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Lilien im Sommerwind

Lilien im Sommerwind

Titel: Lilien im Sommerwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Bank gehen und Konten eröffnen, ein Geschäftskonto und ein privates. Außerdem musste sie zum Progress Weekly. Ihre Anzeige hatte sie schon entworfen.
    Und vor allem musste sie sichtbar sein, während sie in den nächsten Wochen ihren Laden ausstattete. Sie wollte daran arbeiten, freundlich und verbindlich zu sein.
    Es würde eine Zeit lang dauern, bis sie sich über das Getuschel, die Fragen und das Starren der Leute hinwegsetzen konnte, aber darauf war sie vorbereitet. Bis sie ihren Laden eröffnete, würden sich die Leute daran gewöhnt haben, dass sie wieder da war. Und vor allem würden sie sich daran gewöhnt haben, sie so zu sehen, wie sie gesehen werden wollte.
    Nach und nach würde sie zum Bild der Stadt gehören. Und dann wollte sie mit ihren Nachforschungen anfangen. Sie würde die Fragen stellen, würde nach den Antworten suchen.
    Und wenn sie sie bekommen hatte, konnte sie sich von Hope verabschieden.
    Tory schloss die Augen und lauschte auf die Geräusche der Nacht, auf das monotone Quaken der Frösche, den scharfen Schrei einer Eule auf der Jagd, das Knarren der Dielen und das Trappeln der Mäuse, die hinter den Wänden auf und ab liefen.
    Ich werde Fallen aufstellen müssen, dachte sie schläfrig. Es tat ihr Leid um die Tierchen, aber sie hatte keine Lust, ihr Haus mit Schmarotzern zu teilen. Sie würde auch Mottenkugeln unter die Veranda legen, um Schlangen fern zu halten.
    Es waren doch Mottenkugeln, oder? Sie hatte schon so lange nicht mehr auf dem Land gelebt. Man legte Mottenkugeln gegen Schlangen aus, hing gegen das Wild Seife auf, beschützte sein Eigentum, auch wenn die Tiere zuerst da gewesen waren.
    Und wenn Kaninchen in den Küchengarten kamen, legte man Schläuche so hin, dass sie dachten, es seien die von den Mottenkugeln vertriebenen Schlangen. Es sei denn, Daddy käme nach Hause und würde sie mit seinem Revolver erschießen. Dann musste man sie zum Abendbrot essen, obwohl einem danach übel wurde, weil sie so süß waren mit ihren zuckenden, langen Ohren. Man musste essen, was Gott einem bescherte, oder den Preis bezahlen. Und lieber wurde einem übel, als dass man verprügelt wurde.
    Nein, denk nicht darüber nach, befahl sie sich und legte sich auf dem harten Fußboden zurecht. Niemand würde sie mehr zwingen können, etwas zu essen, was sie nicht essen wollte. Nie mehr. Und niemand würde mehr die Faust gegen sie erheben.
    Jetzt war sie an der Reihe.
     
    Sie träumte, sie säße auf dem weichen Boden an einem zuckenden, qualmenden Feuer und hielte einen Marshmallow an einem Stock in die Flamme, bis er fast verbrannte. Tory mochte Marshmallows am liebsten, wenn sie außen schwarz und verbrannt waren, während das Innere weiß und flüssig war. Sie zog ihn heraus und blies auf die Flamme.
    Sie verbrannte sich den Gaumen, aber das gehörte zum Ritual. Ein kurzer Schmerz und dann die knusprige Süße.
    »Du könntest genauso gut Holzkohle essen«, sagte Hope und drehte ihren eigenen Marshmallow, der goldene Blasen warf. »So sieht ein perfekt gerösteter Marshmallow aus!«
    »Ich mag sie ebenso am liebsten.« Um ihre Behauptung zu untermauern, spießte Tory einen weiteren auf ihren Stock.
    »Wie Lilah sagt: >Jedem das Seine, sagte die Lady, als sie die Kuh küsste.«< Grinsend knabberte Hope an ihrem Marshmallow. »Ich bin froh, dass du wieder da bist, Tory.«
    »Ich wollte eigentlich schon viel eher kommen. Vermutlich hatte ich einfach nur Angst. Und die habe ich immer noch.«
    »Aber du bist hier. Du bist gekommen, genau wie es richtig ist.«
    »Ich bin aber in jener Nacht nicht gekommen.« Tory blickte vom Feuer weg in die Augen der Kindheit.
    »Das hast du auch nicht gemusst.«
    »Ich hatte es dir aber versprochen. Zehn Uhr fünfunddreißig. Und dann bin ich nicht gekommen. Ich habe es noch nicht einmal versucht.«
    »Du musst es eben jetzt versuchen, weil noch mehr passiert ist. Und es wird noch mehr passieren, bis du es unterbindest.«
    Das Gewicht senkte sich schwer auf die Brust des achtjährigen Kindes. »Was meinst du mit mehr?«
    »Mehr - wie mit mir. Genauso wie ich.« Ernste, blaue Augen, tief wie Teiche, blickten durch den Rauch in Torys Augen. »Du musst tun, was nötig ist, Tory. Aber du musst vorsichtig sein und klug, Victoria Bodeen, die Spionin.«
    »Hope, ich bin kein Mädchen mehr.«
    »Deshalb ist es ja auch an der Zeit.« Das Feuer loderte höher und wurde heller. Die Flammen tanzten wild in den tiefblauen Augen. »Du musst es unterbinden.«
    »Wie?«
    Hope

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