Liebst du mich wirklich, Raoul
romantisch“, setzte er schnell hinzu.
„Raoul, das ist doch albern. So etwas kannst du nicht einfach tun!“
„Wer sollte mich davon abhalten?“, fragte er mit Unschuldsmiene.
„Dein gesunder Menschenverstand, hoffe ich“, antwortete sie schneidend. „Wir beide sollen morgen an einer Hochzeit teilnehmen – von deiner Cousine und meiner ältesten Freundin. Meinst du nicht, unsere Abwesenheit fällt auf? Die Leute werden Fragen stellen und uns suchen.“
„Das müssen sie nicht. Der Brief, den ich Carrie hinterlassen habe, als ich deine Sachen aus dem Haus holen ließ, beschreibt die Situation deutlich genug.“
Ihr Herz hämmerte fast schmerzhaft in ihrer Brust. „In diesem Fall wäre es ausgesprochen freundlich, wenn du mich ebenfalls ins Bild setzen würdest.“
„Aber gern.“ Mit dem Rücken lehnte er sich gegen die Tür und schob die Hände in die Taschen. „Ich habe ihr mitgeteilt, wir hätten uns in London ein paar Mal getroffen, aber dann wären zwischen uns Probleme aufgetaucht. Was genau, darauf bin ich gar nicht weiter eingegangen.“ Er machte eine Pause. „Jedenfalls meinte ich, wir beide müssten nur eine Weile allein sein, um alle Missverständnisse zu klären. Und weil du angeblich gleich nach der Trauung abreisen und mir tunlichst aus dem Weg gehen wolltest, brauchte ich eine Gelegenheit, dich zu sehen. Deshalb würde ich unser kleines Abendessen auf dem Schiff ausdehnen – zu einem mehrtägigen Segeltörn. Sie solle uns beiden vergeben und uns Glück wünschen.“
Ihr fehlten beinahe die Worte. „Und du glaubst wirklich, irgendjemand würde dir diese fadenscheinigen Lügen abkaufen?“
Er zuckte die Achseln. „Wieso nicht? Zugegeben, meine Erklärungen werden nicht für jeden leicht zu schlucken sein, und Carrie ist sicher mächtig enttäuscht, aber in diesem Fall heiligt der Zweck die Mittel.“
„Aber ich willige in diesen Plan nicht ein“, erklärte Rhianna schlicht. „Es wäre also besser, wenn du mich umgehend zurück nach Polkernick bringst.“
„Keine Chance, mein Schatz.“
„Kidnapping ist illegal“, protestierte sie. „Dafür kann man im Gefängnis landen.“
„Wir sind doch – noch – zwei freie, spontane Menschen, die ganz verrückt nacheinander sind“, widersprach er amüsiert, doch seine Augen blieben kalt. „Und die Beweise sprechen für sich. Jeder hat uns in trauter Zweisamkeit die Party verlassen sehen, und Mrs. Henderson war mir beim Packen deiner Sachen behilflich, ganz eifrig und erfreut, weil sie zu dieser Überraschung beitragen durfte. Niemand hat jemals beobachtet, dass du dich auf irgendeine Weise gewehrt hättest.“
„Warum tust du das?“, wollte sie wissen. „Ich verstehe das nicht ganz.“
„In erster Linie will ich dafür sorgen, dass Carries Hochzeit ungestört über die Bühne gehen kann.“ Mit einer geschmeidigen Bewegung richtete Raoul sich zu seiner vollen Größe auf. „Ich traue dir nicht, Rhianna. Allein mit deiner Erscheinung und der Raffinesse, mit der du deinen Körper einsetzt, um deine Ziele zu erreichen, verursachst du Ärger um dich herum. Was mich gänzlich gegen dich eingenommen hat, war allerdings der Moment, als ich gestern beobachten musste, wie du in Carries Abwesenheit vor ihrem Spiegel auf und ab stolziert bist. Sogar mit ihrem Schleier, so als ob du dich an ihrer Stelle vor dem Altar sehen würdest.“
Rhianna wurde blass.
„Pech für dich, aber du warst nicht allein. Erst fünf Minuten im Haus, und schon versuchst du, die Braut zu spielen. Eigentlich wollte ich dich noch am gleichen Tag zur Rede stellen, aber du warst zu sehr damit beschäftigt, dich mit Simon zu unterhalten.“
„Du hast uns belauscht?“, fragte sie mit erstickter Stimme.
„Um nichts in der Welt hätte ich das verpassen wollen“, gab er barsch zurück. „Es war ein ziemlich aufschlussreiches Gespräch. Ich kann nicht riskieren, dass du im Hinblick auf dein ungeborenes Kind in letzter Sekunde ein Geständnis ablegst – womöglich noch direkt in der Kirche! Deshalb solltest du irgendwo sein, wo du keinen Schaden anrichten kannst. Es wird ja auch nicht lange dauern und keinesfalls deine … Pläne kreuzen. Ich nehme an, es ist bereits ein entsprechender Termin mit einer Abtreibungsklinik vereinbart worden?“
„Ja“, gab sie leise zu.
„Schön, dann ist ja alles geregelt. Selbst wenn Simon in der Lage gewesen wäre, dich zu heiraten, würdest du wohl kaum sein Kind zur Welt bringen“, fuhr er voller Verachtung fort.
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