Lilienzucht (German Edition)
hören sein. Verstört stellt sie fest, dass Victor das Thema abrupt gewechselt hat und sich plötzlich über die Schönheiten der Landschaft auslässt. Josie ist so irritiert, dass sie einen Moment braucht, um seinen Ausführungen folgen zu können, doch es dauert nicht lange, bis sie bemerkt, wie schnell das nun oberflächliche Gespräch ihr Herz beruhigt und sich ihre gesamte Verfassung rasch normalisiert. Schließlich wäre es auch nicht gut, ihrem Bruder in einem derart aufgewühlten Zustand unter die Augen zu kommen...
Victor lächelt still in sich hinein.
Als sie die Auffahrt zu Mountsimmons Hall hinauf fahren, kann Josie schon von Weitem erkennen, dass ihr Bruder und seine hochschwangere Frau sie bereits ungeduldig erwarten. Resignierend seufzt sie und schließt für einen Moment die Augen.
„Alles in Ordnung?“, tönt es leise neben ihr.
Lächelnd schaut sie zu Victor auf. „Ja, es wird schon gehen.“, sagt sie und zuckt mit den Schultern. „Auch wenn Justin Nora alles brühwarm berichtet zu haben scheint, jedenfalls, wenn ich meinem Eindruck trauen kann.“ Seufzend fügt sie hinzu: „Sie wird mich gnadenlos mit Fragen löchern... Jetzt, wo sie schwanger ist, ist sie noch viel neugieriger als sonst. – Versteh mich richtig, ich mag sie wirklich gern und sie ist sicher das Beste, was meinem großen Bruder in den letzten Jahren passiert ist, aber manchmal kann sie einem den letzten Nerv rauben, ... ganz besonders wenn sie es gut mit einem meint.“
„Oh, ich denke, ich verstehe, was du meinst.“, lacht Victor. „Die Zwillinge setzen ihr sicher ganz schön zu. Aber du schaffst das schon.“ Grinsend nimmt er ihr Kinn zwischen zwei Finger und küsst sie hauchzart auf die Stirn. „Schließlich bist du auch mit Baron Honeycutt fertig geworden.“
„Na ja“, grinst Josie frech zurück, „mit dem bist wohl eher du fertig geworden.“
„Ja“, gibt Victor gut gelaunt zu. „aber du hast ihn lange genug hingehalten, damit ich überhaupt noch eine Gelegenheit dazu hatte.“
„Hm, so kann man das auch sehen...“
Inzwischen sind sie vor dem Haupteingang des Anwesens angekommen und Jeffrey öffnet ihnen die Wagentür. Josie ist kaum ausgestiegen, da wirft sich ihr auch schon ihre aufgeregte Schwägerin an den Hals, ... soweit deren inzwischen doch beträchtliche Leibesfülle es zulässt.
„Himmel, Josie, wir haben uns solche Sorgen gemacht!“, sprudelt es aus der Vierzigjährigen nur so heraus. „Bist du wirklich in Ordnung?“ Besorgt schiebt sie die Ärmel von Josies Seidenbluse hoch, untersucht ihre Arme nach Verletzungen und legt die Finger dann vorsichtig auf einen der Verbände an ihren Handgelenken. „Ich hoffe, es ist nicht allzu schlimm, Liebes.“
„Keine Sorge, Nora, es ist halb so wild.“, versucht Josie ihre Schwägerin zu besänftigen.
„Was ist denn überhaupt passiert? Schätzchen, du musst mir alles erzählen...“, beginnt Nora ihre Befragung ohne Umschweife.
„Ach, Nora“, antwortet Josie lächelnd, „das habe ich doch alles schon Justin am Telefon erzählt ... und ich wette , du hast inzwischen schon jedes einzelne Wort davon aus ihm herausgequetscht.“ Lachend streicht sie der schwangeren Frau über den stark gewölbten Bauch, während Eleonora gar nicht anders kann als in das Lachen einzustimmen. „Mich interessiert doch viel mehr, wie die Ultraschall-Untersuchung war. Du warst doch heute Morgen beim Arzt, oder?“
„Natürlich.“, gibt Nora empört zurück. „Justin hätte mich notfalls dorthin geprügelt .“
Josie kennt ihren Bruder besser. „Wohl kaum, meine Liebe, eher hätte er dich auf seinen eigenen Händen hin getragen.“, lacht sie. „Aber bevor wir uns hier festplaudern, solltest du vielleicht erst Lord Croydon begrüßen. Bis jetzt hast du ihn nämlich schlichtweg übersehen ... und das ist nicht gerade höflich.“
Eleonora lächelt verlegen und wendet sich an den Earl, um ihn überaus freundlich zu begrüßen und sich herzlich für seine Hilfe zu bedanken.
„Keine Ursache.“, winkt dieser freundlich lächelnd ab. „Es war mir ein ausgesprochenes Vergnügen.“
Glücklicherweise sind Justin und Eleonora abgelenkt genug, um zu übersehen, dass Josie gerade überaus rot anläuft. Victor grinst heimlich in sich hinein.
„Lasst uns doch ins Haus gehen.“, schlägt Justin schließlich vor. „Ich würde gern noch etwas Geschäftliches mit Victor besprechen; geht ihr beide doch schon mal vor und lasst euch auf der Terrasse Tee
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