Light & Darkness
Leute auf ihn warteten. Stillschweigend beobachteten sie jeden seiner Schritte.
Geschmeidig ließ Crispin sich auf seinen Stuhl sinken. Er räusperte sich. »Guten Morgen. Ich hoffe, Sie haben alle gut geschlafen. Es war eine stürmische Nacht.« Seine Zuhörer grunzten zustimmend. Beginnen wir die heutige Sitzung mit einer kurzen Zusammenfassung des gestrigen Tages.«
Offizier Flame zu seiner Linken erhob sich. Durch seinen massigen aber kleinen Leib wirkte er träge, langsam und ungefährlich, doch Crispin wusste es besser. »Guten Morgen Offizier Leroy«, begrüßte Flame ihn. »Der gestrige Angriff auf einen der Bahnhöfe in Everdeen ist geglückt. Die Sprengkapseln detonierten wie geplant um 10:08 Uhr beim Eintreffen des Regional-Zuges aus Ferrymore. Fünfzehn Menschen starben, 24 wurden leicht, weitere sieben schwer verletzt. Die restlichen Insassen kamen laut offiziellen Berichten mit einem Schock davon.« Flame lächelte selbstgefällig. »Wir haben mit mehr Toten gerechnet, aber wir haben trotzdem Grund zur Freude: einer der Schwerverletzten war Gregory Hemingway. Inzwischen Rentner, früher saß er im Rat. Sein Enkel Arthur ist Vorsitzender im Rat der Delegierten und ein guter Freund Collins'.«
Crispin nickte. »Gibt es schon eine Stellungnahme vom jungen Hemingway?«
»In einem kurzen Statement ließ er verlauten, dass er alle Opfer in seine Gebete einschließt. Nichts von Tragweite. Ich glaube, wir haben ihn gebrochen. Er hat seinen Kampfgeist verloren.«
Das wollte Crispin nicht glauben. Arthur kam ganz nach seinem Großvater. Er war geübt darin, mit solchen Situationen umzugehen. Viele paranormale Bürger hassten seine Strafkoloniepolitik. Er wollte inhaftierte Wesen schon nach fünfzig Jahren zur Hinrichtung freigeben. Ein Vorhaben, das Crispin nicht unterstützen konnte und wollte. »Das mit Hemingways Großvater war nur ein Zufall. Wir müssen ihn dort treffen, wo es richtig wehtut. Ich möchte, dass wir als Nächstes einen Anschlag auf den Kindergarten planen«, verkündete Crispin. »Finden Sie heraus, in welchem Teil des Gebäudes sich Hemingways Kinder befinden. Bringen Sie dort die Sprengkapseln an — und nur dort. Er soll wissen, dass dieser Anschlag ihm gilt.«
»Natürlich, Sir.« Flame verbeugte sich und berichtete von drei weiteren Anschlägen des gestrigen Tages. Zwei Bomben waren planmäßig detoniert, wobei zwölf Menschen ums Leben gekommen waren. Unter den Opfern befanden sich leider auch drei Wesen — ein Verlust, den Offizier Flame sehr bedauerte, aber es gab keine Kriege ohne Opfer, und zwar auf beiden Seiten. Die dritte Bombe war vor ihrer Zündung entschärft worden.
27 Tote an einem Tag, kein schlechter Schnitt, aber auch keine Bestleistung.
»Was sind unsere heutigen Ziele?«, erkundigte sich Crispin.
Nun meldete sich Offizierin Ash zu Wort. Ash war eine hochgewachsene Frau, die Flame mindestens um 20 Zentimeter überragte. Wie bei einem Mann war ihr Haar kurz rasiert. »Wie vor einigen Tagen besprochen befinden sich einige entzündliche Gasflaschen in der Schwebebahn, die zwischen dem Randgebiet und dem Zentrum von Ferrymore hin und her pendelt.« Ihre Stimme war dunkel und ihre kraftvollen Bewegungen alles andere als weiblich. »Einer unserer Attentäter sitzt in diesem Zug und wird das Gas zum Brennen bringen, sobald die Bahn gut gefüllt ist.«
Crispin runzelte die Stirn. »Wieso keine Bombe?«
»Seit wenigen Wochen befinden sich in allen Zügen in Richtung Zentrum Detektoren, die Sprengstoff erfassen und signalisieren. Unsere Experten arbeiten allerdings schon an ihrer Deaktivierung.«
»Wer ist der Attentäter?« Crispin hasste es, einen seiner Männer zu verlieren und noch mehr hasste er es, wenn diese Idioten nicht ums Leben kamen, sondern geschnappt wurden. Denn dann begann für ihn die wirkliche Arbeit. Jemanden aus den Händen des Rats zu befreien war nicht einfach.
»Ethan — irgendwas. Ein Mensch. Er glaubt, er könnte dieses Attentat überleben.«
Crispin rollte mit den Augen. Das sah Ash ähnlich. »Was hast du ihm versprochen?«
Ashs Mundwinkel zuckten. »Ich hab versprochen, ihn zum Vampir zu machen.«
Crispin schüttelte den Kopf. Wie naiv konnte man sein? In Ashs Körper floss kein einziger Tropfen Vampirblut. Sie war vielmehr das Gegenteil eines Vampirs: eine Lykanthropin. Crispin signalisierte Ash, dass sie sich setzen sollte und wandte sich an Offizier Valix. »Was macht unser Gefangener?«
Offizier Valix, einer seiner engsten
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