Lilith Parker
zu einem Angriff anzusetzen.
»Wie ich sehe, seid ihr noch alle hier.« In seiner Stimme lag ein fauchender Unterton, der Lilith an eine Raubkatze erinnerte.
»Johnson«, erwiderte Scrope, wobei er sein Kinn reckte und versuchte, sich gröÃer zu machen.
Lilith runzelte die Stirn. Den Namen hatte sie schon einmal gehört ⦠Richtig, Emma hatte ihn erwähnt, als sie im Schattenwald auf der Flucht vor dem Werwolf gewesen waren. Johnson war der einzige Vampir in Bonesdale, der die Blutkonserven von der Blutspendenaktion ablehnte und sich seine Nahrung anderweitig beschaffte â was nichts anderes bedeutete, als dass er Jagd auf Menschen machte! Hinter Johnson betraten zwei weitere Gestalten den Saal, ein Mann und eine Frau, die ebenfalls äuÃerst ungepflegtwirkten. An der unterwürfigen Miene, mit der sie Johnson folgten, handelte es sich wohl um seine Anhängerschaft.
Johnson wedelte mit einem Zettel in der Hand herum. »Ich habe eine Vorladung bekommen, in der ich aufgefordert werde, vor dem Bürgermeister und dem Gremium zu erscheinen.«
»Das war gestern und du bist nicht erschienen.«
Johnson sah gespielt erstaunt auf seinen Zettel. »Wirklich? Oh, wie bedauerlich.«
Scrope schien seine Ãberraschung überwunden zu haben und erinnerte sich nun wieder an seine Stellung. Er strich über die goldenen Abzeichen auf seinem Revers und räusperte sich. »Es ging um die beunruhigende Frage, ob du entgegen unserem Abkommen in der Nähe von Bonesdale zu jagen begonnen hast.« Er griff nach einer Mappe auf dem Rednerpult und zog einen Zeitungsartikel daraus hervor. »Laut diesem Artikel wurde eine Frau in Greynock von einem Mann angefallen, der ihr Blut trinken wollte. Die Menschen halten ihn glücklicherweise für einen Verrückten, doch wir hegen einen ganz anderen Verdacht. Sei ehrlich, Johnson: Warst du der Vampir, der die Frau angegriffen hat?«
»Und wenn? Es waren nur minderwertige Menschen, die gestorben sind, keine der Unsrigen. Nur das elende GeschmeiÃ, das die Erde zuhauf bevölkert.«
»Du weiÃt, dass dir das verboten ist! Es wird für uns alle gefährlich werden, wenn die Menschen auf Bonesdale aufmerksam werden. Unsere Anonymität und unsere Unauffälligkeit sind unser gröÃter Schutz!«
»Für euch vielleicht, aber ich bin ein Vampir. Ich denke, dass ich mich gegen ein paar neugierige Menschen durchaus zur Wehr setzen kann«, entgegnete er mit einem müden Lächeln. »Aber wenn ich nun schon einmal hier bin, kann ich euch gleich darüber informieren, dass ich nicht gedenke, mich länger an dieses Abkommen zu halten.« Er deutete auf den Mann und die Frau hinter ihm. »Ich habe ein Rudel gegründet und werde noch weitere Gleichgesinnte um mich scharen.«
Ein Raunen ging durch den Saal, vereinzelt wurden empörte Rufe laut: »Das kannst du nicht machen, Johnson!«, »Willst du uns alle in Gefahr bringen?«, »Das werden wir niemals zulassen!«
»Du hast ein Rudel gegründet?«, bellte Scrope ungläubig, während sein Gesicht eine rötliche Färbung annahm. »Das ist gegen das Gesetz! Wenn du nicht umgehend von diesem Vorhaben ablässt, wird das unangenehme Konsequenzen für dich haben, das kann ich dir versprechen. Ich werde nicht zulassen, dass du hier auf Menschenjagd gehst.«
Johnson verschränkte locker die Arme vor der Brust. »Du kannst mir überhaupt nichts befehlen, Scrope. Auch wenn ich hier in Bonesdale lebe, so bin ich kein Nocturi und genau wie die anderen Vampire in eurer Gemeinschaft unterstehe ich im Grunde nur dem Träger des Blutstein-Amuletts. So bitter es ist, aber du besitzt keine Macht über mich. Vor allen Dingen deshalb â¦Â«, Johnson machte eine genüssliche Pause, »weil du nur ein armseliger, aufgeblasener Nachtmahr und nicht einmal der Träger des Bernstein-Amuletts bist.«
Einige Anwesende zogen scharf die Luft ein und Scrope setzte eine so fassungslose Miene auf, als habe Johnson ihm soeben eine Ohrfeige verpasst.
»Aber ich könnte als Zeichen meines guten Willens die Vorschläge eurer neuen Führerin anhören«, fuhr der Vampir fort. »Wie ich gehört habe, ist sie heute hier?«
Lilith zuckte zusammen. Oh verdammt, er sprach doch nicht etwa von ihr, oder? Sie sah sich panisch um und erwog einen Moment ernsthaft, zu Amaro in die Kiste zu springen und sich dort zu
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