Liebster Mitbewohner
vorbeischob und in unser Zimmer verschwand.
„Habt ihr… geduscht?“
„Ja, nachdem wir es wild auf dem Badezimmerboden getrieben haben. Danach brauchten wir dringend eine Erfrischung.“ Ich hörte ein Grunzen aus Felix‘ Zimmer, das ein bisschen wie Schluckauf klang und dann in ein Husten überging.
Leon sah aus, als wüsste er nicht, ob er lachen oder sich übergeben sollte. „Das ist ein Scherz, oder?“ Doch sein Lächeln wirkte unsicher.
Ich setzte eine bedauernde Miene auf, was mir nicht leicht fiel. Ich musste die Sache schnell hinter mich bringen, sonst würde ich doch wieder zu heulen anfangen. „Leider nein. Was glaubst du, warum Felix mich so stürmisch weggeschleift hat?“ Ich seufzte tief. „Er ist wie ein Tier, hat sich einfach nicht unter Kontrolle. Ich weiß, ich hätte es dir sagen sollen. Es ist auch nicht so, als hätte ich gar keine Gefühle mehr für dich, aber…“
„Es ist ein Scherz, oder?“
Verdammt. „Geh einfach, Leon“, sagte ich mit aller Entschlossenheit, die ich aufbringen konnte. „Ich will dich nicht mehr sehen. Ich will keine Anrufe, keine SMSen. Es ist aus und daran ist nichts mehr zu ändern. Denn du kannst dich nicht ändern. Oder vielleicht kannst du, aber willst es nicht. Was weiß ich.“
„Maja…“
„Geh!“
„Was ist denn passiert? Eben waren wir uns noch einig, bis dieser Kerl dich weggeschleppt hat.“
„Wir waren einig, dass wir uns nicht einig sind! Du willst mich doch nur zurück, wenn ich mich ändere, oder? Sei ehrlich.“
„Ach Maja, zu einer Beziehung gehören immer zwei. Und es gehört auch dazu, dass man Kompromisse eingeht, sich aufeinander zubewegt-“
„Hier geht es aber nicht darum, dass ich die Spülmaschine nicht ausräume, Partys veranstalte ohne dir Bescheid zu sagen oder deinen Geburtstag vergesse. Es geht um mich und wer ich bin, begreifst du das nicht, Leon? Das ist nichts, was ich abstellen könnte, selbst wenn ich es wollte. Es gehört zu mir wie meine etwas zu große Nase oder de Cellulite an meinen Oberschenkeln. Und deshalb wolltest du mich jedenfalls noch nie zum Schönheitschirurgen schicken.“
Ich sah förmlich, wie es hinter Leons Stirn arbeitete. Wenn die Situation nicht so traurig gewesen wäre und ich nic ht schon wieder darum kämpfen müsste, meine Tränen zurückzuhalten, hätte ich lächeln müssen. Einserabitur, beide Staatsexamen überdurchschnittlich gut bestanden, aber das hier ging einfach nicht in seinen Kopf rein. Das war es wohl, was man emotionale Intelligenz nannte. Hatte Elena das nicht mal in der Cosmopolitan gelesen?
„Bitte geh jetzt“, flüsterte ich.
Leon zögerte. Dann nickte er kurz, drehte sich um und ging zu Tür. Dort blieb er stehen und sah sich nach mir um. „Ich wollte nicht, dass es so kommt. Ich hab dich wirklich gern.“
Ich nickte nur. Sprechen konnte ich nicht.
„Tschüss, Maja.“ Die Tür schloss sich mit einem leisen Klacken hinter ihm.
Ich starrte auf die Stelle, an der ich meinen Ex-Freund wahrscheinlich zum letzten Mal gesehen hatte. Meine Kehle war trocken, jedes Schlucken schmerzte. Ich versuchte krampfhaft, den Sturzbach, der hinter meinen Augen lauerte, nicht loszulassen.
„ Cellulite?“
Ich drehte den Kopf.
Felix stand im Türrahmen unseres Zimmers. „Hast du doch gar nicht.“
„Doch“, flüsterte ich. „Ein bisschen schon.“ Und die erste Träne bahnte sich ihren Weg über meine Wange.
Felix kam auf mich zu. Kurz stand er einfach nur da, dann breitete er die Arme aus und drückte mich fest an sich. „Macht aber nichts. Du siehst trotzdem toll aus.“
Ich presste meine Wange gegen sein T-Shirt und weinte.
Kapitel 8
Auch am nächsten Tag musste ich arbeiten. Leider hatte Elena ihren einzigen freien Tag, so dass ich ihr nicht von Leons Besuch erzählen konnte. Also schrieb ich ihr in einem unbeobachteten Moment eine SMS: L war da. Hätte fast nachgegeben, aber F hat mich kalt abgeduscht. Hab L weggeschickt und Fs Shirt vollgeheult.
Oder zumindest dachte ich, dass es ein unbeobachteter Moment war: „Maja!“
Mein Kopf schoss hoch. Frau Schneiders dürrer, schlammbrauner Körper kam auf zehn-Zentimeter-Absätzen auf mich zugestakst. Wo kam die denn her? Vor fünf Sekunden hatte ich ihre schrille Stimme noch im ersten Stock mit Patrick flirten hören.
Sie blieb vor der (leeren!) Kasse stehen und streckte mir auffordernd die Hand entgegen.
Ich starrte blöd. Was wollte sie haben? Tesafilm? Die Schere? Eine Seele?
„Ihr
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