Liebst du mich wirklich, Raoul
„Immerhin musst du auf deine kostbare Karriere achten, und eine schwangere Lady Ariadne hätte keine Zukunft im Fernsehen.“
Mittlerweile hatte Rhianna ihre Fassung zurückerlangt. „Ich wusste nicht, dass du ein Fan bist.“
„Das bin ich auch nicht. Ich habe mich lediglich mal gefragt, was aus dir geworden ist.“
„Ich bin eine hoch bezahlte Fernsehschauspielerin geworden“, verkündete sie mit steinerner Miene. „Dafür schäme ich mich nicht. Aber meine Serienrolle und mein Leben als Privatperson haben nicht das Geringste miteinander zu tun. Und mir ist klar, dass du mir zutraust, meine Verträge auf der Couch auszuhandeln. Aber da irrst du dich gewaltig, denn ich stehe nicht auf schnellen Sex. Ich muss einen Mann lieben, bevor ich mit ihm schlafe.“
Die Worte sprudelten aus ihr heraus, bevor sie sich zurückhalten konnte.
„Wie stellst du dir das überhaupt vor, mit mir durch die Weltgeschichte zu tingeln? Man wird mich erkennen, und ich kann mir schon beruflich keine schlechte Publicity leisten. Für dich wäre sie auch nicht sonderlich angenehm. Was glaubst du, wie lange es dauert, bis der schmierige Reporter vom Duchy Herald von irgendjemandem geflüstert bekommt, dass meine Mutter die Geliebte deines Vaters war? Dass sie eine kranke Frau hintergangen hat, die ihr vertraute, deren Ehe zerstörte und sie in einen Nervenzusammenbruch trieb? Willst du das Esther Penvarnon antun, die jetzt schon im Exil lebt, weil sie den Kummer kaum ertragen kann?“ Atemlos räusperte sie sich. „Das ist doch noch immer die offizielle Version der Geschehnisse, oder?“
„Und du siehst das natürlich ganz anders.“
„Zumindest habe ich ein ganz anderes Bild von meiner Mutter. Du hast sie nicht einmal gekannt, genauso wenig wie ich deine.“
Etwas verunsichert dachte er kurz nach. „Ich habe nicht vor, mit dir in Frankreich oder Spanien herumzuflanieren. Solange du auf diesem Boot bleibst, bist du vor Paparazzi sicher. Tja, Rhianna, es wäre eben besser gewesen, gleich in London zu bleiben.“
„Das Beste wäre wohl gewesen, wenn wir beide uns niemals begegnet wären.“
Die Tür schloss sich hinter ihm, und Rhianna verbarg ihr Gesicht in ihren Händen.
6. KAPITEL
Diese Konfrontation ging nicht gerade befriedigend aus, fand Rhianna, auch wenn sie das letzte Wort gehabt hatte. Wie konnte sie sich bloß dazu hinreißen lassen, die Vergangenheit wieder ans Licht zu zerren?
Nach ihrem achtzehnten Geburtstag hatte Rhianna die Schule beendet und sich auf den ausdrücklichen Wunsch ihrer Tante hin einen Job in Rollos Café gesucht. Die Arbeitszeiten waren viel zu lang, sie wurde schlecht bezahlt, und Mrs. Rollo war eine richtige Hexe. Nachdem Kost und Logis abgezogen waren, blieb Rhianna am Ende der Woche kaum Geld übrig. Anders als Carrie konnte sie es sich nicht leisten, auf die Universität zu gehen.
Ihr einziger Lichtblick war Carries achtzehnter Geburtstag, der standesgemäß auf Gut Penvarnon gefeiert werden sollte. Sogar Simon würde kommen. Man sah ihn nicht oft, seit er zwei Jahre zuvor nach Cambridge gegangen war. Und obwohl Carrie es nicht zugeben wollte, wusste Rhianna, wie weh ihrer Freundin diese Trennung tat. Deshalb hoffte sie inständig, Simon würde wenigstens ohne weibliche Begleitung auf der Feier erscheinen.
Carrie trug ein zauberhaftes Kleid aus aquamarinfarbenem Chiffon, während Rhianna sich für ein schlichtes, schmal geschnittenes schwarzes Seidenkleid entschied, das sie in einer Second-Hand-Boutique gekauft hatte. Glücklicherweise fand sie noch günstige Stilettos dazu, die wie für sie geschaffen waren.
Gerade als sie sich zum Haupthaus aufmachen wollte und einen letzten unsicheren Blick in ihren Spiegel warf, platzte Tante Kezia in Rhiannas Zimmer.
„Eine der Kellnerinnen verspätet sich“, verkündete sie und musterte ihre Nichte unwillig. „Ich habe Mrs. Seymour zugesagt, dass du aushelfen wirst.“
Erschrocken drehte Rhianna sich um. „Aber das geht nicht! Carrie hat mich als Gast zu ihrer Party eingeladen, das weißt du doch. Ich habe mir extra dieses Kleid gekauft.“
„Ja, echte Geldverschwendung.“ Die alte Dame warf das durchgehend geknöpfte dunkelblaue Dienstkleid mit der weißen Schürze, das sie über dem Arm trug, auf Rhiannas Bett. „Dann kannst du dich heute Abend eben nicht wie ein Pfau produzieren. Und jetzt zieh dich an, und binde dir die Haare zurück! Die ersten Gäste werden bald hier sein.“
Die Tür fiel laut ins Schloss, und Rhianna
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