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Lieblingslied: Roman (German Edition)

Lieblingslied: Roman (German Edition)

Titel: Lieblingslied: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K.A. Milne
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Ausbruch eine Antwort verdient hatte. »Bitte verstehen Sie! Diese Situationen sind nicht einfach für uns – gleichgültig, wie sie ausgehen. Wir wissen, wie schwer es für Sie ist. Leider… Diese Dinge passieren nun mal einfach …«
    »Nein!«, unterbrach ich sie scharf. Sie hielt überrascht inne. »Sagen Sie nicht ›diese Dinge passieren nun mal‹. Sagen Sie es nicht. Diese Dinge passieren eben nicht ›eben mal‹. Sie passieren eben nur Anna und mir. Und das habe ich endgültig satt. Ich habe diese Dinge satt, die ›nun mal passieren‹!«
    Die Ärzte warteten, bis ich mich beruhigt hatte. Dann räusperte sich Dr. Rasmussen und wandte sich mit leiser, sanfter Stimme an mich: »Ethan, keiner von uns tut so, als wüssten wir genau, was Sie durchmachen – oder was Sie in der Vergangenheit durchgemacht haben. Trotzdem gibt Ihre Situation trotz allem zur Hoffnung Anlass.«
    »Ach wirklich?«, fragte ich aufgebracht. »Und inwiefern?«
    Er stand langsam auf, kam um seinen Schreibtisch herum und legte sanft die Hand auf meine Schulter. Es war beinahe, als versuche mein Großvater, mich zu beruhigen. »So wie ich es sehe«, begann er, »ist die Hoffnung gering. Aber sie besteht.« Er hielt inne. »Ethan, hier können Sie heute Nacht doch nichts ausrichten. Ich schlage daher vor, dass Sie nach Hause fahren. Ihre Frau liegt auf der Intensivstation. Sie können erst Morgen zu ihr. Ruhen Sie sich aus.«
    Ich nickte geistesabwesend.
    Die beiden jungen Ärzte standen ebenfalls auf und schüttelten mir die Hand. Dann führte die Krankenschwester mich in den Warteraum, wo Hope noch immer tief und fest schlief.
    Auch wenn sie mich nicht zu Anna ließen, wollte ich doch wenigstens in ihrer Nähe sein. Also verbrachte ich die Nacht im Warteraum. Hope schlief unter meinem Jackett, während ich nur darüber nachdachte, was meiner kleinen Familie in Zukunft bevorstand.
    Auch wenn es um unser Leben – unsere Ehe – nicht gut gestanden hatte, hatte ich doch immer angenommen, dass unsere Zukunft letztendlich in hellem Licht erstrahlen würde. Jetzt, da Annas Leben an einem seidenen Faden hing, fühlte ich, wie sich allmählich Dunkelheit über uns senkte.

16
    ICH GEBE DURCHAUS ZU, dass ich Annas Bruder Stuart von jeher für einen Sonderling gehalten habe. Und ich glaube, er würde meiner Einschätzung nicht einmal widersprechen, im Gegenteil. Er war ein Nerd, der typische Computerfreak. Ich bin sogar überzeugt, dass es ihm insgeheim Spaß machte, diesem Klischee in Aussehen und Verhaltensweise zu entsprechen. Gleichgültig, wie oft wir ihm schon einen schlechten Geschmack attestiert hatten, er machte in dieser Beziehung keine Kompromisse. Er trug zum Beispiel weiterhin eisern schwarze Socken in Sandalen (offenbar litt er rund ums Jahr an kalten Füßen), und sein Benehmen war bestenfalls »kauzig« zu nennen.
    Darin unterschied er sich auffällig von seinem Bruder Lance, einem rauen Naturburschen, der an einer Junior High School in Pocatello, Idaho, das Fach Werken unterrichtete. Während Stuart ein reicher Stubenhocker war, besaß Lance wenig, sparte während der Schulmonate eisern, um sein Geld im Sommer bei exotischen Abenteuern in aller Welt zu verprassen.
    Hope, die eines Tages hörte, wie ich ihren Onkel Stuart »den Stinkreichen« nannte, beschloss daraufhin, ihren Onkel Lance als den »Supercoolen« zu bezeichnen. Wenn wir uns mit Lance trafen, was selten vorkam, erzählte er faszinierende Geschichten über seine Bergbesteigungen, Kanufahrten im Amazonasgebiet oder Radtouren quer durch China.
    »Oh, Mann«, antwortete ich Hope. »Ich finde, Millionen auf der Bank zu haben viel ›cooler‹.«
    »Also, Dad«, begann sie wie eine Oberlehrerin zu einem begriffsstutzigen Schüler. »Was sind schon Millionen? Weißt du, es gibt Dinge, die man mit Geld nicht kaufen kann.«
    »So? Was denn zum Beispiel?«
    Daraufhin breitete sie die Arme so weit wie möglich aus und verkündete mit einem strahlenden Lächeln: »Mich zum Beispiel!«
    Schlaues Kind!
    Um sieben Uhr morgens tauchte der »Stinkreiche« mit seiner Frau Heather und ihren beiden Kindern, dem zehnjährigen Devin und dem zwölfjährigen Jordan, im Krankenhaus auf. Ich war Sekunden zuvor endlich eingenickt und wurde unsanft geweckt, als sich Jordan mit einem lauten Plumps in einen Sessel in der Nähe fallen ließ und verkündete: »Mann, Onkel Ethan schnarcht wie ein Wildschwein. Können wir so lange fernsehen? Ich meine, bis er aufwacht?«
    »Ich bin wach«, murmelte

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