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Lilien im Sommerwind

Lilien im Sommerwind

Titel: Lilien im Sommerwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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getrunken. »Du wirst mir sagen müssen, warum. So wie die Dinge stehen, macht es keinen Sinn, dass du hier bleibst. Du bist doch eine vernünftige Frau.«
    »Meistens«, stimmte sie zu. »Es gibt weniger Komplikationen, wenn man vernünftig ist. Außerdem braucht man nicht so viel Energie. Du hattest Recht damit, die Polizei zu rufen. In dem Fall war ich nicht vernünftig, sondern habe einfach emotional reagiert. Er macht mir Angst. Ich dachte, ich könnte die Furcht und die Demütigung in Grenzen halten, wenn ich die Angst verdränge. Es ist ein schreckliches Gefühl, ein Opfer zu sein, Cade. Man ist wütend und hilflos und zugleich fühlt man sich irgendwie schuldig.«
    »Ich will dir nicht widersprechen, aber du bist doch eigentlich klug genug, um zu wissen, dass Schuldbewusst- sein bei deinen Gefühlen keine Rolle spielen sollte.«
    »Klug genug, es zu wissen, aber nicht clever genug, um es nicht doch zu empfinden. Es wird mir leichter fallen, wenn ich das Haus erst einmal wieder in Ordnung gebracht habe. Aber ich muss immer daran denken, wie Chief Russ heute Abend dasaß, sich Notizen machte und mich anstarrte Und wie mein Vater mich heute und mein ganzes Leben lang eingeschüchtert hat.«
    »Dein Stolz braucht doch deshalb nicht verletzt zu sein, Tory.«
    »Hochmut kommt vor dem Fall. Das hat mein Vater heute früh zu mir gesagt. Er liebt es, Bibelzitate zu verwenden, um anderen seinen Standpunkt aufzuzwingen.«
    »Sie werden ihn finden. Die Polizei in zwei Landkreisen sucht jetzt nach ihm.«
    »Die Welt ist ein bisschen größer als zwei Landkreise. Selbst South Carolina ist ein bisschen größer als zwei Landkreise. Und voller Sümpfe, Berge, Wälder. Voller Orte, an denen man sich verstecken kann.« Unruhig schaukelte Tory hin und her. »Wenn er Kontakt zu meiner Mutter aufnimmt, wird sie ihm helfen. Aus Liebe und aus Pflichtgefühl.«
    »Und genau weil das so sein wird ist es wichtig, dass du mit mir nach Beaux Reves kommst.«
    »Das kann ich nicht.«
    »Warum?«
    »Aus vielen Gründen. Zunächst einmal hätte deine Mutter etwas dagegen.«
    »Meine Mutter hat dazu nichts zu sagen.«
    »Oh, sag das nicht, Cade.« Sie stand auf und trat ans Geländer. Ist er da draußen?, fragte sie sich. Beobachtet er mich? Wartet er? »Das meinst du ja doch nicht so. Zumindest solltest du es nicht. Es ist ihr Haus, und sie kann bestimmen, wer es betritt.«
    »Warum sollte sie etwas dagegen haben? Vor allem, wenn ich es ihr erkläre?«
    »Was willst du denn erklären?« Sie drehte sich zu ihm um. »Dass du deine Geliebte in ihrem Haus unterbringst, weil der Vater deiner Geliebten verrückt ist?«
    Cade zog an seiner Zigarre und dachte nach. »Ich würde nicht gerade diese Worte wählen - aber mehr oder weniger schon.«
    »Und ich bin sicher, sie empfängt mich mit frischen Blumen und einer Schachtel Pralinen. Oh, sei doch nicht so dumm«, rief sie, bevor er etwas erwidern konnte. »Das Haus gehört deiner Mutter, und ich will dort nicht hin.«
    »Sie ist manchmal schwierig ... na schön, meistens«, gab er zu. »Aber sie ist nicht herzlos.«
    »Genau. Und ihr Herz wird es nicht zulassen, dass diejenige Frau in ihr Haus kommt, die ihrer Meinung nach verantwortlich für den Tod ihrer geliebten Tochter ist. Streite dich doch nicht mit mir darüber.« Torys Stimme zitterte. »Es tut mir weh.«
    »Na gut.« Mit einer heftigen Bewegung schleuderte er die Zigarre weg. »Wenn du nicht mit zu mir kommen willst, dann bringe ich dich eben zu deinem Onkel.«
    »Und das wäre der zweite Teil des Problems.« Tory hob die Hand. »Irrational, stur, unlogisch. Ich gebe zu, das bin ich, deshalb musst du mich gar nicht mehr darauf hinweisen. Aber ich muss die Stellung hier halten, Cade.«
    »Das ist doch kein strategischer Hügel auf einem Schlachtfeld.«
    »Für mich schon«, erwiderte sie. »Ja genau, das ist mein Hügel auf meinem ganz persönlichen Schlachtfeld. Ich habe so oft den Rückzug angetreten. Du hast mich einmal einen Feigling genannt, um mich auf die Palme zu bringen, aber eigentlich hattest du Recht: Ich bin mein ganzes Leben lang ein Feigling gewesen. Ab und zu habe ich einen Anflug von Mut verspürt, und das macht es nur noch schlimmer, wenn ich dann wieder sehe, wie ich mich zurückziehe. Dieses Mal kann ich das einfach nicht tun.«
    »Und wenn du hier bleibst, was ist dann der Unterschied zwischen tapfer und dumm?«
    »Ich bin nicht tapfer, und vielleicht bin ich dumm. Aber ich bin ich. Und ich möchte gern wieder ein

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