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Lila Black 02 - Unter Strom

Lila Black 02 - Unter Strom

Titel: Lila Black 02 - Unter Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justina Robson
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    Malachi kehrte in sein Büro zurück, wo er sich oft einfand, wenn er eine Reise in ein Reich jenseits von Otopia unternahm. Der Raum befand sich im Garten, war auf drei Seiten von alten Steinwänden umgeben und auf den verbleibenden beiden von Glas, das man in Milchglas verwandeln konnte, damit niemand aus den anderen Büros des Sicherheitsforums hereinschauen konnte. Es gab kein Dach, stattdessen erstreckte sich der offene Himmel über einem Boden, der aus kurz geschnittenem Gras bestand, das von drei Miniaturschafen perfekt gepflegt wurde. Die Schafe fanden Schutz hinter Felsen und einem ordentlichen Busch.
    Malachis Unterkunft war ein kleines Zelt aus den Häuten von Feentieren, die von Streben aus Ebereschen-, Birken- und Ulmenholz getragen wurden. In seinem dunklen, runden Innern entzündete er Kerzen und setzte sich auf seinen ergonomisch perfekt geformten Sitz – das eine Stück Hightech, das er bevorzugte. Sein smarter moderner Anzug nach menschlichem Design erfreute ihn ebenso sehr, wie es der Stuhl tat, und beides beeinträchtigte ihn dankenswerterweise nicht bei seinen Geschäften. Er teilte seiner Sekretärin mit einer Geste mit, dass er eine Weile außer Haus wäre – ein kurzes Winken, dass sie mit einem geübten Blick wahrnahm, reichte dafür aus. Sie machte die Fenster undurchsichtig, indem sie den sanften elektrostatischen Nebel darin heraufbeschwor, und Malachi lehnte sich zurück, ließ den Stuhl nach hinten kippen, sodass er nun in einer meditativen Haltung lag.
    Einen Gestadenläufer zu finden war niemals leicht. Zuerst einmal musste er einen der wenigen aufspüren, indem er überall in der Interstitial-Region suchte, und das gelang nur durch den Prozess des unvollständigen Übergangs. Dazu begab er sich in einen Zustand irgendwo zwischen seiner natürlichen Feenform und seiner Menschenform und wartete dort, nicht ganz das eine oder das andere, in der Hoffnung, dass einer der Läufer die Störung wahrnahm, die er dadurch in der I-Region hervorrief, und nachschauen kam.
    Eine Fee konnte in Otopia die eigene Form annehmen, wenn sie das wollte. Aufgrund ihrer Natur bevorzugten es die meisten, die länger blieben, es nicht zu tun. Nicht nur konnte ihre Erscheinung beunruhigend wirken, sie wurden in ihrer wahren Form auch empfänglicher für die Zauber der Elementare und für Orte oder Gelegenheiten, denen sie wegen ihrer Natur zustrebten.
    Darum zeigten die Sängerinnen von Zals Band niemals ihre Pferdeformen, denn dann würden sie von dem Verlangen überwältigt, junge Männer im tiefen Wasser zu ertränken. Eine Verlockung, die sogar scharf schießende Polizisten nicht verhindern könnten, von Mode-X-Rockmusik ganz zu schweigen.
    Malachi wartete, bis er das Klicken des Türschlosses hörte, bevor er sich zu bewegen wagte. Sie wurde von außen verschlossen, und endlich, in den Momenten, die folgten, in denen er wusste, dass keiner hereinkommen und er nicht hinausgehen konnte, fühlte er sich sicher und entspannte sich. Er erlaubte sich ein Fünf-Minuten-Nickerchen.
    Als er wieder erwachte, streckte er sich und lockerte vorsichtig die Gelenke. Die Flügel einer Fee waren in Otopia zwar nicht sichtbar, aber dennoch vorhanden, und er spürte sie, wie Echos aus einem anderen Leben, und ließ sie nun langsam schlagen, schob ihr feines Gespinst zwischen dem Feenreich und Otopia hin und her, ließ sie den Äther der I-Region durchfächern. Die langsame Strömung der Störung im magischen Element fühlte sich wie kaltes Wasser an. Er ließ die Energie an der Oberfläche seiner Haut brechen und wie Blasen aufsteigen. Ausgehend von seinen Knochen startete er den Übergang. Erst war das Prickeln und Stechen der Verwandlung nur ein Kitzeln, aber dann wurde es plötzlich zu einer mitreißenden Flut komprimierender und auseinanderstrebender Kräfte. Mittendrin innezuhalten war ein seltenes Talent, eine der Fähigkeiten, die man nur bei wenigen Meistern erlernen konnte. Lange Jahre der Übung hatten ihn in die glückliche Lage versetzt, sie zu beherrschen. Er hielt inne und balancierte scheinbar mühelos, halb Feenmann, halb Panther. Seine Flügel waren blaue Schatten, die mit der Zartheit von Kolibriflügeln schlugen. Seine Sicht hatte sich in die Dreifachwahrnehmung des halb Hinübergegangenen verwandelt: Er sah mit menschlichen Augen, mit seiner Feensicht und mit der Sicht seines Elements: Kohlenstoff.
    Es war schrecklich. Malachi hatte es noch nie gemocht, den Verwandlungsprozess anzuhalten,

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