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Liebster Mitbewohner

Liebster Mitbewohner

Titel: Liebster Mitbewohner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fiona Winter
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jetzt wirklich runter zur Bahn. Es ist kalt hier draußen.“
    „Ist gut, also es gibt dann Gulasch, wenn du ankommst. Ich freue mich!“
    „Bis später“, bibberte ich und stakste mit steifen Beinen die Stufen hinunter.
     
    Schon in der U-Bahn bekam ich Zweifel, ob ich wirklich zu meinen Eltern fahren sollte. Die letzten Male war ich zwar immer voller Vorfreude hin-, aber voller Ernüchterung heimgefahren. Ich konnte selbst nicht genau sagen, woran das lag. Wenn ich an meine Eltern dachte, erinnerte ich mich an meine Kindheit: An das leckere Essen, das meine Mutter gekocht hatte; an ein warmes Wohnzimmer im Winter; an den Duft des Räuchermännchens in der Vorweihnachtszeit; an einen bunten Geburtstagskuchen und viele Geschenke.
    Wenn ich dann in dem kleinen Bauernhäuschen ankam, das meine Eltern vor drei Jahren gekauft hatten und das nichts mit der Vierzimmerwohnung gemein hatte, in der ich aufgewachsen war, legte sich die Euphorie meist schnell. Dann nervte mich, dass immer zur selben Zeit zu Abend gegessen wurde, dass meine Mutter mich wie ein Kind bediente, mein Vater mein Studium nicht erst nahm (egal, was es gerade war), sie den Kaffee noch immer mit Hand filterten weil er so angeblich besser schmeckte und so weiter und so fort.
    Ich zweifelte weiter , als ich am Bahnhof aus der U-Bahn stieg, mir ein Zugticket kaufte und mich schließlich auf einen Fensterplatz im Regionalexpress fallen ließ.
    Ob es allen erwachsenen Kindern so ging? Hatten sie alle dieses seltsam ambivalente Verhältnis zu ihren Eltern? Wünschten sie sich auch einerseits, dass alles genau so sein könnte wie früher und fanden genau das andererseits total nervig?
    Elena schien normalerweise relativ entschieden in ihrer Meinung über ihre Mutter. Auch Daniel kam nicht wirklich gut mit seinen Eltern aus. Von Felix ganz zu schweigen. Was ich bisher mitbekommen hatte, schien sein Vater ihn beruflich gesehen ja ziemlich unter Druck zu setzen.
    Warum schien ich die einzige in meinem Umfeld zu sein, die sich in Krisensituationen und an Feiertagen noch immer die Geborgenheit ihrer Eltern wünschte? War ich in meiner Entwicklung irgendwie zurückgeblieben?
    In diesem Moment klingelte mein Handy. Es war Daniel. Ich drückte ihn weg. Wahrscheinlich hatte Felix ihn gebeten, mich anzurufen, weil der Feigling sich selbst nicht traute.
    Ich steckte mir die Stöpsel meines mp3-Players in die Ohren und schloss die Augen. So döste ich den Rest der Fahrt halb vor mich hin und dachte erst wieder an das Verhältnis zu meinen Eltern, als die Durchsage das baldige Erreichen meines Zielbahnhofs ankündigte.
    Ich nahm mir ein Taxi zum Haus meiner Eltern. Soweit das Auge reichte, sah man nur Land, Land und nochmals Land. Ein paar Häuser und Menschen, aber noch viel mehr Kühe und Schafe. Der Anblick deprimierte mich immer ein wenig. Denn er erinnerte mich daran, dass dies nicht der Weg zu meiner elterlichen Wohnung war, in der ein Großteil meiner Kindheit stattgefunden hatte. In diesen Momenten konnte ich nicht anders, als ein wenig wütend auf meine Eltern zu sein.
    Meine Mutter musste das Taxi gehört haben, denn sie steckte den Kopf aus dem Küchenfenster als wir vorfuhren. Ihre dunklen Dauerwelle-Locken bewegten sich im Wind. Das Häuschen war zweistöckig, allerdings mit kaum zwanzig Quadratmetern pro Stockwerk. Von außen erfüllte es perfekt das verbreitete Klischee eines Häuschens auf dem Lande: Weiß gestrichene Front mit Blumenkästen vor dem Fenster und dunkelroten Ziegeln.
    Meine Mutter winkte wie wild, während ich den Taxifahrer bezahlte und ausstieg.
    Noch bevor ich die Haustür erreichte, öffnete sie sich bereits von innen und meine Mutter zog mich in eine Umarmung. „Du hast ja gar nichts an“, sagte sie scheltend, als sie mich um Armeslänge von sich wegschob und betrachtete.
    „Lange Geschichte“, nuschelte ich und schob mich an ihr vorbei ins Warme.
     
    Meine Mutter hatte wie versprochen gekocht . Während des Essens sprach sie hauptsächlich von meinem Vater und dass es Zeit wurde, dass dieser endlich in Rente ging. Beim Nachtisch wechselte sie das Thema und erzählte von Nachbarn, die ich noch nie persönlich getroffen hatte, aber alle haargenau aus den Erzählungen meiner Mutter kannte.
    Erst , als wir drei Stunden nach meiner Ankunft Kaffee tranken und meine Mutter selbstgebackenen Kuchen aus dem Gefrierschrank holte und in den Backofen schob, wandte sich das Gespräch mir zu.
    „Wie geht’s Leon?“
    Ich hatte meinen Eltern

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