Lilien im Sommerwind
wieder zu ihm um, und ihr Gesicht war hart wie Stein. »Ich werde es nicht dulden.«
Beinahe hätte er geseufzt. »Mir scheint, wenn du zu sehr auf diesem Thema herumreitest, machst du es für ihn - und für sie auch - zu wichtig.«
»Ich habe nicht vor, darauf herumzureiten.« Nein, sie wusste, was getan werden musste, und sie würde dafür sorgen. »Er hätte deine Deborah heiraten sollen, Gerald.«
Dass er das nicht getan hatte, bedauerten sie beide, und er lächelte traurig. »Dann hätten wir gemeinsame Enkelkinder.«
»Was für ein Gedanke«, murmelte Margaret und beschloss, sie könnte noch einen Sherry gebrauchen.
Tory wartete schon auf ihn. Sie hatte ihre Gedanken wieder sortiert. Sie brauchte immer eine Weile, bis sie merkte, dass Cade sie manipulierte. Er tat es angenehm, sehr ruhig und sehr geschickt, aber deswegen manipulierte er sie trotzdem.
Doch sie hatte schon zu lange die Verantwortung für ihr Leben übernommen, um irgendjemandem zu erlauben, das Steuer an sich zu reißen.
Cade war ein netter Mann, und Tory konnte nicht leugnen, dass sie gern mit ihm zusammen war. Sie war stolz darauf, wie ruhig und reif das klang, als sie es vor ihrem Spiegel einstudierte. Auch der Rest der kleinen Rede, die sie vorbereitet hatte, klang in ihren Ohren gut.
Sie war einfach zu beschäftigt damit, ihren Laden einzurichten und sich wieder einzugewöhnen, als dass sie Zeit oder Mühe in eine Beziehung mit ihm oder sonst jemandem stecken konnte.
Natürlich fühlte sie sich geschmeichelt, dass er an ihr interessiert war, aber es würde das Beste sein, wenn sie es für den Moment einfach dabei beließen. Sie hoffte, sie könnten weiterhin Freunde bleiben, aber etwas anderes konnte nie aus der Sache werden.
Tory fuhr sich mit der Zunge über die Unterlippe. Sie konnte sich in Erinnerung rufen, wie er schmeckte. Darin war sie gut.
Der heiße, süße Duft der Pfirsiche, die von dem alten, verzweigten Baum am Fluss vor der Stadt abgefallen waren. Bienen, trunken von dem gegorenen Saft, schwärmten über dem Fallobst und summten anheimelnd.
Sie hatte nicht erwartet, dass sein Kuss sich so heiß und süß und so kraftvoll anfühlen würde.
Sie hatte nicht erwartet, dass sie in diesem Augenblick so perfekt zueinander passen würden wie zwei Teile eines Puzzles.
Ich romantisiere den Zufall, ermahnte sie sich. Es war albern, so zu tun, als hätte sie sich nicht schon vorgestellt, wie es wäre, ihn zu küssen. Sie war ja schließlich auch nur ein Mensch.
Sie war normal.
In ihrer Vorstellung jedoch war alles ziemlich harmlos, freundschaftlich und einfach gewesen. Die Wirklichkeit hingegen war nicht einfach nur ein Kuss, sondern eher eine Art Vorgeschmack auf das Kommende. Wahrscheinlich hatte er das absichtlich gemacht.
Klug von ihm, dachte sie. Er war ein kluger Mann. Aber es würde nicht funktionieren.
Jetzt war sie für ihn bereit. Keine Wut, keine Verlegenheit würden ihr den Verstand vernebeln. Sie würde hinausgehen, wenn er vorfuhr, damit er nicht hereinkam und abermals Gelegenheit hatte, sie zu verwirren. Sie würde ihre nette kleine Rede halten, ihm alles Gute wünschen, und dann wieder hineingehen und die Tür schließen.
Und dort bleiben, wo sie in Sicherheit war.
Der Plan bewirkte, dass sie das Gefühl hatte, die Dinge wieder in der Hand zu haben. Deshalb seufzte sie erleichtert auf, als sie seinen Wagen vorfahren hörte. Jetzt würde alles wieder in Ordnung kommen.
Sie trat vor das Haus und sah sein Gesicht.
Cade saß in dem hübschen Cabrio, die Haare windzerzaust, die Hände auf dem Lenkrad. Fröhlich lächelte er Tory an, aber dahinter sah sie Wut und Frustration. Und vor allem bitteren Kummer.
Nichts hätte sie wirkungsvoller an ihrer schwachen Stelle treffen können.
»Das liebe ich am meisten an dir, Tory. Du bist immer pünktlich.« Er stieg aus und ging auf die Beifahrerseite, um ihr die Tür zu öffnen.
Sie berührte ihn nicht. Mit körperlichem Kontakt wurde die Verbindung zu eng. »Erzähl mir, was passiert ist.«
»Passiert?« Er blickte sie verständnislos an, und als er begriff, was sie meinte, wurde sein Gesicht verschlossen. Während sie einstieg, ging er wieder auf die Fahrerseite. »Brichst du ein Gehirn einfach so auf und wirfst einen Blick hinein?«
Ihr Kopf fuhr zurück, als ob er sie geschlagen hätte. Dann faltete sie die Hände in ihrem Schoß. Es war besser so. Letztendlich wäre es ja doch passiert. Dann war es besser, es so schnell wie möglich hinter sich zu
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