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Lilien im Sommerwind

Lilien im Sommerwind

Titel: Lilien im Sommerwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Möglichkeiten gibt? Entweder ist sie nicht wirklich interessiert, sie gibt sich kokett oder sie ist schon einmal verletzt worden. Tory würde es Ihnen geradeheraus sagen, wenn sie nicht interessiert wäre, sie ist noch nie in ihrem Leben kokett gewesen, also bleibt nur noch die dritte Möglichkeit. Sehen Sie den Mann dort drüben?«
    Verwirrt blickte Cade zu Cecil, der mit Händen, so groß wie Räucherschinken, Plätzchen auf einem Teller arrangierte. »Ja, Ma'am.«
    »Wenn Sie meinem Baby wehtun, dann jage ich Ihnen diesen großen, alten Bär auf den Hals. Ich glaube jedoch nicht, dass Sie das vorhaben, daher würde ich vorschlagen, Sie zeigen ihr, dass man manchen Männern durchaus vertrauen kann.«
    »Ich arbeite daran.«
    »Da mein Mädchen gerade versucht, sich einzureden, Sie beide seien nur gute Freunde, empfehle ich Ihnen, schneller zu arbeiten.«
    Darauf kannst du herumkauen, dachte Iris und rauschte davon, um einen weiteren Kunden zum Kauf zu überreden.
     
    »Sie hat fünf Serviettenringe in ihre Tasche gesteckt!« Es war zehn nach sechs, die Tür hatte sich hinter den letzten Kunden geschlossen, und Cecil machte ein Nickerchen im Hinterzimmer. Tory ließ sich auf den Hocker hinter der Theke sinken und hob die Hände. »Fünf! Irgendwie könnte ich es ja verstehen, wenn man vier oder sechs mitnimmt. Aber wer klaut schon fünf Serviettenringe?«
    »Ich glaube, sie hat sie nicht als Ganzes betrachtet.«
    »Dazu zwei Messerbänkchen, drei Flaschenkorken und ein Salatbesteck. Sie hat sie einfach in die Tasche gesteckt, während ich mich mit ihr unterhalten habe. Sie hat sie in die Tasche gesteckt, gelächelt und mir dann ihre rosa Plastikperlen geschenkt.«
    Immer noch verwirrt befingerte Tory die Perlenkette um ihren Hals.
    »Sie mag dich eben. Rosie hat immer schon die Leute beschenkt, die ihr gefallen haben.«
    »Es kommt mir irgendwie nicht richtig vor, dass sie all diese Sachen bezahlen musste. Sie hat sie wahrscheinlich noch nicht einmal haben wollen. Gott, Gran, sie hat über tausend Dollar ausgegeben! Tausend Dollar«, wiederholte Tory und drückte sich die Hand auf den Bauch. »Ich glaube, mir wird übel.«
    »Ach was. Wenn du es nur zulässt, wirst du bald sehr glücklich sein. Ich gehe jetzt Cecil wecken und nehme ihn mit, damit du zu Atem kommst. Du bist doch morgen auch bei J. R., oder? Wir hatten schon viel zu lange kein Familienessen mehr.«
    »Na klar. Gran, ich weiß gar nicht, wie ich dir dafür danken soll, dass du den ganzen Tag über hier geblieben bist. Du musst müde sein.«
    »Meine Füße tun ein bisschen weh, und ich würde sie gern hochlegen und mir von Boots ein Glas Wein geben lassen.« Sie küsste Tory auf die Wange. »Du feierst jetzt noch, hörst du?«
    Feiern?, dachte Tory. Gern, wenn sie abgerechnet, aufgeräumt und abgeschlossen hatte. Sie konnte kaum einen klaren Gedanken fassen, geschweige denn feiern. Aber sie hatte den Tag überstanden. Sogar mehr als überstanden, sagte sie sich, während sie heimfuhr. Sie hatte allen gezeigt, dass sie wieder da war.
    Und dieses Mal war es nicht nur um das Überleben gegangen, sondern um den Erfolg. Manche mochten in ihr ja immer noch das kleine, hohläugige Mädchen in abgetragenen Kleidern sehen, aber das war egal. Immer mehr Leute würden das sehen, was sie aus sich gemacht hatte. Was sie sein wollte.
    Sie würde nicht versagen, und sie würde nicht weglaufen. Dieses Mal würde sie endlich gewinnen.
    Als sie in ihre Straße einbog und das Haus sah, begann sie dieses Wunder zu begreifen. Wie hatte es früher ausgesehen - und wie sah es jetzt aus? So, wie ich früher war und wie ich jetzt bin.
    Tory legte den Kopf aufs Lenkrad und ließ ihren Tränen freien Lauf.
     
    Sie saß auf dem Boden und versuchte, nicht zu weinen. Nur Babys weinten. Und sie war keine Heulsuse. Dennoch konnte sie die Tränen nicht zurückhalten.
    Sie hatte sich Knie, Ellbogen und den Knöchel an der Hand aufgeschlagen, als sie vom Fahrrad gefallen war. Die Hautabschürfungen brannten und Blut tröpfelte hervor. Am liebsten wäre sie zu Lilah gegangen und hätte sich von ihr in den Arm nehmen und trösten lassen. Lilah würde ihr einen Keks geben und alles wäre wieder gut.
    Sie wollte sowieso nicht lernen, auf diesem blöden Fahrrad zu fahren. Sie hasste dieses Fahrrad.
    Es lag neben ihr, und ein Rad drehte sich noch immer, als wolle es sie verspotten. Schniefend legte sie den Kopf auf ihre verschränkten Arme.
    Sie war gerade erst sechs Jahre alt.
    »Hope!

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