Liebst du mich wirklich, Raoul
lediglich, dass ich nicht früher von deiner Unschuld wusste. Denn dann hätte ich einiges anders gemacht.“
„Na ja, nun ist es ja vorbei. In ein paar Stunden haben wir Spanien erreicht, und ich fliege von dort zurück.“
Er lächelte herausfordernd. „Wenn du mir Gelegenheit dazu gibst, verspreche ich dir beim nächsten Mal noch mehr Erfüllung und Spaß!“
Auch Rhianna sehnte sich schon wieder nach körperlicher Nähe zu Raoul. Es gab noch so vieles, was sie gern mit ihm ausprobieren wollte, was sie sich unzählige Male in ihrer Fantasie ausgemalt hatte. Aber diesem Wunsch nachzugeben bedeutete nur Kummer, denn Rhianna wollte ihn für immer. So simpel war das – und ebenso unmöglich.
Ob Donna dasselbe für Simon empfindet? überlegte sie. Rhianna konnte nicht umhin, Mitleid mit der jungen Frau zu haben, ganz gleich, was diese sich alles geleistet hatte.
Auch Raoul würde sich nehmen, was ihm angeboten wurde, und dann allein seinen Weg weitergehen. Wenigstens war er ehrlich und gab keine Versprechen, die er nicht zu halten gedachte.
Er begehrt mich, dachte sie, aber er spricht niemals von Liebe. Irgendwie muss ich mich davor schützen, dass der gemeinsame Sex uns für immer aneinander bindet. Das könnte ich nicht aushalten!
Mit einem Ruck zog sie ihre Hand aus seiner und lehnte sich zurück. „Ich denke: nein, aber trotzdem danke. Du hast mir dabei geholfen, eine schöne Erfahrung hinter mich zu bringen, ohne störende emotionale Verwicklungen.“ Sie atmete durch. „Bitte hab kein schlechtes Gewissen, nur weil du die Erde nicht zum Beben gebracht hast! Unter den gegebenen Umständen war das ohnehin unwahrscheinlich. Aber meine Neugier ist endlich befriedigt, und in Zukunft habe ich eine Vorstellung davon, was mich erwartet. Und das reicht mir erst mal.“ Gleichgültig hob sie die Schultern. „Der Rest kann warten, bis ich mich verliebe.“
Stille folgte, und Raoul starrte Rhianna ausdruckslos an. „Wie nett. Wie passend.“
Seine Stimme klang verzerrt, und Rhianna sah schnell zur Seite.
„Ich nehme an, das Chaos und all die Ereignisse der letzten Monate haben dafür gesorgt, dass ich mir vorerst Ruhe und Verlässlichkeit für mein Leben wünsche“, erklärte sie. „Tut mir leid, aber ich bin nicht auf der Suche nach neuen Komplikationen.“
„Das muss dir nicht leidtun“, sagte er heiser und zuckte seinerseits die Achseln. „Es ist deine Entscheidung, dagegen kann ich wohl kaum etwas sagen. Aber ich hoffe, du akzeptierst wenigstens einen Abschiedkuss von mir, wenn die Zeit gekommen ist?“
„Wieso nicht?“ Sie trank noch einen kräftigen Schluck Sangria. Im Stillen nahm sie sich vor, so etwas niemals wieder zu trinken, denn es würde immer genau diesen Moment in ihrem Geist heraufbeschwören. Trauer und Abschied, weil nicht sein konnte, was nicht sein durfte …
Dieses Mal tue ich das Richtige, beschwor sie sich und verzweifelte gleichzeitig innerlich an diesem Gedanken.
„Mir ist klar, dass wir uns vielleicht nicht wiedersehen werden“, sagte Rhianna leise. „Aber mir wäre lieb, wenn wir als Freunde auseinandergehen. Wenn das möglich ist.“
„Nette Idee“, antwortete er gedehnt. „Aber unter diesen Umständen ziemlich unwahrscheinlich.“ Damit leerte er sein Glas und schob seinen Stuhl zurück. „Und wenn du schon schauspielerst, dann studiere wenigstens deine Rolle überzeugend ein! Wir sehen uns später.“
Zum Dinner gab es Paella, und Enrique hatte sich mal wieder selbst übertroffen. Seinem stolzen Lächeln nach war er sich dessen auch bewusst. Leider schmeckte für Rhiannas Empfinden alles fad und neutral, so sehr lenkte sie ihre innere Unruhe ab.
Sie hatte ein schweigsames Essen erwartet. Nachdem sie Raoul eine Absage erteilt hatte, was gab es da noch großartig zu reden? Aber sein männlicher Stolz schien keinen Schaden genommen zu haben.
Gut gelaunt und unterhaltsam plauderte er vor sich hin und beschränkte sich dabei auf recht allgemeine Gesprächsthemen. Er machte es Rhianna leicht, in das Geplänkel einzusteigen, und so entspannte sie sich relativ schnell.
Zwischendurch, wenn Raoul sich auf sein Essen konzentrierte, beobachtete Rhianna ihn heimlich. Jedes Detail seines tief gebräunten, wunderschönen Gesichts prägte sie sich ein, damit es auf ewig in ihrem Bewusstsein gespeichert war. So konnte sie ihre heimlichen Erinnerungen verwahren und hervorholen, wenn sie einsam und traurig war.
„Sag mal“, begann er und schenkte Rhianna einen Kaffee
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