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Lied aus der Vergangenheit

Lied aus der Vergangenheit

Titel: Lied aus der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Forna
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das konnte ich ebenso gut zu Hause tun. Ich schloss meinen Füller, sammelte meine Papiere zusammen und überließ ihm das Zimmer.
    Aber ich ging nicht nach Hause.
    Der Regen hatte zwischenzeitlich aufgehört. Im letzten Licht des Tages kamen und gingen Leute auf ihrem Heimweg an mir vorbei, während ich gegenüber dem rosa Haus stand und eine Zigarette rauchte. Ich warf den Stummel in eine Pfütze, kramte in meiner Tasche nach dem Päckchen, zog eine weitere heraus und steckte sie an. Als ich die zweite Zigarette fertig geraucht hatte, überquerte ich, den Pfützen und Passanten ausweichend, die Straße. Ich stand vor der Haustür, mir dessen bewusst, dass ich noch immer umkehren konnte. In dem Moment hörte ich hinter der Tür deutlich ihre Stimme. Ich bekam Herzklopfen, sie so zu hören, so nah und nichts ahnend von meiner Anwesenheit. Ich fragte mich, mit wem sie sprechen mochte. Nicht mit Julius, der in meinem Arbeitszimmer saß, wo ich ihn zurückgelassen hatte. Ich meinte, etwas aus ihrer Stimme herauszuhören, was man als beherrschte Verzweiflung beschreiben könnte, den Ton, den eine Lehrerin gegenüber einem begriffsstutzigen Kind gebrauchte – oder in diesem Fall einem glücklosen Dienstboten. Ich hob die Faust an die Tür und klopfte. Die Schritte änderten ihre Richtung, und einen Moment später stand sie vor mir.
    »Elias!«
    Sie war überrascht, mich zu sehen, und dem Lächeln, das sie mir schenkte, war, auch wenn sie ihr Bestes tat, um es zu überspielen, ein flüchtiges Stirnrunzeln vorausgegangen. »Sie müssen entschuldigen«, sagte sie. »Wir räumen gerade ein bisschen um. Nur herein, nur herein!« Sie trat in den Flur zurück.
    Im Esszimmer war der Tisch mit Papieren und, wie ich vermutete, botanischen Präparaten bedeckt, teils in etikettierten Tüten, teils gepresst und auf Blätter geklebt. Auf dem Fußboden lagen Stöße von Büchern und Zeitschriften und ein Stapel Schneiderzubehör und Schnittmuster. Sie räume sich gerade eine Arbeitsecke frei, erklärte sie mir, während sie mich auf die Veranda führte, in der Hoffnung, ihre Doktorarbeit endlich fertigzustellen. Seit ihrer Rückkehr aus Großbritannien habe sie das immer wieder vor sich hergeschoben.
    Sie setzte sich auf die Kante eines Sessels, steckte die Hände zwischen die Knie und beugte sich mit mild erwartungsvoller Miene vor.
    »Julius ist also nicht da?«
    »Nein, tut mir leid. Ist er nicht. Er ist selten um diese Uhrzeit schon zu Haus. Wollten Sie ihn sprechen?«
    Indem ich keine Antwort gab, vermied ich es, lügen zu müssen. Sie nahm mein Schweigen als Bestätigung auf.
    »Ich würde Ihnen ja sagen, dass Sie ihn gern anrufen können, nur dass er bei dem momentanen Durcheinander im Institut kein eigenes Zimmer hat.«
    »Es ist nicht so wichtig. Ich kam nur zufällig vorbei.«
    »Sie dürfen gern auf ihn warten.«
    Ich sagte: »Ich halte Sie auf.«
    »Ach, ich bin froh über die Ablenkung. Was hätten Sie gern? Ein Bier?« Und sie verschwand im Haus.
    Als Saffia zurückkam, erkundigte sie sich nach Vanessa. Ich antwortete ihr, Vanessa gehe es gut, was vermutlich der Wahrheit entsprach. Wir unterhielten uns eine Zeit lang über unbedeutende Gegenstände. Irgendwann – ich erinnere mich nicht, wie wir darauf kamen – erzählte mir Saffia, sie habe kürzlich einen Fotoapparat erworben, und fragte, ob sie ein Bild von mir machen dürfe.
    »Natürlich«, erwiderte ich.
    Sie verließ den Raum, und als sie zurückkam, stand ich schon, wenn auch etwas befangen, bereit und überlegte, wo ich mich am besten platzieren sollte. Die Wahrheit ist, dass es mir Unbehagen bereitet, fotografiert zu werden. Ich kann der Erfahrung überhaupt nichts abgewinnen.
    »Hier.« Sie klopfte mit der Hand auf das Geländer. »Mit der Aussicht im Rücken.« Ich gehorchte und stellte mich ihr gegenüber auf.
    »So?« Ich setzte mir den Hut auf und schob ihn in den Nacken, warf mir das Jackett über die Schulter. Ein Versuch, witzig zu sein. Mitleiderregend, würde ich sagen. Sie lächelte nicht. Sie stand nur da und blickte mich an, die Kamera lose in den Händen. Ich wartete, verunsichert und aufgeregt zugleich. Die Nacktheit ihres Blicks, die Art, wie sie darauf verzichtete, die Kamera als Requisite oder als Distanzhalter einzusetzen, hatte etwas Kühnes. Schließlich schüttelte sie den Kopf. Ich stünde im Gegenlicht, sagte sie. Ich musste mich auf einen Sessel setzen.
    Ein, zwei Klicks des Verschlusses. Sie hielt inne und fummelte an dem Objektiv

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