Lilien im Sommerwind
und die Pflanzen prüfen.
Trotz, oder vielleicht auch gerade wegen seines Studiums war Beaux Reves für Cade eher eine Plantage als die Farm seines Vaters. Er stellte mehr Landarbeiter ein und machte viel mehr von Hand als die Generationen vor ihm. Er steckte mehr Mühe und auch einen größeren Anteil des Gewinns in die Entkörnung, Lagerung und Bearbeitung, als sein Vater und sein Großvater es getan hatten. So ähnelte Beaux Reves einer autarken Vorkriegsplantage und zugleich einer Art von Fabrik.
Doch trotz aller Statistiken, Berechnungen und sorgfältigen Planung musste Cade immer noch den Himmel beobachten und hoffen, dass die Natur mitspielte.
Letztendlich war alles Schicksal, dachte er, während er den Umschlag ergriff.
Cade schaltete die Schreibtischlampe aus und ging im Mondlicht, das durch die Fenster schien, die Treppe hinunter. Die vier Stunden Schlaf würde er brauchen, da er nach der Morgenarbeit am Nachmittag auch noch Sitzungen im Werk hatte. Er musste unbedingt daran denken, ein paar Leinenmuster für Tory mitzunehmen und einen Vorschlag für ihr Geschäft auszuarbeiten.
Wenn er das alles schaffte, könnte er sie am nächsten Abend sehen. Nachdenklich wog Cade den Umschlag in seiner Hand. Dann trat er in sein Zimmer, schaltete das Licht ein und steckte den Umschlag in die Aktentasche, die neben seinen Feldstiefeln stand.
Er knöpfte gerade sein Hemd auf, als er bemerkte, dass Zigarettenrauch durch die Terrassentüren drang. Sie standen einen Spalt offen, und durch die Scheibe sah Cade die rote Glut einer Zigarette.
»Ich habe mich schon gefragt, ob du überhaupt noch mal herunterkommst.« Faith drehte sich zu ihm um.
»Warum rauchst du nicht vor deinem eigenen Fenster?«
»Ich habe nicht so eine schöne Terrasse wie der Herr des Hauses.« Diese Tatsache hatte wie so vieles schon immer an ihr genagt. Zwar war auch Cade der Ansicht, dass sie aus den Räumen des Hausherrn mehr gemacht hätte als er, aber er hatte keine Lust gehabt, seiner Mutter zu widersprechen, als sie nach dem Tod seines Vaters darauf bestand, dass er dort einzog.
Faith zog an ihrer Zigarette und inhalierte den Rauch tief. »Du bist immer noch böse auf mich, und ich kann dir keinen Vorwurf daraus machen. Es war gemein von mir. Ich denke einfach nicht nach, wenn ich so wütend bin.«
»Wenn das eine Entschuldigung sein soll, nehme ich sie an. Und jetzt verschwinde und lass mich ins Bett gehen.«
»Ich schlafe mit Wade.«
»Du meine Güte.« Cade presste sich die Finger auf die Augen. »Findest du, dass ich das unbedingt wissen muss?«
»Ich habe eins deiner Geheimnisse herausgefunden, deshalb erzähle ich dir auch eins von meinen. Jetzt sind wir quitt.«
»Ich werde eine Anzeige in die Zeitung setzen. Mit Wade!« Cade sank auf einen der Eisenstühle auf der Terrasse. »Verdammt noch mal.«
»Oh, sei doch nicht so. Wir verstehen uns gut.«
»So lange, bis du ihn wieder fallen lässt.«
»Das habe ich nicht vor.« Faith stieß ein freudloses Lachen aus. »Das habe ich nie vor, es passiert einfach.« Sie warf die glimmende Zigarette über die Brüstung, wobei sie nicht daran dachte, dass ihre Mutter sie finden und sich darüber ärgern würde. »Er gibt mir ein gutes Gefühl. Was soll daran falsch sein?«
»Gar nichts. Es ist deine Angelegenheit.«
»So wie die Geschichte mit Tory und dir deine ist.« Sie hockte sich vor ihn. »Es tut mir Leid, Cade. Es war gemein und ekelhaft von mir, das auszuplaudern, und ich wünschte, ich könnte es zurücknehmen.«
»Das tust du doch immer.«
»Nein. Ich sage es zwar, aber meistens meine ich es nicht so. Dieses Mal aber meine ich es ernst.« Weil Cade eher müde als wütend wirkte, fuhr Faith ihm mit den Fingern durch die Haare. Sie hatte ihn schon immer um seine Locken beneidet.
»Hör nicht auf Mama. Sie hat dir nicht zu sagen, was du tun sollst. Auch wenn sie vielleicht Recht hat.«
Der Duft des nachtblühenden Jasmins wehte herüber. »Sie hat nicht Recht.«
»Nun, ich bin die Letzte, die irgendwelche Ratschläge über romantische Verwicklungen erteilen kann ...«
»Genau.«
Sie zog eine Augenbraue hoch. »Aua. Das war ein schneller, kleiner Stich. Aber - wie ich sagen wollte, bevor ich anfing zu bluten - unsere Familie hat genug Probleme mit sich selbst, als dass wir noch ein fremdes Element wie Tory Bodeen brauchen könnten.«
»Sie ist Teil dessen, was in jener Nacht geschah.«
»O Gott, Cade, wir hatten schon Probleme, lange bevor Hope gestorben ist.«
Cade
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