Lila Black 03 - Elfentod
immer niemand in Sicht.
»Was ist denn hier los, Mog? Hat meine Frau wieder aufs Geratewohl einen Angriff gestartet?«, fragte eine seidige, warme, volltönende Männerstimme mit einem listigen Unterton. Sie erklang von allen Seiten zugleich.
»Sie hat mich verfehlt, Herr«, antwortete Moguskul in seiner seltsam ruhigen Art. Er war verloren, das erkannte Lila nun. Er hatte ebenso wie Gulfoyle kurz an seine alte Freiheit gedacht, aber sich dann an dieses Wesen, diesen Feenmann, Jack erinnert und aufgegeben. Einfach so. Sie sollte wohl Angst vor Jack haben, aber das hatte sie nicht. Sie verachtete ihn nicht einmal für seine Taten. Das verwunderte sie, und so bewahrte sie dieses Gefühl in ihrem Herzen, während sie dort stand und Zals Hand hielt, die so leicht wie eine Geisterberührung war und trotzdem eine berauschende Stärke und Hitze ausstrahlte.
Ein heller, limonenfarbener Funke sprang zwischen ihnen über. Er stieg in Zals Nase und brachte ihn zum Niesen. Lila lachte, und die ganze Stadt, einschließlich Moguskul, blickte auf.
16
Sie erreichten die Wirbelnden Steine, als der Mond unterging. Madrigal wartete dort auf sie, eine kleine, dunkle Gestalt, über ein Feuer gebeugt; die Schusswaffen auf ihrem Rücken wirkten wie die Pfosten einer eingeknickten Vogelscheuche. Bis sie das Feuer erreicht hatten, gab es keine Anzeichen dafür, ob die Frau sie bemerkt hatte. Dann erst blickte sie auf, als hätten sie schon immer dort gestanden.
»Ihre Spur verliert sich an einer der versteckten Wegkreuzungen«, sagte sie, hob einen Zweig auf, der noch nicht vom Feuer verzehrt worden war, und stocherte damit in den Flammen. »Ich war vermutlich zu langsam. Sie müssen von Gulfoyle oder Namaquae überholt worden sein. Auch Moguskul suchte nach ihnen. Er hat die gleiche Spur gefunden wie ich, und ich wollte ihm folgen, aber er hat mich abgeschüttelt. Jacks Stürme…« Sie seufzte. »Die Stadt ist jetzt für die Nacht zur Ruhe gekommen. Wenn sie nicht dort sind, befinden sie sich zumindest in ihrer Nähe.« Sie zerbrach den Stock zwischen den Fingern und warf ihn ins Feuer. Als er in Flammen aufging, erschien über ihm das Bild eines kleinen Baumes, und sie flüsterte: »Somersfal. Quäle unseren Lieben, schmelze seine Knochen, lass ihn wissen, dass wir auf Ärger aus sind.« Der Baum flackerte, wurde zur Gestalt einer kleinen Dryade und zischte über den Schnee davon, ein Leuchten, das bald außer Sicht war.
»Was war das?«, fragte Malachi.
»Ein Geist vergangener Sommer«, sagte Madrigal. »Ich ärgere ihn gern.« Sie lächelte vor sich hin, runzelte dabei aber die Stirn und blickte zu ihm hoch. Ihm wurde warm, obwohl sie nichts tat. »Was hast du da für eine Truppe um dich gesammelt, Katze? Warum warst du so lange nicht mehr hier?«
Er stellte die anderen kurz vor und umschiffte ihre zweite Frage, denn er wollte ihr nicht sagen, dass es einfacher war, sie nicht zu sehen, solange sie hier nicht wegkonnte oder -wollte, und dass er noch nicht bereit für die Erkenntnis war, was von beidem zutraf. Madrigal erinnerte sich an die Feen, als sie ihre Namen hörte. Da sie unsterblich waren, geschah es oft, dass man sich traf und dann wieder aus den Augen verlor, sie über die Jahrhunderte vergaß, um sich dann zu erinnern, wenn man sich wiedertraf. Ihr Blick verharrte bei Teazle und musterte ihn eingehend.
»Aus was besteht deine Flamme?«, fragte sie ihn nach einer Weile und unterbrach damit Malachis Erklärung für ihre schmutzigen Verkleidungen.
»Tod«, sagte er. »Und deine?«
Sie griff unter ihre Felle und zog die geschlossene Hand hervor. Sie hielt ihm die Faust hin, und als sie die gelbbraunen Finger öffnete, die Handfläche nach oben, lag darin eine perfekte Erdbeere, die im goldenen Licht eines Sonnenaufgangs aus lang vergangenen Tagen leuchtete. Der Geruch der reifen Frucht erfüllte die eisige Luft, bis der Wind ihn davonriss. »Früchte«, sagte sie mit einem sanften Lächeln und blickte unter gesenkten Lidern hervor.
Malachi wurde von Eifersucht und Ärger gepackt. Sie hatte ihm einmal einen Apfel gegeben, und er hatte ihn sicher verwahrt. Sogar nach all den Jahren war er in seinem Unterschlupf im Dschungel versteckt. Ein rot-grüner Apfel, so frisch, dass er von süßem und salzigem Tau bedeckt war, den er jeden Tag abgeleckt hatte. Er war überrascht, als Teazle grinste, die Beere nahm und mit den scharfen weißen Zähnen abbiss. Saft lief über sein Kinn; er leckte ihn mit einer unpassend
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