Liebling, vergiss die Socken nicht
dabei zu, wie sie die dicken, duftenden Blüten arrangierte und das Gesicht hineintauchte, um ihren Duft aufzusaugen.
»Ich bin nicht abergläubisch«, betonte Ally.
»Ich weiß«, räumte Jess ein, »aber das passt überhaupt nicht zu deinem Charakter. Du bist pessimistisch, ängstlich und eine geborene Schwarzseherin. Wieso bist du dann nicht auch noch abergläubisch?«
»Vielleicht dachte der liebe Gott, dass ich schon genug gestraft bin.« Ally musste daran denken, wie Matt einmal zu ihr gesagt hatte, dass sie hinter jedem Silberstreif eine dunkle Wolke entdecken würde.
»Tja, ich hoffe, du weißt, was du tust.«
»Weiß ich.«
Als sie wieder aufsah, war Jess verschwunden. Gleich würde sie wieder das Piepsen des Computers hören. Eigentlich sagte man immer, nur Jungen würden sich stundenlang in ihren Zimmern verschanzen und die Finger nicht mehr von den Tasten nehmen. Aber für Jess war die Vorstellung, dass Jungen irgend etwas tun könnten, das Mädchen nicht noch besser beherrschten, ein Greuel. Wenigstens ein Gutes, das wir ihr beibringen konnten, dachte Ally, ging zurück ins Wohnzimmer und setzte sich aufs Sofa. Sie blätterte beiläufig eine Illustrierte durch und suchte dann nach der Fernbedienung für den Fernseher. Natürlich war sie mal wieder verlegt, deshalb stand sie auf und schaltete ihn direkt ein. Als sie sich wieder umdrehte, stand Jess mit einem Glas Wein in der Hand neben dem Sofa.
»Für dich.« Sie stellte es auf den Couchtisch. »Also. Warum bist du so früh wiedergekommen?«
»Dad hatte bereits zugesagt, mit dem Team essen zu gehen. Belinda hat Geburtstag.«
»Wer ist Belinda?«
»Die neue Produzentin. Riesengroße braune Augen. Und genauso großen Ehrgeiz.« Ally suchte nach irgendwelchen Mängeln.
Dann leuchtete ihr Gesicht auf. »Allerdings hat sie einen dicken Hintern.«
»Wie entsetzlich. Männer stehen auf dicke Hintern. Warum bist du nicht mitgegangen?«
»Eigentlich wollte ich ja.« Ally wich dem lauernden Blick ihrer Tochter aus. »Aber du weißt ja, wie sie sind. Sie reden von nichts anderem als vom Fernsehen.«
»Also kein romantisches Abendessen für zwei?«
»Fehlanzeige.«
»Oh, Mum!«
Ally nahm ihr Weinglas in die Hand und rang sich wegen Jess‘ Tonfall ein Lächeln ab. Sie wollte nicht, dass ihre Töchter sie bemitleideten. Das ginge zu weit.
»Weißt du was?« Jess setzte sich neben sie und legte beschützend einen Arm um ihre Mutter. »Ich habe Dad zum Umfallen lieb, aber eines musst du jetzt mal über ihn kapieren.«
»Was denn?«
»Er wird langsam zu einem egoistischen Arschloch, und das weißt du auch.«
Ally blieb der Wein im Hals stecken. Im Grunde hätte sie Jess für eine so unerhörte Anschuldigung schelten müssen. Statt dessen warf sie den Kopf in den Nacken und lachte. »Du musst etwas dagegen tun, Mum.«
»Darauf trinke ich.« Ally streckte die Hand aus und umfasste die ihrer Tochter. »Irgendwelche Vorschläge, womit ich anfangen soll?«
Das erste, was Ally sah, als sie am nächsten Morgen aufwachte, waren Matts ordentlich auf dem Stuhl zusammengelegte Kleider. Die Tatsache allein war schon umwerfend genug, um in einer Klatschspalte erwähnt zu werden. Sie fragte sich, wie spät es wohl geworden war. Sie war um Mitternacht ins Bett gegangen, und da war er noch nicht in Sicht gewesen.
Allys Freundin Susie hatte einmal berechnet, dass der kritische Zeitpunkt für Untreue bei drei Uhr morgens lag. Bis zwei Uhr war es in London noch ohne weiteres möglich, sich in aufrechter Körperhaltung zu amüsieren. Doch ab drei gab es nur noch eine Möglichkeit.
Als sie Matts schlafendes Gesicht betrachtete, hatte sie nicht den Eindruck, dass er irgend etwas angestellt haben könnte. Vielleicht machte sie sich ja etwas vor, aber sie spürte instinktiv, dass mit ihrer Beziehung schon einiges im Argen liegen müsste, bevor er achtzehn Jahre Ehe für eine aufreizende Fünfundzwanzigjährige aufs Spiel setzte. Matt mochte ein Egoist sein, aber untreu war er nie gewesen.
Leise, damit sie ihn nicht weckte, schlich sie sich ins Badezimmer und goss blauen Kräuterbadezusatz ins Wasser, bis es eine so kräftige, saphirblaue Färbung angenommen hatte wie das Meer in Reiseprospekten sie hatte. Es war Samstag, und Janey und Jess schliefen aus. Janey hatte das Auto um elf Uhr sicher zurückgebracht und es wesentlich gekonnter in die Doppelgarage geparkt, als es Ally je gelungen wäre. Ally ließ sich in das heiße Bad gleiten und schamponierte ihre Haare
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