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Lila Black 02 - Unter Strom

Lila Black 02 - Unter Strom

Titel: Lila Black 02 - Unter Strom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justina Robson
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das tat wohl niemand. Es gab zu viele Informationen und zu wenig Sicherheit. Seine Sinne wurden geschwächt, aber ihr Spektrum erweitert, der Geist war kaum in der Lage zu verstehen, was da auf ihn einstürmte. Er sah die I-Region und sah sie doch wieder nicht, hörte Otopia und das Feenland zugleich, roch den kalten Wind Hibernias, wo seine Geistervorfahren den langen Traum träumten, und atmete die dicke, stickige Luft eines ganz normalen Bay-City-Tages. Er befand sich in der Sicherheit seines Zelts im Innern seiner fünfseitigen Zuflucht und war zugleich wirbelnde Partikel, die sich mit dem Äther des grundsätzlichen Reichs verbanden, und er war gesegnet mit dem Kohlenstoffsinn, der ihn mit allen Arten des Elements in lebender und toter Materie verband, sodass er Strukturen spüren und Leben schmecken konnte. Er konnte die I-Region nur als Gefühl des Schwebens wahrnehmen. Sie war ein grauer Nebel, in dem die Echos bekannter Dinge nachhallten, die niemals verklangen. Sie tanzte vor lauter Potenzial, das niemals in Existenz überging, und er tanzte mit ihr. In dem Tanz lag eine erschreckende Unsicherheit, ob vielleicht eines Tages der Übergang über die Schwelle in die eine oder andere Welt nicht gelingen würde und er für immer hier gefangen wäre, bis die Ätherwinde ihn Stückchen für Stückchen davontrugen.
    Aber er unterdrückte seine Angst, denn er wusste, dass sie ihm nicht nützen würde. Wenn man lange genug aushielt und dem Gefühl widerstand, erkannte man, dass man nicht vom Äther abgetragen wurde und dass der Tanz der Metamorphose, so desorientierend und unangenehm er auch war, nicht tödlich war. Zumindest war er bisher noch nie tödlich gewesen.
    Malachi dachte an fliegende Adler und flatternde Flügel, an Schreie, die den Himmel durchschnitten. Hier war die einzige Sprache die der Fantasie, denn es gab keinen Leib. Er hatte hier bereits Dinge gesehen … Geister natürlich, und einmal in weiter Entfernung etwas, das vielleicht ein Drache gewesen war. In den ätherischen Windströmungen und -feldern vermutete er viele solcher Dinge, die Leben lebten, die er nicht verstand und kaum erfassen konnte. Die Dinge aus der I-Region hatten nur gemeinsam, dass sie in andere Welten überwechseln konnten. Sie hatten noch immer zahlreiche Geheimnisse. Geister vernichteten diejenigen, die sie berührten, und Drachen … sie waren legendär und schwer fassbar, und wenn sie sprachen, fiel es schwer, einen Sinn herauszulesen. Ihre Handlungen folgten keinem Drehbuch. Er war von Lilas Erzählung schockiert gewesen, wie Arië von dem Drachen des Sees verschlungen worden war. Drachen waren häufig eine tödliche Begegnung, aber er hatte noch nie davon gehört, dass einer ein anderes Wesen verspeist hatte.
    Er spürte keine Spur eines solchen Wesens in der Nähe. Nicht weit entfernt spürte er den kalten Schauder von Geisterbewegungen. Wenn einer von ihnen zu nahe kam, würde er seinen Besuch um mehrere Tage verschieben müssen. Sie wurden von Orten des Übergangs angezogen – wo die Welten sich verbunden hatten – und hielten sich manchmal lange Zeit in der Nähe der Ätherwirbel auf, von denen diese Phänomene umgeben waren. Auf einen Sturm aus Geistern konnte er verzichten.
    Seine Schreie, die er tierisch klingen ließ, damit er sich nicht als vernunftbegabte und ätherisch fähige Kreatur offenbarte, waren ein bekanntes Signal zwischen Jones und ihm. Wie Jäger, die vorgaben, Eulen zu sein, während sie im Dunkeln lauerten, gaben er und das verlorene Mädchen von Illyria Laut, wenn sie den anderen zu rufen wünschten; gaben Laut und warteten auf die Antwort. Der Blick des Adlers durchforschte den bleichen Nebel des Äthers. Er wartete, und dabei schwanden seine Otopia- und seine Feensicht, weil er sich immer weiter an die unvergleichliche Besonderheit der I-Region gewöhnte. Winzige Vibrationen auf seiner Haut sprachen zu ihm von entfernten Bewegungen in Raum, Zeit und Energie. Wellen wie Schall oder Licht, aber doch beides nicht, verrieten die Konversation derer, die in den magischen Kräften bewandert waren, der hier heimischen Kreaturen und, leise unter all das gemischt, das gelegentliche seltsame Flüstern, das Malachi seit jeher für die Signatur eines der Anderen hielt, weil weder er noch sonst jemand, mit dem er gesprochen hatte, sich vorstellen konnte, was diese seltsamen Frequenzen und Verlagerungen sonst sein könnten.
    Ein zitterndes Pfeifen kam aus weiter Ferne direkt zu ihm, zu dem Ohr, für das es

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