Lilien im Sommerwind
herumzustolzieren.«
»Mir kam sie ganz nett und normal vor. Außerdem habe ich jetzt keine Zeit für deinen Klatsch.« Allerdings konnte Tory nicht leugnen, dass ihre Neugier geweckt war. »Und falls du mir nicht helfen willst, Ware aufzufüllen oder neuen Eistee zu machen, muss ich dich bitten, mein Lager zu verlassen.«
»Du würdest sie nicht für so nett halten, wenn sie mit deinem Daddy geschlafen hätte.« Schnaubend griff Faith nach der Türklinke, doch bevor sie sie packen konnte, versperrte Tory ihr den Weg.
»Mach jetzt keine Szene. Wage es nicht, die Probleme deiner Familie hier bei mir auszutragen. Wenn du dich mit ihr streiten willst, dann geh woanders hin.«
»Ich mache keine Szene«, erwiderte Faith bebend. »Ich habe nicht die Absicht, den Leuten hier eine Vorstellung zu bieten. Vergiss einfach, was ich gesagt habe. Ich hätte es nicht sagen sollen. Wir haben ziemliche Mühe gehabt, die Verbindung zwischen meinem Vater und dieser Frau geheim zu halten. Wenn es also jetzt Gerede geben sollte, weiß ich, dass es von dir stammt.«
»Spar dir deine Drohungen. Du kannst mich schon lange nicht mehr nach Belieben herumschubsen, also zieh besser deine Krallen ein, denn heute wehre ich mich.«
Eigentlich hätte Tory es dabei belassen, aber Faiths Lippen zitterten und auf einmal sah sie Hope vor sich. »Warum bleibst du nicht noch eine Minute hier? Setz dich und beruhige dich wieder. Wenn du in dieser Verfassung hinausgehst, gibt es auch Gerede, ohne dass du eine Szene machst. Außerdem sind sie gerade damit beschäftigt, über mich zu reden.«
Sie öffnete die Tür, warf Faith aber noch einen Blick über die Schulter zu und wiederholte: »Rauchen verboten«. Dann schloss sie die Tür hinter sich.
Faith ließ sich auf einen Stuhl fallen und zog ihre Zigaretten wieder hervor. Als die Tür erneut aufging, stopfte sie sie schuldbewusst in die Tasche zurück.
Es war jedoch nicht Tory, sondern Boots, die das Zimmer betrat. Sie genoss zwar die Stimmung im Laden, war aber deswegen ihrer Umgebung gegenüber noch lange nicht blind. Boots war die heiße Wut auf Faiths Gesicht aufgefallen, und jetzt sah sie auch, wie kläglich und elend sie wirkte.
»Schwer was los da draußen«, sagte sie freundlich und fächelte sich mit der Hand Luft zu. »Ich musste einfach mal für einen Augenblick aus der Menge verschwinden.« Ihrer Meinung nach war dies die perfekte Gelegenheit, sich einmal die Frau vorzunehmen, die Wade an der Angel hatte.
»Setzen Sie sich doch einen Moment, Miss Boots.« Faith stand rasch auf. »Ich wollte gerade wieder hinausgehen.«
»Oh, wollen Sie mir nicht einen Moment lang Gesellschaft leisten, mein Kind? Hübsch sehen Sie heute wieder aus!«
»Danke. Das Kompliment gebe ich zurück.« Faith wünschte, sie könnte etwas mit ihren Händen anfangen. »Sie sind bestimmt sehr stolz auf Tory.«
»Ich war immer schon stolz auf Tory. Und wie geht es Ihrer Mama?«
»Gut.«
»Vergessen Sie bitte nicht, ihr Grüße von mir auszurichten, ja?« Lächelnd griff Boots in die Plätzchendose und nahm sich einen Keks. »Sie haben Wade heute noch nicht gesehen, oder? Er wird wohl auch noch hier vorbeikommen.«
»Nein, ich habe ihn nicht gesehen.« Noch nicht.
»Der Junge arbeitet so viel.« Seufzend knabberte Boots an dem Plätzchen. »Ich wünschte, er käme endlich mal zur Ruhe und fände eine Frau, mit der er eine Familie gründen kann.«
»Ah. Hmm.«
»Sie brauchen nicht rot zu werden, Herzchen.« Boots knabberte unschuldig weiter, doch ihr Blick war scharf genug, um selbst einen so cleveren Schmetterling wie Faith aufzuspießen. »Er ist ein erwachsener Mann und Sie sind eine schöne Frau. Warum sollten Sie einander nicht anziehend finden? Ich weiß, dass mein Junge ein Sexualleben hat.«
Na, da kommen wir der Sache doch schon näher, dachte Faith. »Aber es wäre Ihnen lieber, wenn er es nicht mit mir hätte.«
»Ich glaube nicht, dass ich etwas Derartiges gesagt habe.« Sie suchte ein anderes Plätzchen aus und reichte es Faith. »Wir sind hier unter uns, Faith, und wir sind beide Frauen. Wir wissen also, wie wir einen Mann dazu bringen können zu tun, was wir wollen - jedenfalls meistens. Sie sind eine wilde Person. Mir macht das nichts aus. Vielleicht habe ich mir für meinen Wade eine andere Frau vorgestellt, aber er stellt sich nun einmal Sie vor. Ich liebe ihn, also will ich, was er will. Und das sind anscheinend Sie.«
»So ist es nicht zwischen uns, Mrs. Mooney.«
Die formelle Anrede
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