LIGEIA - Ein erotischer Horrorthriller (German Edition)
verließ.«
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Evan hatte ein flaues Gefühl im Magen, als er durch den kalten nächtlichen Sand ging. Er war aufgeregt wegen des bevorstehenden Gesprächs. Eigentlich hatte er sich noch nie so sehr vor einer Unterhaltung gefürchtet. Er war noch nie gut darin gewesen, mit einem Mädchen Schluss zu machen, und dann hatte er Sarah kennengelernt. Es würde nicht einfach werden. Wie brachte man einer Sexgöttin schonend bei, dass man nicht länger an ihren Reizen interessiert war?
Insbesondere, wenn man in Wirklichkeit äußerst großes Interesse an ihr hatte.
Sich selber konnte Evan nichts vormachen. Er begehrte Ligeia wie eh und je. Und er wollte ganz gewiss nicht seine nächtlichen Spaziergänge an der Brandung entlang aufgeben – seit Jahren waren sie das wirksamste Mittel, um den Stress des Tages abzubauen. Aber … falls er die Hoffnung hegte, seine Ehe – im Grunde genommen Sarah – retten zu können, musste er damit aufhören. Es war wichtig, seine Frau nicht länger zu betrügen, und nachts, wenn sie am verletzlichsten war, für sie da zu sein. Dass er jeden Abend unterwegs war, hatte mit dazu beigetragen, dass sie Trost im Alkohol suchte. Evan war klar, dass er sie im Stich gelassen hatte, als die Krise am schlimmsten war. Er hatte ihr ausgerechnet dann den Rücken gekehrt, als sie seine Zuwendung am dringendsten brauchte.
Als sie durch San Francisco gelaufen waren, hatte er gesehen, wie die alte Sarah zurückkehrte. Die Sarah, in die er sich damals verliebt hatte. Der Sex mit ihr hielt dem Vergleich mit Ligeias sonderbar starker erotischer Anziehungskraft zwar nicht stand, aber er befriedigte ihn. Er konnte Ligeias Einfluss auf sich nicht abstreiten, doch er wollte jede Nacht mit seiner Frau zusammen sein, gemütlich (manch einer würde sagen: langweilig) in ihrem gemeinsamen Bett. Er wollte das vertraute Geräusch hören, mit dem sein Körper gegen ihren klatschte, und zwar in einem Rhythmus, den nur sie beide finden konnten. Er wollte ihren süßen Atem riechen, während sie in den Schlaf sank, Nacht für Nacht, und sich, wenn er um zwei Uhr morgens aus einem Traum aufschreckte, an ihren warmen Körper schmiegen.
Zwar versetzte Ligeia ihn in einen ekstatischen Zustand, den er niemals für möglich gehalten hätte, doch konnte Evan sich nicht vorstellen, dauerhaft mit ihr zusammenzuleben. Verdammt, er wusste noch nicht einmal, wo sie lebte. Er wusste nichts über sie, außer dass sie sang wie ein Engel und vögelte wie der Teufel. Er brauchte nur daran zu denken, wie ihr Körper seinen berührte, und schon bekam er einen Ständer. Verflucht, murmelte er vor sich hin. Wie soll ich das bloß anstellen?
Ihm war klar, dass er es beenden und daran arbeiten musste, den negativen Zyklus der Depression zu durchbrechen, in die Sarah und er im Laufe des letzten Jahres verfallen waren. Wenn er es nicht tat, würde er bald keine Sarah mehr haben, neben der er nachts um zwei aus dem Schlaf hochschrecken konnte.
So konnten sie jedenfalls nicht weitermachen. Dann würde etwas Schlimmes passieren. Es war noch keinen Monat her, da hatte er vorgehabt, sich in die Wogen zu stürzen, um auf Nummer sicher zu gehen, dass ihm wirklich etwas Schlimmes zustieß.
Doch Ligeia hatte ihm aufgezeigt, dass es immer noch Hoffnung gab, dass er nach wie vor Vergnügen aus seinem Leben schöpfen konnte. Natürlich ging sie davon aus, dass er diesem Vergnügen weiterhin mit ihr nachgehen würde. Evan hingegen … so gut Ligeia ihm tun mochte, er merkte, dass er immer noch zu Sarah gehörte. Im Moment brauchte sie ihn mehr denn je. Darum war Evan heute Abend fest entschlossen, die Abwärtsspirale aufzuhalten. Der erste Schritt bestand darin, der heißesten Frau, die er jemals geküsst hatte, Lebewohl zu sagen. Der zweite Schritt darin, wegzugehen, um nie mehr zurückzukehren.
Er verspürte einen Stich im Herz, als er darüber nachdachte. Sein Körper sehnte sich nach ihren Liebkosungen. Schluss zu machen, stand da nicht auf der Agenda. Er hatte keine Ahnung, wie er sich beherrschen sollte, wenn sie bildschön und nackt, wie Gott sie erschaffen hatte, vor ihm auftauchte, dabei einen Duft nach ungehemmter Lust verströmte, während das Salzwasser von ihrem Körper abperlte … und dennoch …
Evan erreichte die ersten Felsblöcke vor der Landzunge und hob eine Handvoll Steine aus dem feuchten Sand auf. Anschließend setzte er sich hin und warf sie einen nach dem anderen ins Wasser. Jedes Mal, wenn ein Stein mehr als drei Sprünge
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