Lilien im Sommerwind
Arschgesicht.«
Carl D. schob die Zunge in die Wange. Nach dem, was er drinnen gesehen hatte, war das hier draußen eine unterhaltsame Erleichterung. »War es so ungefähr?«, fragte er Cade.
»Mehr oder weniger.«
»Ich lasse ihn einsperren, damit er sich wieder abkühlt.« Er blickte sich zur Menge vor der Absperrung um. »Ich glaube nicht, dass hier jemand Anzeige erstatten will, oder?«
»Nein.«
»Gut. Ich muss jetzt mit Tory reden und auch mit Faith. Auf der Wache sind wir vielleicht ein bisschen mehr unter uns.«
»Chief, meine Praxis ist näher«, warf Wade ein. »Ich glaube, dort wäre es für die Damen angenehmer.«
»Ja, das könnten wir machen. Einer meiner Beamten soll sie begleiten. Ich komme sofort nach.«
»Ich begleite sie schon«, sagte Wade.
»Sie und Cade kennen doch die meisten Leute hier. Es wäre nett, wenn Sie mir helfen könnten, sie nach Hause zu schicken. Einer meiner Männer kümmert sich inzwischen um die Damen. Ich muss ihre Aussagen haben«, sagte er, bevor Cade etwas einwenden konnte. »Das ist Polizeiroutine.«
»Wir können doch allein hingehen.«
»Nun, Miss Faith, einer meiner Männer wird Sie begleiten. Das ist Vorschrift.« Carl D. winkte einem seiner Leute.
»Du meine Güte, wie kann so etwas nur mitten in der Stadt passieren?« Dwight rieb sich den Nacken.
Es war ihnen gelungen, die meisten Schaulustigen vom Ort des Verbrechens zu vertreiben. Mittlerweile war es dunkel geworden. Dwight stand mit seinen beiden besten Freunden auf dem Rasen vor der Wohnung.
»Wie viel weißt du?«, fragte Wade.
»Vermutlich nicht mehr als jeder andere. Carl D. hat mich nicht an den Tatort gelassen, und bis hierher bin ich auch nur vorgedrungen, weil ich der Bürgermeister bin. Anscheinend ist gestern jemand bei ihr eingebrochen. Vielleicht war es ein Raubüberfall.« Kopfschüttelnd rieb er sich die Nase. »Kommt mir allerdings nicht so vor. So viel besaß sie nicht.«
»Wie sind sie bloß an dem Hund vorbeigekommen?«, wunderte sich Wade.
»Hund?« Dwight blickte ihn einen Moment lang verständnislos an. »Ach ja. Ich weiß nicht. Vielleicht war es jemand, den sie kannte. Das erscheint doch irgendwie einleuchtend, oder? Jemand, den sie kannte, und sie hatten einen Streit, der außer Kontrolle geriet. Sie lag im Schlafzimmer«, fügte er seufzend hinzu. »Soviel weiß ich. Das ... na ja, nach dem, was ich aufgeschnappt habe, wurde sie vergewaltigt.«
»Wie wurde sie ermordet?«, fragte Cade.
»Ich weiß nicht. Carl D. hat sich ausgeschwiegen. Weißt du noch, Wade, wir haben gerade gestern Abend noch über sie geredet. Ich wäre fast mit ihr zusammengestoßen, als sie aus deiner Praxis kam.«
»Ja, ich erinnere mich.« Wade sah Sherry vor sich, wie sie munter plauderte und mit ihm flirtete, während er Mongo untersuchte.
»Es gab ein paar Bemerkungen da drinnen.« Dwight wies mit dem Kopf auf die versiegelte Tür. »Über Tory Bo- deen. Gerede«, fügte er hinzu. »Ich habe mir gedacht, dass du das sicher gern wissen würdest.« Er seufzte wieder. »So etwas sollte wirklich nicht mitten in der Stadt passieren. Die Leute sollen sich sicher fühlen in ihren Häusern. Lissy wird sich unheimliche Sorgen machen.«
»Morgen werden der Eisenwarenladen und das Waffengeschäft großen Zulauf haben«, mutmaßte Cade. »Vorhängeschlösser und Munition.«
»O Gott. Ich berufe am besten eine Stadtversammlung ein und sehe zu, dass ich die Leute wieder beruhige. Ich hoffe wirklich, dass Carl D. bis morgen irgendetwas herausfindet. Und jetzt muss ich zurück zu Lissy. Sie hat sich bestimmt schon in ihre Angst hineingesteigert.« Er warf einen letzten Blick auf die Tür. »Das hätte hier nicht passieren dürfen«, wiederholte er. Dann ging er.
»Ich bin ihr nur einmal begegnet. Gestern.«
Tory saß auf Wades Sofa und hatte die Hände im Schoß gefaltet. Sie wusste, wie wichtig es war, deutlich und ruhig zu reden, wenn man mit der Polizei sprach. Wenn sie Gefühle oder eine Schwäche erkannten, stießen sie sofort nach, und am Ende sagte man mehr, als man wollte.
Dann machten sie sich über einen lustig.
Und dann verrieten sie einen.
»Sie sind ihr also nur einmal begegnet.« Carl D. nickte und machte sich Notizen. Er hatte Faith gebeten, unten zu warten. Er wollte die beiden einzeln befragen. »Warum sind Sie heute zu ihrer Wohnung gegangen?«
»Sie hatte sich um eine Stelle in meinem Laden beworben.«
»Ach ja?« Er zog eine Augenbraue hoch. »Ich dachte, sie hätte einen Job
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