Liebst du mich wirklich, Raoul
Wie würde sie sich fühlen, wenn sie erfährt, dass du mit der Tochter ihrer Rivalin schläfst? Einander zu begehren, rechtfertigt doch nicht jedes rücksichtslose Verhalten.“ Verkrampft biss sie sich auf die Unterlippe. „Würdest du jetzt bitte gehen? Ich möchte allein sein.“
„Pech für dich, denn ich werde ganz sicher nirgendwohin gehen.“ Entschlossen zog er sie zurück in seine Arme und fluchte leise, als er ihren ablehnenden Gesichtsausdruck bemerkte. „Keine Angst, mein Schatz. Ich habe nicht vor, gleich noch einmal mit dir zu schlafen. Ich will dich nur im Arm halten, und du siehst aus, als könntest du das ebenfalls gebrauchen.“
Damit hatte er recht, und plötzlich war alles zu viel für Rhianna. Sie drehte den Kopf, presste ihr Gesicht an seine warme Schulter und schmeckte schon die salzigen Tränen, die ihr still über das Gesicht liefen.
9. KAPITEL
Während Rhianna weinte, strich Raoul ihr mit einer Hand über die Haare und flüsterte ihr auf Spanisch beruhigende Worte zu. Sie fühlte sich seltsam geborgen bei ihm, und ihr wurde richtig kalt, als er sie nach einer Weile sanft zurück in die Kissen legte.
„Ich werde dir Wasser holen“, sagte er und erschrak, als er aufstand und den verräterischen Fleck auf dem Bettlaken bemerkte.
„Entschuldige“, murmelte Rhianna verlegen.
„Warum solltest du dich entschuldigen?“, erwiderte er lächelnd und drückte ihr einen sanften Kuss auf den Kopf. „Ich bin derjenige, der sich wie der größte Bastard auf Erden fühlt!“
„Sei mir nicht böse, aber ich wäre jetzt wirklich gern ein wenig allein.“
„Verstehe.“ Raoul dachte kurz nach. „Aber es ist noch nicht vorüber, Rhianna. Wir beide haben eine Menge zu besprechen, das hast du selbst gesagt.“
„Aber das war doch, bevor du es … Was solltest du jetzt noch von mir wissen wollen?“, fragte sie abwehrend.
„Etwas ganz Simples“, gab er zurück. „Man bezeichnet es im Allgemeinen als Wahrheit .“
An der Tür blieb er kurz stehen und warf ein Lächeln über die Schulter. „Wir reden gleich weiter“, versprach er mit Nachdruck.
Sobald sie allein war, ging sie unter die Dusche und wusch sich ihren erhitzen, kribbelnden Körper mit lauwarmen Wasser ab. Anschließend zog sie sich ein kaffeebraunes Leinenkleid über, kuschelte sich in eine Ecke ihres Sofas und wog ihre Möglichkeiten ab.
Viele hatte sie allerdings nicht. Raoul wollte die Wahrheit wissen, aber was sollte das nützen, nachdem die Hochzeit ohnehin schon vorüber war.
Vor allem war er nun felsenfest davon überzeugt, dass sie weder Simons Geliebte gewesen war noch schwanger von ihm sei. Warum reichte diese Gewissheit nicht? Was wollte Raoul denn noch?
Schließlich hatte sich nichts zwischen ihnen geändert. Dort draußen gab es noch immer ein todtrauriges, verbittertes Mädchen, das ihre Hilfe benötigte, ganz gleich wie leid Rhianna die ganze Situation inzwischen war. Wie wütend und betroffen sie sein mochte.
„Donna“, flüsterte sie kaum hörbar. „Donna Winston. Himmel, ich wünschte, ich wäre ihr niemals begegnet. Hätte niemals etwas von ihrer Existenz erfahren.“
Damals passte natürlich alles perfekt zusammen. Die junge Schauspielerin hatte gerade die Rolle der Gouvernante Martha Webb in Castle Pride ergattert, und wollte unbedingt aus der lauten Wohngemeinschaft mit drei anderen jungen Frauen ausziehen. Da Rhianna über ein freies Zimmer verfügte, hatte sie es Donna für den Übergang angeboten, damit diese sich in Ruhe eine eigene Bleibe suchen konnte.
Zuerst hatte das Zusammenleben relativ gut funktioniert. Donna war ebenfalls ein Einzelkind, und so achteten die beiden instinktiv darauf, dem anderen genügend Freiraum zu lassen. Allerdings fand Rhianna ziemlich schnell heraus, dass ihr die etwas jüngere Donna nie eine echte Freundin werden würde. Sie war einfach zu unselbstständig, beschwerte sich ständig über ihr Heimweh und telefonierte stundenlang mit ihren Eltern.
Eines Tages nach einer besonders anstrengenden Probe gingen sie zusammen in die nahe gelegene Pizzeria, weil sie beide zu müde waren, sich in der Wohnung selbst etwas zu kochen. Gerade als sie mit ihrem Essen fertig waren, hörte Rhianna neben sich eine vertraute Stimme.
„Meine Güte, Rhianna! Schön, dich hier zu sehen!“ Simon grinste sie an.
Das Kompliment konnte sie leider nicht zurückgeben. Sie war ihm mehrmals begegnet, wenn sie Carrie in Oxford besuchte, und akzeptierte widerwillig, dass die beiden so
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