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Lilienrupfer

Lilienrupfer

Titel: Lilienrupfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Velden
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nicht ab, ging einfach weiter, zurück ins Foyer, wo ich mich nach Christian umsah. Es war bereits sieben. Er musste schon da sein oder würde gleich kommen.
     
    Minuten später legte sich ein Arm von hinten um meine Schultern, und in der Überzeugung in Christians dunkle Augen zu sehen, drehte ich mich um und blickte stattdessen in Tills Brillengläser.
    »Till!«, rief ich und umarmte ihn. »Mensch, wie ich mich freue, dich zu sehen.«
    »…«
    »Was ist? Stimmt etwas nicht?« Ich runzelte die Stirn. Ich wollte nichts über Gewichtsschwankungen hören!
    »Doch, doch. Es ist alles in Ordnung.« Er schien sich wieder zu fangen, blickte auf mein Kleid, richtete die Augen schließlich auf mein Gesicht und sagte: »Weißt du, auf wen ich absolut abfahre?«
    Mein Stirnrunzeln blieb. »Nadeshda Brennicke. Du sagtest es früher schon ein paar Mal.«
    »Nadeshda ist Geschichte«, winkte er ab. »Aber schon mal von Undine Busch gehört?«
    »Ach, du Spinner!«
    »Nein, im Ernst. Sieh dich doch mal an. Deine Haare, dein Gesicht, dieses Kleid.«
    »Ja, nicht schlecht für ein Aschenputtel, nicht wahr?«
    »So meine ich das doch nicht. Ich will sagen, du bist wirklich schön.«
    »Na, dann sag es doch.«
    »Du bist wirklich schön.«
    Wir lachten und ich antwortete: »Danke. Es geht mir auch gut.«
    »Aha. Wohl immer noch verliebt?«
    »Ja.«
    »Und wo ist er, dein   … wie heißt er noch?«
    »Christian.«
    »Also, wo ist dein Christian? Ich bin ziemlich gespannt auf Superman.«
    Das war eine gute Frage. Ich blickte auf meine Uhr. Inzwischen war es zwanzig nach sieben. Immer mehr Leute kamen ins Foyer, aber Christian war nicht unter ihnen.
    »Er wird sicher gleich da sein. Wahrscheinlich sucht er noch nach einem Parkplatz.«
    »Ja, wahrscheinlich«, antwortete er und sah mich forschend an.
     
    Um es kurz zu machen, Robbie. Um zehn vor acht war Christian noch immer nicht da, und als der Gong um fünf vor acht zum letzten Mal schlug, auch nicht.
    Er kam gar nicht.
    Auch kein Anruf oder eine SMS.
    Und was ich hier so sachlich beschreibe, war in Wirklichkeit nur zum Weinen.
    Ich wich Tills fragenden Augen aus, war unfähig, einem Gespräch zu folgen, und fühlte mich zum Sterben. Als sich die Türen endgültig schlossen und alle Gäste auf ihren Plätzen saßen, war in mir die Gewissheit entstanden, dass ich Christian nicht wiedersehen würde.
     
    Die Vorstellung war so hinreißend wie am Tag zuvor die Generalprobe. Alle strahlten und sahen glücklich aus. Franz’ Schulter wurde permanent geklopft. Es fielen Sätze wie »Ein Feuerwerk, mein Lieber, ein Feuerwerk« oder »Nur mit Buz Luhrmann zu vergleichen. Ein zweites ›Moulin Rouge‹«.
    Ach, Robbie, ich hätte stolz auf Franz sein wollen, hätte lachen und mich freuen wollen – an Christian gelehnt, der hinter mir stand und den Arm um mich hielt. Mit dem ich mich »zu zweit« gefühlt hätte und nicht so allein. Stattdessen flehte ich weiter heimlich mein Handy an und biss die Zähne zusammen, um nicht selbst bei ihm anzurufen.
    Als ich um halb zwei nach Hause kam und auch keine E-Mail von ihm gekommen war, hielt ich es nicht mehr aus. Ich rief an, erreichte aber nur den Anrufbeantworter. Mir war schlecht und mein Herz raste. Mehr als: »Wo warst du?Ich habe auf dich gewartet«, brachte ich nicht heraus. Danach legte ich mich ins Bett, das Telefon neben mir auf dem Kopfkissen, und starrte mit brennenden Augen und leerem Kopf in die Dunkelheit, bis ich irgendwann einschlief.
     
    Es war die Hölle. Christian ließ mich einen weiteren Tag warten, bis er sich endlich meldete. Ich war am Verzweifeln, begriff gar nichts mehr und mein Kopf wurde immer dumpfer vor Kummer. Aber ich konnte nicht weinen. Ich hasste Julia dafür, dass sie nicht da war und mir ihre Schulter und kluge Worte bot. Am späten Nachmittag telefonierte ich schließlich mit Till, der sich jetzt, wo er mich wieder unter den Alleinstehenden wähnte, so sensibel und teilnahmsvoll wie von jeher zeigte. »Vielleicht ist ja doch irgendetwas passiert und alles klärt sich noch auf«, sagte er. »Du wirst sehen, er meldet sich bald.«
     
    Um sieben kam ich nach Hause und rauchte – unfähig, mich auf irgendetwas zu konzentrieren – eine Zigarette nach der anderen, bis ich das Gefühl hatte, schon ganz grau im Gesicht zu sein. Gegen neun begann ich trotz der Wärme draußen zu frieren. Ich schloss die Fenster, aber das half nichts, schließlich ließ ich mir ein Bad ein. Immerhin wurde mir wärmer. Als

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