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Lilien im Sommerwind

Lilien im Sommerwind

Titel: Lilien im Sommerwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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es um Kinder ging, dachte Wade genauso.
    Er trat in die Küche und nahm sich einen Apfel. Das Abendessen musste warten, bis er sich gewaschen hatte.
    Er biss in den Apfel und sah auf dem Weg ins Schlafzimmer die Post durch.
    Er roch sie, bevor er sie sah. Ihr Duft umfing alle seine Sinne und zerstreute seine Gedanken. Sie lag wie hingegossen auf seinem Bett und lächelte ihn einladend an. Sie war nackt.
    »Hallo, Liebster. Du hast lange gearbeitet.«
    »Du hast doch gesagt, du wärst heute Abend beschäftigt!«
    Faith lockte ihn mit einem Finger. »Das habe ich auch vor. Warum kommst du nicht her und gibst mir etwas zu tun?«
    Wade legte die Post und den Apfel weg. »Ja, warum eigentlich nicht?«

5
     
    Es ist jämmerlich, dachte Wade, wenn ein Mann ein ganzes Leben lang an einer Frau hängen muss. Mehr als jämmerlich noch, wenn diese Frau darauf bestand, durch sein Leben zu flattern wie ein sorgloser Schmetterling. Und wenn der Mann es zuließ.
    Jedes Mal, wenn sie wieder zu ihm zurückkam, sagte er sich, dass er dieses Mal das Spiel nicht mehr mitspielen würde. Und jedes Mal zog sie ihn wieder so sehr in ihren Bann, dass er nicht entkommen konnte.
    Er war ihr erster Mann gewesen. Und es gab keine Hoffnung, dass er auch ihr letzter sein würde.
    Er konnte ihr jetzt genauso wenig widerstehen wie vor zehn Jahren, in jener hellen Sommernacht, in der sie durch sein Fenster geklettert und in sein Bett gekommen war, während er schlief. Er konnte sich immer noch daran erinnern, wie es gewesen war, als er aufwachte und ihr heißer, schlanker Körper über ihn glitt. Sie hatte ihn mit ihrem hungrigen Mund verschlungen, bis er steinhart und geil war.
    Sie war fünfzehn gewesen, und sie hatte ihn mit der schnellen, gefühllosen Effizienz einer billigen Hure genommen. Dabei war sie noch Jungfrau.
    Und genau darum, hatte sie ihm später gesagt, war es gegangen. Sie wollte keine Jungfrau mehr sein, und sie hatte beschlossen, diese Last mit so wenig Umstand wie möglich loszuwerden, und zwar durch jemanden, den sie kannte, mochte und dem sie vertraute.
    So einfach war das.
    Für Faith war es immer einfach gewesen. Aber für Wade war jene Sommernacht, ein paar Wochen, bevor er wieder aufs College gegangen war, nur die erste von zahlreichen Komplikationen, aus denen seine Beziehung zu Faith Lavelle bestand.
    In jenem Sommer hatten sie miteinander geschlafen, so oft sie konnten. Auf dem Rücksitz seines Autos, spät in der Nacht, wenn seine Eltern am anderen Ende des Flurs schliefen, mitten am Tag, wenn seine Mutter auf der Veranda saß und mit ihren Freundinnen plauderte. Faith war immer bereit. Sie war der Fleisch gewordene feuchte Traum eines jungen Mannes.
    Und für Wade war sie zur Obsession geworden. Er war sich sicher gewesen, dass sie auf ihn warten würde.
    Aber kaum zwei Jahre später lief sie mit Bobby Lee davon, während er fleißig studierte und die Zukunft, ihre gemeinsame Zukunft, plante. Wade hatte sich eine ganze Woche lang betrunken.
    Natürlich war sie zurückgekommen. Nach Progress, und schließlich auch zu ihm. Ohne Entschuldigung, ohne tränenreiche Bitten um Vergebung.
    Das war das Muster ihrer Beziehung. Wade verachtete sie dafür, fast ebenso sehr, wie er sich verachtete.
    »Nun ...« Faith setzte sich auf ihn, nahm eine Zigarette aus dem Päckchen auf dem Nachttischschrank und zündete sie an. »Erzähl mir von Tory.«
    »Wann hast du denn wieder angefangen zu rauchen?«
    »Heute.« Lächelnd beugte sie sich zu ihm hinunter und küsste ihn leicht aufs Kinn. »Mach mir keine Vorhaltungen, Wade. Jeder Mensch braucht ein kleines Laster.«
    »Gibt es denn eins, das du nicht hast?«
    Sie lachte, aber es klang nicht ganz echt. »Wenn man sie nicht alle durchprobiert, woher soll man denn dann wissen, welches einem gefällt? Und jetzt komm schon, Baby, erzähl mir von Tory. Ich sterbe vor Neugier.«
    »Da gibt es nichts zu erzählen. Sie ist wieder da.«
    Faith stieß einen tiefen Seufzer aus. »Männer können einen zur Weißglut treiben. Wie sieht sie aus? Was hat sie vor?«
    »Sie sieht erwachsen aus und benimmt sich auch so. Sie will einen Geschenkladen in der Market Street eröffnen.« Als Faith ihn weiterhin unverwandt anstarrte, zuckte er mit den Schultern. »Sie sieht müde aus, vielleicht ein bisschen zu dünn, wie jemand, dem es in der letzten Zeit nicht allzu gut gegangen ist. Aber sie hat einen gewissen Glanz um sich ... Was sie wirklich vorhat, kann ich nicht sagen. Warum fragst du sie nicht

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