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Liebling der Götter

Liebling der Götter

Titel: Liebling der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Holt
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Geisterkrieger gejagt wurde, die Blitze hinter ihm herschleuderten. Er ließ das Schwert sinken und guckte gespannt zu.
    »Was treibst du da eigentlich?« beschwerte sich eine verärgerte Stimme, die aufgrund der fünf Millimeter dicken Wand aus gebrannter Tonerde leicht, aber nicht übermäßig gedämpft wurde.
    »Ach, halt’s Maul«, murmelte er gedankenverloren. Für ihn sahen zwar alle Adler gleich aus, dennoch hätte er schwören können, diesen hier schon einmal gesehen zu haben. Zweimal sogar.
    »Hör mal, ich …«
    »Jetzt gedulde dich doch mal. Warte, ich bin gleich wieder zurück«, besänftigte er die Gorgo. Dann nahm er den Fuß von ihrem Rücken und lief davon.
    Wenigstens zehn Sekunden lang lag die Gorgo einfach nur da, regungslos vor Entsetzen. Schließlich stand sie taumelnd auf und schlug mit dem Kopf gegen die lebensgroße Marmorskulptur einer erstarrten Avon-Vertreterin, schüttelte die Blumentopfscherben aus dem Schlangenhaar und nahm Reißaus. Verfasser mythologischer Lexika sollten vielleicht wissen, daß die weitverbreitete Ansicht, von der Gorgo sei danach nie wieder etwas gesehen oder gehört worden, nicht ganz der Wahrheit entspricht. Kurz darauf erhielt sie nämlich von Fabergé das Angebot, Eier anzustarren, und wurde auf diese Weise doch noch zu einem nützlichen Mitglied der Gesellschaft.
    Eindeutig handelte es sich um denselben Adler, den Jason schon zweimal gesehen hatte, und während er ihn im Himmel um sein Leben kämpfen sah, fiel Jason ein, daß er ihm noch einen Hamburger schuldete. Er steckte das Schwert in die Scheide, legte die Hände trichterförmig an den Mund und rief ein paarmal laut hallo.
    An Bord des geflügelten Streitwagens blickte der Hauptmann der Geisterkrieger erstaunt auf die Erde hinab. »Sofort anhalten!« befahl er dem Wagenlenker. »Da unten ist dieser kleine Derry.«
    »Na und? Hier oben sind wir für ihn außer Reichweite«, meinte der Wagenlenker. »Jetzt laß uns lieber den Adler …«
    »Was macht er denn da mit diesem Brocken in der Hand, der wird doch wohl nicht … Aua!«
    Jason schnellte herum, brach von dem zum Fossil erstarrten Wahlwerber den zweiten Arm ab – wodurch dieser letztendlich doch noch unter Beweis stellen konnte, jemandem nützlich zu sein – und schleuderte ihn in die Luft. Der Streitwagen drehte jäh ab und schoß wie ein verängstigter Komet davon. Der Adler flatterte eine Weile auf der Stelle, dann flog er auf die Erde hinab und verwandelte sich dort in ein Mädchen.
    Jason eilte sofort herbei. »Hallo, Mary!« begrüßte er die junge Frau schon von weitem. Plötzlich blieb er wie angewurzelt stehen und blickte sie verdutzt an. »Oder, besser gesagt, Sharon.«
     
    Betty-Lou Fisichelli putzte sich mit dem Taschentuch die Brille, setzte sie sich auf die Nase und holte tief Luft. Das hatte sie noch nie getan.
    Niemand, der gegenwärtig lebte – niemand, der gegenwärtig lebte und sterben konnte –, hatte das je zuvor getan. Zum Teil weil es sich um das heiligste der heiligen Mysterien handelte; hauptsächlich aber weil es dazu nie einen Grund gegeben hatte. Mit einem leicht angefeuchteten Lappen wischte sie eine tausendjährige Staubschicht von der unvergänglichen Bronze des Statuengesichts, schlug das Bedienungshandbuch auf, das sie auf den Knien liegen hatte, und suchte die entsprechende Stelle.
    Sie war aufgeregt. Zu der vollkommen verständlichen Besorgnis, die jeder verspüren würde, der sich an das heiligste der heiligen Mysterien wagt, gesellte sich noch der Umstand, daß sie sich nachts um halb eins ohne Genehmigung in den Kellergewölben des archäologischen Museums von Delphi aufhielt. So wie die griechische Polizei war, bezweifelte sie, daß selbst Apollo sie retten könnte, falls sie erwischt werden sollte.
    KAPITEL EINS, las sie, VORBEREITUNG DES SYSTEMS.
    Mit zitternden Fingern nahm sie die beiden kleinen glänzenden Chips aus der Streichholzschachtel in ihrer Handtasche und drückte sie der Statue vorsichtig in die leeren Augenhöhlen. Die Chips paßten sich mühelos ein und verursachten dabei ein leises Klicken. Gleich darauf leuchtete der breite Bronzeschild am Arm der Statue auf, der wegen der Patina ein hellgrünes Licht ausstrahlte. Dann wurde er plötzlich schwarz, und wie aus dem Nichts erschien eine Reihe grüner Linien. Kaum war sie wieder zu Atem gekommen, warf die Pythia einen erneuten kurzen Blick ins Handbuch.
    Bedienung der Tastatur stand dort.
    Der Schild hatte aufgehört, sie mit grünen Linien

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