gefühl, daß sich der Tag von nun an nur noch leichter für ihn gestalten konnte, selbst wenn sich herausstellen sollte, daß Jupiter heute das gesamte Titanengeschlecht mobilisiert hatte.
    »Jason.«
    Er erstarrte. »Ja, Mum?«
    »Vergiß nicht, daß heute abend Sharon kommt.«
    »Mum …«
    »Also sieh zu, daß du spätestens um Viertel vor sechs wieder zu Hause bist, weil du bestimmt noch baden und dir die Haare waschen mußt.«
    »Mum …«
    »Schönen Tag noch. Und paß auf dich auf, mein Schatz, hörst du?«
    »Ja, Mum …« Und während er dies sagte, schlich sich Jason Derry, die Saat Jupiters, aus dem Haus und trottete zum Golfbuggy hinüber.
    »Guten Morgen, Boß«, begrüßte ihn George.
    »Wie?« Jason warf den Leinensack auf die Rückbank und setzte sich.
    »Ich sagte, guten Morgen.«
    »Wie du meinst«, antwortete Jason. »Nun, was will der alte Saftsack denn heute von mir?«
    »Pst!« George fuhr vor Schreck zusammen. »Nicht so laut, Boß.«
    Jason schüttelte störrisch den Kopf. »Wenn ich den alten Saftsack einen alten Saftsack nennen will«, brüllte er laut über die ganze Straße hinweg, so daß der gerade vorbeikommende Milchmann fast einen Kasten mit vollen Flaschen fallengelassen hätte, »dann nenne ich den alten Saftsack auch einen alten Saftsack, und wenn das dem alten Saftsack nicht paßt, dann weiß der alte Saftsack ganz genau, was er mich mal kann! Klar?«
    George nickte. Da er mittlerweile fast unter den Sitz gerutscht war, sah Jason zwar seinen Kopf nur von oben, doch anhand der Bewegungen konnte er zumindest näherungsweise ein Nicken ermitteln.
    »Na prima. Also, was steht heute an?«
    »Der Nemeische Löwe«, flüsterte George, »dann die Sturmriesen, anschließend eine halbe Stunde Mittagspause. Danach geht’s weiter mit einem

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