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Lilien im Sommerwind

Lilien im Sommerwind

Titel: Lilien im Sommerwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Offenbar konnte sie ihre Hände nicht still halten.
    »Ich könnte mir vorstellen, dass sie eine Freundin gebrauchen könnte.«
    Faith ließ die Hand sinken, und ihre Stimme wurde dünn. »Sie war Hopes Freundin, nicht meine.«
    »Mag sein, aber Hope ist nicht mehr da. Und du könntest auch eine Freundin gebrauchen.«
    »Schätzchen, ich habe zahlreiche Freunde. Zufällig ist nur leider keiner von ihnen eine Frau. Jedenfalls ist es hier so langweilig, dass ich vielleicht heute Abend in die Stadt fahre. Mal sehen, ob ich für ein paar Stunden einen Freund finde.«
    »Tu, was dir gefällt.« Er schob ihren Fuß beiseite und stand auf. »Ich muss unter die Dusche.«
    »Cade«, sagte sie, bevor er die Tür erreichte. Sie hatte das verächtliche Funkeln in seinen Augen gesehen und war verletzt. »Ich habe ein Recht darauf, mein Leben so zu leben, wie ich es möchte.«
    »Du hast das Recht darauf, dein Leben zu vergeuden, wenn du es möchtest.«
    »Okay«, erwiderte sie gleichmütig. »Aber du machst es genauso. Und in einer Sache stimme ich vielleicht einmal mit Mama überein. Es wäre besser für uns alle, wenn Victoria Bodeen wieder nach Charleston zurückginge und dort bliebe. Und vor allem du solltest dich von dem Ärger fern halten, den sie mitbringt.«
    »Wovor hast du eigentlich Angst, Faith?«
    Vor allem, dachte sie, während er das Zimmer verließ. Einfach vor allem.
    Unruhig erhob sie sich und trat an eins der großen Fenster. Von der matten Südstaatenschönheit war nichts mehr zu spüren. Ihre Bewegungen waren rasch und voller nervöser Energie.
    Vielleicht werde ich wirklich in die Stadt fahren, dachte sie. Vielleicht sollte ich überhaupt ganz fortgehen.
    Aber wohin?
    Nichts und niemand wäre so, wie sie es sich vorstellte, wenn sie Beaux Reves verließ. Auch sie selbst nicht.
    Jedes Mal, wenn sie gegangen war, hatte sie sich eingeredet, es sei für immer. Aber sie war immer wieder zurückgekommen. Jedes Mal, wenn sie gegangen war, hatte sie sich eingeredet, alles würde anders werden.
    Aber das war nie der Fall.
    Wie konnte sie erwarten, dass jemand verstand, dass alles, was zuvor geschehen war, und alles, was seitdem geschehen war, dass einfach alles mit dieser einen Nacht zusammenhing, als sie - und Hope - acht Jahre alt gewesen waren?
    Und jetzt war die Person, die ebenso mit jener Nacht verbunden war, wieder da.
    Faith blickte in den Garten, über den sich die Dämmerung senkte, und wünschte Tory Bodeen zum Teufel.
     
    Es war fast acht Uhr, als Wade mit seinem letzten Patienten fertig war, einem alten Mischling mit Nierenversagen und Herzgeräuschen. Sein ebenfalls alter Besitzer brachte es nicht über sich, den armen Hund einschläfern zu lassen, deshalb hatte Wade das Tier noch einmal behandelt und sein Herrchen beruhigt.
    Er war zu müde, um sich etwas zu essen zu kochen, und überlegte, ob er sich ein Sandwich machen oder eine Dose öffnen sollte.
    Die kleine Wohnung über seiner Praxis gefiel ihm. Sie lag nahe, war bequem und billig. Er hätte sich etwas Besseres leisten können, und seine Eltern hielten ihm das auch ständig vor, aber er zog es vor, ein einfaches Leben zu führen und sein Geld in die Praxis zu stecken.
    Im Moment hatte er keine eigenen Haustiere. Als Kind allerdings hatte er einen ganzen Zoo gehabt. Hunde und Katzen natürlich, die üblichen verletzten Vögel, Frösche, Schildkröten, Kaninchen und einmal sogar ein Zwergschwein namens Buster. Seine nachsichtige Mutter war erst eingeschritten, als er eine schwarze Schlange ins Haus bringen wollte, die er auf der Straße gefunden hatte.
    Wade hatte gedacht, er könne sie dazu überreden, dass er sie behalten dürfe, aber als er mit flehendem Blick und der zappelnden Schlange in den Händen an die Küchentür gekommen war, hatte sie so laut geschrien, dass Mr. Pritchett von nebenan über den Zaun gesprungen war.
    Pritchett hatte sich die Achillessehne gezerrt, Wades Mutter hatte ihren geliebten gläsernen Milchkrug auf die Küchenfliesen fallen lassen, und die Schlange war an den Fluss vor der Stadt verbannt worden.
    Aber sonst hatte seine Mutter klaglos alles toleriert, was er anschleppte.
    Irgendwann einmal würde er ein Haus und einen Garten besitzen und genug Zeit haben, um sich um die Tiere zu kümmern. Aber bis er sich mehr Personal leisten konnte, dauerten seine Arbeitstage mindestens zehn Stunden, die Notdienste nicht eingerechnet. Leute, die keine Zeit hatten, sich um Tiere zu kümmern, sollten auch keine halten. Und wenn

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