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Lied aus der Vergangenheit

Lied aus der Vergangenheit

Titel: Lied aus der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Forna
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ein abruptes leises Lachen aus.
    Adrian lacht nicht. Er fährt fort: »Der Dekan empfahl Ihnen, zu kooperieren …«
    Der alte Mann unterbricht ihn. »Ich erzählte Johnson, was ich wusste, was ohnehin nichts von Belang war.«
    »Aber Sie sagten, Sie hätten ihm da schon alles gesagt. Sie hätten nichts verschwiegen.«
    »Ich habe mich bemüht. Johnson war ein sturer Mensch. Bis der Dekan intervenierte, wollte er mir nicht glauben.«
    Adrian bohrt weiter, sanft, aber beharrlich. Er hat noch nie so mit Elias Cole gesprochen, hat noch nie sein Wort angezweifelt. »Als wir über jene Ereignisse sprachen – oder, besser gesagt, als Sie mir erzählten, was damals geschah –, verwendeten Sie einen sehr spezifischen Ausdruck. Sie verwendeten das Wort ›arrangieren‹. Der Dekan sagte, es käme für Sie nur darauf an, sich mit Johnson zu arrangieren.«
    »Ja.«
    »Lediglich das zu wiederholen, was Sie Johnson bereits gesagt hatten, dürfte für ein ›Arrangement‹ irgendwie nicht ganz ausgereicht haben. Er wollte doch mit Sicherheit etwas mehr. Wie Sie sagten, war er ein stolzer Mann. Ein konkretes Zeichen seines Erfolgs wäre ihm bestimmt wichtig gewesen.«
    Elias Cole schweigt. Er schürzt die Lippen, wendet das Gesicht von Adrian ab. Er hebt die Plastikmaske, hält sie sich an Mund und Nase und atmet ein. Endlich spricht er. »Der Dekan bat mich, Johnson meine Notizhefte zu überlassen. Ich schrieb damals fast alles auf, was ich erlebte. Das habe ich Ihnen schon erzählt. Das waren keine Tagebücher in dem Sinne, eher private Notizen, Gedächtnisstützen. Da standen Uhrzeiten, Daten, Orte, Personennamen. Ich führte Buch über Julius’ und Saffias Aktivitäten. Das war einfach so meine Gewohnheit. Ich hatte mir etwa notiert, wie ich ihn zum ersten Mal gesehen hatte, wie er zu den Studenten sprach – obwohl ich dieses eine Mal natürlich im Auftrag des Dekans dort war. Auch über das erste Dinner bei den beiden zu Hause. Darüber, wie Julius einen Toast auf den ersten Schwarzen auf dem Mond ausbrachte. Dieselben Worte, die später in dem Leitartikel erschienen. Ich glaube, ich hatte sogar notiert, welche Musik an dem Abend lief. Es stand alles da. Johnson stürzte sich natürlich förmlich darauf.«
    »Und das war der Grund, warum man Sie dann freiließ?«
    »Ja. Das war der Grund, warum man mich freiließ. Und auch der Grund, warum man Julius weiter festhielt. Die Polizei glaubte, sie hätte einen konkreten Anhaltspunkt. Wären diese Hefte nicht gewesen, hätte man ihn nicht noch tagelang festgehalten.«
    »Sie haben mir gesagt, dass Sie auf Julius wütend waren – wegen der Lage, in der Sie sich befanden.«
    »Es war eine äußerst belastende Erfahrung. Sie haben sich noch nie in einer solchen Situation befunden: Sie können das doch gar nicht beurteilen!«
    Adrian bleibt stumm, die Finger auf den Lippen, und betrachtet Elias Cole.
    Elias Cole wendet den Blick ab, starrt auf die leere Wand. Er sagt voller Bitterkeit: »Julius tat so, als wäre er mein Freund. Andauernd schaute er bei mir vorbei, lud mich zu einer Spritztour ein. Wir gingen zusammen ins Spielkasino. Er hat sich mein Arbeitszimmer ausgeborgt, meine Schreibmaschine. Und er hat mir nie genug vertraut, um mir etwas davon zu sagen.«
    »Er hat Sie verraten?«
    »Genau.«
    »Aber Sie haben währenddessen doch ihn verraten.«
    So schnell, dass es geradezu von Adrians Worten abprallt, entgegnet der alte Mann: »Julius’ Verrat an mir war weit schlimmer!«
    Mamakay steht auf und geht mehrere Schritte über die Veranda. Barfuß, lautlos. Sie nimmt die Klarinette in die Hand, legt die Finger auf die Klappen. Mondlicht spiegelt sich auf dem polierten Silber. Sie trägt einen im Nacken geknoteten Sarong. Sie legt die Klarinette wieder hin und kehrt zu Adrian zurück. Ihr Gesicht ist angespannt und nachdenklich, sie zupft sanft an ihrer Unterlippe, während sie sich alles, was er ihr gesagt hat, noch einmal durch den Kopf gehen lässt. Einen Augenblick später steht sie wieder auf. Adrian wartet.
    Er hat es riskiert, ihr das heutige Gespräch mit Elias Cole zu referieren, dessen Geständnis, das er als einen kleinen Durchbruch wertet. Auch wenn er es sich vielleicht nicht eingestehen mag, will er sie aufrütteln. Er will an sie herankommen. Er will erreichen, dass sie über ihn und niemanden sonst nachdenkt, will ihr zeigen, zu was er imstande ist. Er will für sie wichtig sein.
    Sie verschwindet nach unten und kommt mit zwei Bier zurück, gibt ihm

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