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Lilien im Sommerwind

Lilien im Sommerwind

Titel: Lilien im Sommerwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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wirkte gar nicht, als würde sie irgendetwas bedauern. Tory merkte, dass sie das Gespräch genoss und Faith beneidete.
    »Ich war schon immer lieber mit Männern zusammen«, fügte Faith hinzu. »Frauen sind viel hinterhältiger als Männer und neigen dazu, andere Frauen als Rivalinnen anzusehen. Männer betrachten andere Männer als Konkurrenten, und das ist etwas ganz anderes. Aber du bist nicht hinterhältig. Es hat mich viel zu viel Kraft gekostet, dich nicht zu mögen.«
    »Ist das die Grundlage für unseren Waffenstillstand?«
    »Fällt dir eine bessere ein?« Faith griff nach ihrem Notizbuch. »Ich hatte das Bedürfnis, ein paar Dinge aufzuschreiben, und ich unterdrücke meine Bedürfnisse nur selten. Möchtest du es lesen?«
    »In Ordnung.«
    Faith stand auf und schritt mit ihrem Drink und ihrer Zigarette auf und ab. Sie hatte heute wahrscheinlich ernsthafter nachgedacht als in ihrem gesamten bisherigen Leben. Es war zwar nichts dabei herausgekommen, aber es hatte ihr trotzdem gut getan.
    Wäre es nicht seltsam, wenn Torys Rückkehr nach Progress bewirken könnte, dass sie endlich den richtigen Weg in ihrem Leben einschlug? Faith blieb vor der Statue ihrer Schwester stehen und betrachtete sie. Und wäre es nicht eine ultimative Ironie des Schicksals, wenn sie jetzt gerade finden würde, wonach sie immer gesucht hatte?
    Sie blickte sich nach Tory um. Sie wirkt so kühl und so ruhig, dachte sie. Dabei finden unter der Oberfläche all diese Stürme statt. Es war bewundernswert, wie Tory diese Fassade aufrechterhielt und darunter nicht zerbrach.
    Sie ist gespenstisch, dachte Faith lächelnd. Aber nicht zerbrechlich.
    Zerbrechlich - das war ihre Mutter geworden. Und sie selbst war auch nicht mehr weit davon entfernt gewesen. Wie seltsam und zugleich passend, dass gerade Tory sie aufgehalten hatte, bevor sie zu dem wurde, wogegen sie ihr ganzes Leben lang angekämpft hatte.
    Ein verzerrtes Spiegelbild ihrer Mutter.
    Faith drückte ihre Zigarette aus und schob sie unter die Kiefernadeln.
    »Vielleicht sollte ich Schriftstellerin werden«, sagte sie leichthin und trat auf Tory zu. »Du scheinst ganz hingerissen zu sein.«
    Tory hatte sich vom Rhythmus von Faiths Worten und den Bildern, die sie heraufbeschworen, fesseln lassen. Sie war amüsiert und traurig zugleich. Und dann war der Druck gekommen, das Gewicht auf ihrer Brust, das ihr Herz heftiger schlagen ließ.
    Der Ort, die Erinnerungen machten sie verwundbar. Sie würde nicht darauf reagieren, würde sie nicht zulassen. Sie würde im Hier und Jetzt bleiben.
    Aber die Kälte kroch an ihr empor und um sie herum wurde es dunkler.
    Das Notizbuch glitt Tory aus den Fingern und fiel zu Boden. Sie ging unter, etwas zog sie nach unten.
    »Jemand beobachtet uns.«
    »Hmm? Schätzchen, du hast doch nur zwei Gläser von dem Zeug getrunken, oder? Du verträgst aber nicht viel.«
    »Jemand beobachtet uns.« Sie umklammerte Faiths Hand. »Lauf. Du musst weglaufen.«
    »Mist.« Faith tätschelte Torys Wange. »Komm schon zurück. Reiß dich zusammen.«
    »Er beobachtet uns. Zwischen den Bäumen. Er wartet auf dich. Du musst weglaufen.«
    »Hier ist niemand außer uns.« Aber ein eisiger Schauer durchfuhr sie. »Ich bin Faith. Ich bin nicht Hope.«
    »Faith.« Tory bemühte sich, die Bilder aus Vergangenheit und Gegenwart nicht durcheinander zu bringen. »Er ist wieder zwischen den Bäumen. Ich kann ihn spüren. Er beobachtet uns. Lauf.«
    Faiths Augen weiteten sich. Jetzt konnte sie ihn auch hören, das leichte Rascheln hinter dem Busch am Rand der Lichtung. Panik ergriff sie.
    »Verdammt noch mal, wir sind zu zweit«, zischte sie und griff in ihre Tasche. »Und wir sind keine hilflosen Achtjährigen. Ich werde nicht weglaufen.«
    Sie zog ihre hübsche , 22er mit dem Perlmuttgriff hervor.
    »O mein Gott.«
    »Reiß dich zusammen!«, befahl Faith. »Wir schnappen ihn uns.«
    »Bist du verrückt?«
    »Das musst du gerade sagen. Komm heraus, du Schlappschwanz!«
    Sie hörte einen Zweig knacken und Blätter rascheln und rannte los. »Er läuft weg. Bastard!«
    »Faith! Nicht.« Doch Faith sprintete bereits auf die Bäume zu. Tory blieb nichts anderes übrig, als ihr hinterher zu laufen.
    Der Pfad wurde immer schmaler und verlor sich schließlich im Dickicht. Vögel flatterten kreischend auf. Moosflechten verfingen sich in Torys Haaren und sie schlug im Laufen danach.
    »Ich glaube, er ist zum Fluss gerannt. Wir holen ihn wahrscheinlich nicht ein, aber zumindest werden wir ihm

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