Liebst du mich wirklich, Raoul
Donna Winston ist bald vergessen.“
„Aber ich kann es nicht vergessen“, antwortete Rhianna verbittert. „Sie tritt fast jeden Tag im Fernsehen auf und wirbt für ihre Liebe und für die Sicherheit ihres ungeborenen Kindes. Und ich bin für alle Welt das Ungeheuer.“
„Hast du deine Freundin in Cornwall mal erreicht?“
„Leider nicht. Ich habe versucht anzurufen, aber sie lassen mich nicht mit ihr reden.“ Betrübt starrte sie in ihre Tasse. „Manchmal glaube ich, man würde mich am liebsten auf offener Straße steinigen. Zum Glück kann ich bei den Jessops bleiben, solange die Reporter mein Apartment belagern, aber auf Dauer muss ich mich besser verstecken.“
„Solange du in sechs Monaten wieder auftauchst“, wandte Daisy ein. „Da wirst du nämlich als Patentante gebraucht.“
„Was?“ Für einen Moment vergaß Rhianna ihre eigenen Sorgen. „Ist das wahr? Oh Daisy, meine Liebe! Das ist ja wunderbar!“ Sie zögerte kurz. „Hat Rob deshalb …“
„… in Panik das Weite gesucht?“, vollendete Daisy Rhiannas Satz. „Selbstverständlich. Mein geliebter Dummkopf hat mit einem Mal eine Zukunft vor sich gesehen, die ihn total überfordert. In der nicht mehr seine Arbeit im Mittelpunkt steht, sondern eine Familie, die er versorgen muss. Er ist den ganzen Weg nach Norden zu seinen Eltern gefahren, hat seinen Wahnsinn eingesehen und kam umgehend zurück.“ Sie musste lachen. „Jetzt träumt er von einem Golden Retriever und einem Häuschen im Grünen.“
Es dauerte einen Sekundenbruchteil, dann gab sich Rhianna dem ersten Lachanfall seit langer Zeit hin. „Ach, Rob ist einfach unbezahlbar!“
Sie lächelte noch immer vor sich hin, als sie das Haus der Jessops betrat. Mrs. Jessop wartete schon im Flur auf Rhianna.
„Du hast Besuch“, verkündete sie aufgeregt. „Eine Lady. Sie wartet im Wohnzimmer.“
Carrie! schoss es Rhianna durch den Kopf, doch als sie die Tür öffnete, stand eine Dame mit silbergrauem Haar am Fenster und sah hinaus. Sie trug eine graue Hose mit einer passenden Seidenbluse, und über ihrer Schulter hing eine korallenfarbene Strickjacke.
Zuerst glaubte Rhianna, Moira Seymour vor sich zu haben, doch dann drehte die Frau sich um und lächelte sie an. Verhalten, aber dennoch freundlich.
„Du bist also Graces Tochter“, sagte sie mit klarer Stimme. „Dann lernen wir uns doch noch kennen.“
Himmel! dachte Rhianna überrascht, und ihr Hals wurde trocken. Es ist Raouls Mutter!
„Mrs. Penvarnon?“, stieß sie hervor. „Damit habe ich nicht gerechnet. Was machen Sie hier. Wie haben Sie mich gefunden? Ich verstehe das nicht!“
„Um ehrlich zu sein, habe ich gehofft, du müsstest es auch nie“, gab die ältere Dame zurück. „Aber nachdem Raoul mir die Fotos geschickt hat, die er in deinem Zimmer fand, und eine Erklärung verlangte, blieb mir keine andere Wahl.“
„Die Fotos?“ Wie hatte sie die nur vergessen können? „Wieso hat er sie Ihnen geschickt? Die meisten davon waren doch von seinem Vater.“
„Ja, die meisten, aber eben nicht alle“, korrigierte Mrs. Penvarnon sie.
„Nun ja, da waren noch ein paar Bilder von Mrs. Seymour und welche von ihr mit ihrem Mann. Aber ich begreife nicht …“
„Nein“, unterbrach Raouls Mutter sie. „Es war nicht Moira mit ihrem Mann. Diese Bilder zeigten mich – mit meinem Liebhaber.“
„Sie?“ Rhianna war für einen Augenblick sprachlos. „Sie hatten eine Affäre?“
„Ja. Mit meinem Schwager Francis Seymour. Er und Moira waren nach Penvarnon gekommen, nachdem ich krank wurde, um mich zu unterstützen, wenn Ben fort war. Abends hat Francis mir vorgelesen oder mit mir zusammen Radio gehört. Nach und nach hat sich unser Verhältnis zueinander … verändert. Es war keine oberflächliche Sache“, versicherte sie mit Nachdruck. „Wir waren beide unglücklich verheiratet und haben uns unsterblich ineinander verliebt. Obwohl das natürlich keine Entschuldigung für den Schaden ist, den wir angerichtet haben.“
„Aber Sie saßen doch im Rollstuhl!“
„Anfangs, ja. Aber mein Zustand besserte sich über die Monate, und dann hatte ich meine Gründe, den Schein aufrechtzuerhalten.“ Sie machte eine Pause. „Wollen wir uns setzen?“, fragte sie. „Was ich zu sagen habe, dauert eine Weile.“
„Gern“, stimmte Rhianna zu und war gespannt darauf, was Raouls Mutter ihr noch eröffnen würde.
„Erstens hat mein Mann mich nicht wegen deiner Mutter Grace verlassen, sondern wegen ein paar Fotos, die
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