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Lilien im Sommerwind

Lilien im Sommerwind

Titel: Lilien im Sommerwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Familien gefiel. Doch als dann der Zeitpunkt der Hochzeit näher rückte, bekam ich das Gefühl, als ob meine Krawatte eine Spur zu eng sei. So als ob ich nicht durchatmen könnte. Also fragte ich mich, wie wohl mein Leben ohne sie aussähe. Und wie es mit ihr in fünf Jahren sein würde.«
    Er steckte einen weiteren Bissen in den Mund und zuckte mit den Schultern. »Es stellte sich heraus, dass mir die Antwort auf die erste Frage wesentlich besser gefiel als die auf die zweite. Und glücklicherweise empfand sie es genauso. Die Einzigen, die wirklich aufgebracht reagierten, waren unsere Familien.« Cade schwieg und sah Tory beim Essen zu. »Aber schließlich können wir ja unser Leben nicht nach dem ausrichten, was unsere Eltern wollen, oder, Tory?«
    »Nein. Aber wir tragen trotzdem unser Leben lang dieses Gewicht mit uns herum. Meine Eltern konnten mich nie so annehmen, wie ich war. Und ich habe lange versucht, anders zu sein.« Sie sah ihn an. »Aber ich kann es nicht.«
    »Ich mag dich so, wie du bist.«
    »Gestern Nacht hattest du Probleme damit.«
    »Ein bisschen«, gab er zu. »Ich habe mir Sorgen um dich gemacht. Du warst so außer dir«, fügte er hinzu und legte seine Hand auf ihre, bevor sie sie wegziehen konnte. »Und so zerbrechlich. Ich kam mir so unbeholfen vor! Ich wusste nicht, was ich tun sollte, und das passiert mir selten.«
    »Du hast mir nicht geglaubt.«
    »Ich bezweifle nicht, was du gesehen oder gespürt hast. Aber zum Teil hat es auch sicher etwas damit zu tun, dass du hierhin zurückgekehrt bist und an das denken musst, was mit Hope geschah.«
    Tory dachte an Abigails Anruf, an die Daten der beiden Morde, erwiderte jedoch nichts. Sie hatte schon einmal jemandem vertraut und ihm alles erzählt. Und hatte alles verloren.
    »Es hat alles etwas damit zu tun, dass ich hierher zurückgekehrt bin. Und auch mit Hope hat es zu tun. Du würdest nicht hier sitzen, wenn es Hope nicht gegeben hätte.«
    Cade lehnte sich zurück und aß weiter. »Selbst wenn ich dich vor vier, fünf Wochen zum ersten Mal gesehen hätte, wenn wir uns nie zuvor begegnet wären, hätte ich trotzdem alles darangesetzt, jetzt hier zu sitzen. Wenn wir uns erst seit ein paar Wochen kennen würden und nicht schon seit Jahren, lägen wir jetzt bestimmt schon in deinem äußerst interessanten Bett.«
    Er lächelte träge, da Tory der Löffel in die Suppe fiel. »Es war an der Zeit, das endlich einmal auszusprechen, damit du darüber nachdenken kannst.«

14
     
    Die Fahrt war angenehm, und sie musste an all das denken, was ihr gefehlt hatte, als sie nicht in J. R.s Nähe war. Alles an ihm war irgendwie riesig, seine Stimme, sein Lachen, seine Gesten. Zweimal musste sie seinen Arm abwehren, weil er so weit ausholte, um ihr etwas am Straßenrand zu zeigen.
    Er schien einen mit seiner Lebensfreude einfach zu schlucken.
    J. R. saß in dem kleinen Auto, die Knie ragten ihm beinahe ans Kinn, und er packte den Schaltknüppel mit seinen großen Händen so wie kleine Jungen den Joystick eines Videospiels.
    So wie er in den Tag hineintauchte, hätten sie genauso gut zu irgendeinem verrückten Picknick fahren können anstatt zu einer schmerzlichen Familienpflicht.
    Er lebt im Jetzt, dachte sie. Das war sein Talent, eine Fähigkeit, die sie ihr ganzes Leben lang hatte erringen wollen.
    Sein neues Auto machte ihm viel Spaß, und er fuhr mit laut dröhnender Musik über die Autobahn, eine karierte Kappe keck auf den Kopf gesetzt.
    Kurz hinter der Ausfahrt nach Sumter verlor er die Kappe, als ein Windstoß sie ihm vom Kopf fegte und unter die Räder eines Kleinlasters trieb. J. R. nahm noch nicht einmal den Fuß vom Gas und lachte wie ein Irrer.
    Da das Verdeck unten und die Musik so laut war, konnten sie sich nur schreiend verständigen, aber es gelang J. R. trotzdem, sich mit Tory über alles Mögliche zu unterhalten.
    Als sie sich der Ausfahrt nach Florence näherten, schlug er vor, sie könnten doch hinterher noch rasch bei seiner Mutter vorbeifahren. Zum ersten Mal, seit er sie abgeholt hatte, erwähnte er die Familie.
    Tory schrie ihm zu, sie würde furchtbar gern ihre Großmutter besuchen. Dann fiel ihr Cecil ein, und sie fragte sich, ob J. R. wohl von ihm wusste. Das hielt sie beschäftigt, bis sie an Florence vorbei waren und weiter Richtung Nordosten fuhren.
    Tory war noch nie im Haus ihrer Eltern außerhalb von Hartsville gewesen. Sie wusste nicht, wovon sie lebten oder wie sie ihre Zeit miteinander verbrachten.
    Sie hatte ihre

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