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Life - Richards, K: Life - Life

Titel: Life - Richards, K: Life - Life Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Richards
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ich gerade erst mehrere Wochen mit ihm zusammen gespielt. Die Waage neigte sich zu seinen Gunsten. Am Ende gab aber nicht so sehr das Musikalische den Ausschlag. Ronnie war Engländer, das war der entscheidende Punkt! Wir sind eben eine englische Band, obwohl das heute nicht mehr so rauskommt. Und wir hatten damals alle das Gefühl, dass wir die Nationalität der Band bewahren sollten, immerhin hatten wir den gleichen Background. Ronnie und ich waren geborene Londoner, es gab also Gemeinsamkeiten, gemeinsame Wesenszüge. Wir blieben cool, wenn es stressig wurde, wie zwei alte Soldaten.
    Ronnie war verdammt gut für das Bandgefüge. Er brachte frischen Wind in die Bude. Wir wussten, was er draufhatte, dass er ein guter Musiker war, aber ein noch wichtigerer Punkt war, dass er einen unglaublichen Enthusiasmus entwickeln konnte und in der Lage war, mit jedem auszukommen. Mick Taylor war immer ein bisschen unlocker gewesen. Er hätte nie auf dem Boden gelegen und sich vor Lachen den Bauch gehalten. Ronnie hingegen tat genau das und strampelte dazu auch noch mit den Füßen in der Luft.
    Wenn man Ronnie dazu bringt, sich ruhig hinzusetzen, und ihm alle Flausen austreibt, so dass er sich mit jeder Faser konzentrieren kann, dann ist er ein unglaublich einfühlsamer Gitarrist. Manchmal kann er einen wirklich überraschen. Ich spiele immer noch gern mit ihm, sehr gern. Wir nahmen uns »You Got the Silver« vor, und ich sagte, ich kann das singen, aber ich kann nicht singen und gleichzeitig spielen. Du musst meinen Part spielen. Und er kriegte das dermaßen gut hin, dass es eine wahre Freude war. Er ist ein wunderbarer Slide-Gitarrist. Und er liebt die Musik von ganzem Herzen. So unschuldig, so rein, ohne jeden Hintergedanken. Er kennt seinen Beiderbecke, seine Musikgeschichte, er kennt seinen Broonzy, er steht auf festem Boden. Und er war perfekt geeignet für
die alte Kunst des »weaving«, bei der man die Rhythmus- nicht von der Leadgitarre unterscheiden kann, den Stil, den ich mit Brian entwickelt hatte, das alte Sound-Fundament der Rolling Stones. Die Trennung in Rhythmus- und Leadgitarre, wie wir es mit Mick Taylor angelegt hatten, schwand dahin. Du musst intuitiv mit dem anderen verbunden sein, damit das »weaving« klappt, und bei Ronnie und mir war das der Fall. »Beast of Burden« ist ein gutes Beispiel dafür, wie wir uns glückselig und augenzwinkernd die Bälle zuspielen. Also sagten wir, wir versuchen es mit ihm. Erst mal vorläufig, mal sehen, wie es läuft. Ronnie kam 1975 für die US-Tour an Bord, obwohl er offiziell noch kein Mitglied der Band war.
    Ronnie ist die formbarste Persönlichkeit, der ich je begegnet bin, ein wahres Chamäleon. Er weiß im Grunde selbst nicht, wer er ist. Er spielt kein falsches Spiel, er sucht einfach nach einem Zuhause. Er sucht verzweifelt nach brüderlicher Liebe. Er muss wissen, wo er hingehört. Er braucht eine Band. Ronnie ist ein sehr konventioneller Familienmensch. In letzter Zeit hatte er es ziemlich schwer - innerhalb weniger Jahre sind sein Vater, seine Mutter und seine beiden Brüder gestorben. Das ist hart. Sagt man ihm: »Hey, Ron, tut mir echt leid«, antwortet er: »Na ja, so ist das nun mal, jeder hat seine Zeit.« Manchmal lässt er einfach nichts raus. Ohne seine Mum fehlt Ronnie irgendwie der Kompass. Er war das Nesthäkchen, Mamas Junge. Ich bin genauso. Ronnie frisst alles in sich rein. Er ist ein zäher kleiner Drecksack, ein verdammter Flusszigeuner. Er stammt aus der letzten Sippe von Flussschiffern, die an Land kam, ein wahrhaft fantastischer Augenblick der Evolution; aber manchmal glaube ich, dass Ronnie seine Flossen noch nicht abgestreift hat. Vielleicht greift er deshalb immer wieder zur Flasche. Er mag’s einfach nicht trocken, er will zurück ins Feuchte.
    Ein Unterschied zwischen mir und Ronnie ist der, dass er es immer übertrieb. Er verfügte über keinerlei Selbstkontrolle. Ich
habe auch ziemlich viel getrunken, aber Ronnie trieb alles auf die Spitze. Ich kann aufwachen und mir einen Drink genehmigen, okay, aber Ronnie pflegte zum Frühstück einen White Cloud Tequila und Wasser zu sich zu nehmen. Er mochte kein reines Kokain, er nahm lieber Speed. Außer wenn er Kokainpreise dafür zahlte. Ich versuchte es ihm einzubläuen: Das ist kein Koks, das ist Speed. Die haben dir gerade Speed zu Kokainpreisen verkauft. Übrigens hielt ihn auch sein neuer Job nicht davon ab, diesen Gewohnheiten weiter zu frönen.
    Ich erinnere mich an ein denkwürdiges

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