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Lied aus der Vergangenheit

Lied aus der Vergangenheit

Titel: Lied aus der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Forna
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gestehen konnte, da ich in nichts verwickelt war. Dieser Spielzug stand mir also nicht offen. Ich habe den einzigen möglichen Weg gewählt.«
    »Natürlich«, sagt Adrian. »Das verstehe ich vollkommen. Bleiben wir zunächst bei dem Spiel. Sehen Sie, es geht dabei um Fragen wie Eigennutz und Verrat. Wenn Gefangener A sich dafür entscheidet, in seinem Eigeninteresse zu handeln, gewinnt er.«
    »Aber nur, wenn der andere Gefangene nicht das Gleiche tut.«
    »Ganz genau: Wenn der andere Gefangene das ebenfalls tut, verlieren beide. Es sei denn natürlich, Gefangener A weiß, dass Gefangener B ihn höchstwahrscheinlich nicht verraten wird. Das bringt ihn in eine starke Position. Es ist wirklich sehr faszinierend. Nicht nur Mathematiker und Philosophen interessieren sich für die Resultate. Auch Wirtschaftswissenschaftler. Unternehmen, die das gleiche Produkt anbieten, was weiß ich, Limonade oder Hundefutter. Sie müssen sich entscheiden, was für sie besser ist: Preisabsprache oder Konkurrenzkampf.«
    Elias Cole grunzt. Sein Blick huscht über Adrian hinweg und heftet sich an das Fußende des Bettes.
    Adrian steht auf und stellt sich in seine Blickrichtung. »Es gibt verschiedene Variationen des Spiels. In der beliebtesten spielen zwei Personen wiederholt gegeneinander. Auf diese Weise erfahren sie, wie sich der Gegner jeweils entschieden hat. Sie verstehen.«
    »Ich verstehe durchaus, doch mir ist nach wie vor schleierhaft, worauf Sie eigentlich hinauswollen. Ich habe nichts Unrechtes getan, außer Johnson das zu geben, wonach er verlangte, und das waren einige wenige Informationen. Ich habe nicht gelogen oder Beweise gefälscht. Johnson war Polizeibeamter.«
    »Aber Sie wussten, was für ein Mensch er war.«
    »Er war Polizeibeamter, Herrgott!«
    »Wie ich gerade sagte, spielen bei dieser bestimmten Variante dieselben Personen beliebig oft gegeneinander. Sie lernen so mit der Zeit einzuschätzen, wie der Gegner wahrscheinlich handeln wird, aber sie bekommen außerdem die Gelegenheit, einen Verrat – in einer späteren Runde – zu bestrafen. Dadurch ändert sich die Situation einschneidend.«
    Cole sagt dazu nichts, er beobachtet Adrian. Adrian schaut direkt in die Leere seines Blicks.
    »Sagen wir also, wir sprechen tatsächlich von Ihnen und Julius. Könnte es sein, dass Sie ihn für einen Verrat bestraften – einen, den er bereits begangen hatte?«
    »Und welcher Verrat wäre das?«
    »Der, von dem Sie mir während unseres letzten Gesprächs erzählt haben. Dass er Sie nicht in bestimmte Aktivitäten einbezogen hat.«
    Elias Cole stößt ein kurzes, hartes, höhnisches Lachen aus. »Was? Dass er mich nicht an der Produktion irgendeines läppischen Untergrundblättchens beteiligt hat?«
    »Letztes Mal schien Ihnen das durchaus zu schaffen zu machen.«
    »Ich war wütend auf ihn, gerade weil er mich da hineingezogen hatte. Weil er mein Zimmer und meine Schreibmaschine benutzt hatte. Weil ich durch seine Schuld verhaftet wurde.«
    Adrian schweigt kurz. »Weil er Ihnen nicht genügend vertraut hatte, um Ihnen zu sagen, was wirklich vor sich ging. Sie glaubten, ihm näherzustehen, als es tatsächlich der Fall war. Und dann erkannten Sie Ihren Irrtum. Yansaneh, Kekura – das waren Julius’ wirkliche Freunde und Vertraute, nicht Sie.« Er treibt den alten Mann jetzt wirklich in die Enge. Vielleicht sollte er aufhören, aber er will nicht. Er wirft einen letzten Satz hin. »Also gaben Sie Johnson Ihre Notizhefte!«
    »Ja, ich gab Johnson meine Notizhefte. Aber nicht aus dem Grund, den Sie unterstellen. Sondern weil Johnson mich schikaniert und gedemütigt hatte.«
    »Fühlten Sie sich besser, nachdem Sie das getan hatten?«
    »Natürlich nicht!«
    Eine halbe Stunde später ist Adrian auf dem Weg zu seiner Wohnung, denkt dabei über Adecali und Elias Cole nach, zwei sehr unterschiedliche Gespräche. Er wagt kaum, es sich einzugestehen, aber es hat ihm ziemlichen Spaß gemacht, mit Elias Cole die Klingen zu kreuzen. Der alte Mann hat beteuert, Johnson seine Notizbücher auszuhändigen habe keinen Verrat dargestellt, und natürlich konnte er sich das einreden, zum Teil es vielleicht sogar wirklich glauben. Johnson war schließlich der Vertreter des Gesetzes, der Arm der Staatsgewalt. Aber Cole verschwieg etwas. Er hatte mit Johnson kooperiert, aber irgendetwas anderes, das um diese Zeit geschehen war, hatte ein Band geschaffen, das Jahre über das Ereignis hinaus fortbestanden hatte – was das anging, war sich Adrian

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