Lila Black 02 - Unter Strom
er das Warten leid und zweifelte an seiner Vision. Er fühlte sich, als er Dämonia betrat, schon alt und verbraucht, verbraucht genug, um zu sterben oder es zu versuchen. Die Reise dorthin stellte einen Versuch dar, den er für notwendig hielt, um seine schwer erarbeitete Erkenntnis zu beweisen, dass alle einen gemeinsamen Kern besaßen. Wenn alle Wesen nur eine Facette ihres Selbst waren, dann konnten die anderen offenkundig gemacht werden; und dann würden die Aufspaltungen, die seine Welt so quälten, überflüssig werden.
Zal erinnerte sich an das Gesicht, das sein Vater machte, als Suha ihm einen Tag vor seiner Abreise seinen großartigen Plan und die Gedanken dahinter mitteilte: Shar wirkte resigniert und enttäuscht.
»Das wird nichts ändern«, sagte Shar, zögerte dann.
»Ich versuche nicht, die Vergangenheit zu korrigieren«, protestierte Suha und glaubte es, bis er die Lüge in seinen eigenen Worten hörte. »Ich mache nicht einfach da weiter, wo Mutter aufgehört hat.« Und noch einmal gelogen.
Shar gelangte offenbar zu einer stillen Entscheidung. »Wenn dies dein Anliegen ist, dann wünsche ich dir alles Gute«, sagte er, wie er es immer tat. Und dann tat er etwas, das er sonst nie tat: Er lächelte und rollte mit den Augen, genau wie Suha, weil er es nicht verstand und dachte, der Plan wäre verrückt, es ihm aber nichts ausmachte.
Darüber musste Zal nun lächeln, obwohl er an Herrn Kopfs sandiger Hand durch das Nichts auf einen ungewissen Tod zustürzte.
Er überlebte Dämonia gerade eben so. Er erinnerte sich daran, wie er in einem Kanal in Bathshebat aufwachte, Lagunenwasser aushustete und sich an einem Klumpen treibenden Mülls festhielt, während fünfzehn Kobolde voller Freude auf ihm herumsprangen. Sie kämpften mit äußerster Verbissenheit darum, wer als Nächster sein Ohr und seine Schulter besetzen durfte. Der schwimmende Müll stellte sich als der Körper eines Dämons heraus. Er erinnerte sich vage daran, mit ihm auf einer Brücke gekämpft zu haben. Er schob die Leiche im flachen Wasser unter sich und presste sie in den Matsch, als er sich daraufstellte und es so schaffte, seine Finger über den Rand der Kanalmauer zu schieben. Die Kobolde kletterten seine Arme hinauf und hinunter und plapperten:
»Er gehört mir! Ich war zuerst hier! Du brauchst gar nicht zu bleiben. Er ist ein idiotischer Idealist, der die Welt retten will. Das ist MEINE Spezialität!«
»Nein, nein, nein, er ist ein verrückter Pseudowissenschaftler mit Größenwahn, und darin bin ich unschlagbar. Ich kenne die besten Bücher über falsch gedeutete Daten, statistische Analyse und Wunschdenken in der gesamten Bibliothek, und das ist mehr, als du draufhast, du Sohn eines Affen!«
»Ihr beide seid Dummschwätzer! Seine größten Probleme sind die Idealisierung seiner Mutter und das Bestreben, zu einem Sohn zu werden, auf den sie stolz ist. Ach, als hättet ihr auch nur eine Ahnung von den Sorgen im armen, schwachen Herzen dieses Burschen! Seht euch doch nur an, wie sein Verlangen, diese geschätzte Beziehung zu einem Abschluss zu bringen, jeden Impuls abgetötet hat, er selbst zu sein! Er ist ein verirrter Held, dessen Anliegen sein Niedergang sein wird, und ich bin der Kobold unerfüllter Anliegen, also verschwindet! Uff! Das ist mein Platz!«
»Pah! Ihr blassen Krötenfliegen! Der Mann leidet unter einem Verfolgungswahn von gigantischen Ausmaßen, und jeder Idiot kann das spüren. Der Wahn strahlt so unübersehbar aus ihm wie die Unehrlichkeit aus dem Lächeln eines Versicherungsvertreters. Warum sollte er sonst herkommen, wo er doch wusste, dass wir ihn zu Tode foltern würden? Er tut das, weil er glaubt, er müsse dafür bestraft werden, dass er die Welt nicht retten konnte. Tja, das erinnert mich an diesen dummen Menschen … den mit dem Kreuz. Die lernen es doch nie.«
»Hey! Er gehört mir! Tatsache ist: Ich habe ihn ZUERST gesehen.«
»Das habe ich auch nicht bestritten, oder? Wie dem auch sei, ich war als Nächster an der Reihe, und diesmal ist es meine Show. Also verschwinde, Diktator-Macher!«
Über die kreischenden Stimmen hörte Zal ein leises, seltsames Lachen, und er schaute auf, trotz des Kobolds, der auf seinem Kopf saß und sich an seinen Haaren festhielt.
Ein Mädchen mit einem Wolfskopf war unweit seiner Hände auf der Kanalumrandung in die Knie gegangen. Ihre Kiefer standen offen, und sie hechelte leicht in der morgendlichen Hitze des neuen Tages, wobei ihre rosige Zunge wie ein
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