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Lilith Parker

Lilith Parker

Titel: Lilith Parker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janine Wilk
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vom Kindermoor und sammelt sich hier in der Senke des Friedhofs.« Emma deutete mit dem Finger in Richtung des Moors, das sich irgendwo hinter der Nebelwand befinden musste. Sogar die Schneeflocken wurden von diesem Dunst verschlungen. »Seht es einfach als passendes Friedhofsambiente.«
    Sie holte aus ihrem Rucksack zwei Fackeln hervor, entzündete sie und drückte eine davon Matt in die Hand.
    Â»Die ist aber ganz schön schwer«, meinte er überrascht.
    Â»Der Korpus besteht aus massivem Eisen. Falls du auf einen Werwolf treffen solltest und er sich vom Feuer nicht abschrecken lässt, kannst du ihm wenigstens noch mit der Fackel eins über die Rübe ziehen.« Sie warf einen Blick auf die Uhr. »Himmel, wir haben nur noch fünf Minuten, jetzt wird es tatsächlich eng.«
    Â»Gut, ich patrouilliere am Zaun entlang und halte Ausschau nach den Werwölfen, während ihr beiden das Gras erntet«, beschloss Matt, hielt dann jedoch mit einem skeptischen Blick über die Gräber kurz inne: »Kann es sein, dass es hier auch eine Angstschranke gibt?«
    Eilig scannte Lilith die Umgebung nach magischen Vorrichtungen ab, dann schüttelte sie den Kopf. »Nein, nichts zu finden. Wenn du Angst bekommst, ist sie nur real.« Es sollte unbekümmert klingen, doch das Zittern in ihrer Stimme war unüberhörbar.
    Matt tauchte in den Nebel ab. Sie versuchte, ihm mit den Augen zu folgen, und einen Moment lang konnte sie noch den tanzenden Schimmer seiner Fackel ausmachen, dann war er verschwunden. Lilith verspürte ein unangenehmes Ziehen in der Magengegend – sie hätten niemals hierherkommen dürfen …
    Am besten sie brachten es so schnell wie möglich hinter sich und verschwanden wieder! Sie ließ sich neben Emma nieder, die an einem halb verfallenen Grab kniete und ein Buch, einen Handspaten, eine kleine Sichel und einen Mörser vor sich ausgebreitet hatte.
    Â»Ich bin bereit.« Sie warf einen flüchtigen Blick in das Buch, dessen Inhalt sie wahrscheinlich schon auswendig kannte, und strich sich die Haare hinter die Ohren. »Laut dem Hexenführer besitzt jedes Grab mindestens ein Büschel Friedhofsgras und um Mitternacht fängt es an zu schluchzen. So können wir es vom normalen Gras unterscheiden. Ehe der letzte Glockenschlag verklungen ist, müssen wir es geerntet haben.«
    Regungslos verharrten sie auf dem Boden, als hätten sie sich auch zu Grabskulpturen gewandelt, erstarrt durch die Kälte und ihre Anspannung. Die Zeit schien sich ins Unendliche auszudehnen. War Mitternacht nicht längst vorbei? Hatten sie vielleicht die Glocke des Rathauses überhört?
    Der Nebel begann, um sie herumzuschleichen und sich um ihre Körper zu legen, als wären sie nun ebenfalls Teil seiner steinernen Spielgefährten.
    Lilith betrachtete den verwitterten Grabstein, neben dem sie kniete. Flechten und Moos überdeckten die Inschrift, nur das in Stein gemeißelte Antlitz des Verstorbenen war zu erkennen. Der flackernde Schein der Fackel hauchte den Augen des Mannes Leben ein, seine Pupillen richteten sich auf Lilith und schienen sie vorwurfsvoll anzusehen. Oder war der Blick nicht eher drohend? Sie schluckte schwer und drehte eilig den Kopf weg.
    Â»Vorhin«, unterbrach Emma mit flüsternder Stimme das Schweigen, »als wir vor der Friedhofstür standen, habe ich mich gefragt …« Sie stockte.
    Lilith runzelte verständnislos die Stirn. »Was denn?«
    Â»Bist du etwa auch in Matt verknallt?«
    Â»Was? Ich?«, entfuhr es ihr eine Spur zu laut. Emma warf ihr einen mahnenden Blick zu.
    Â»Nein, natürlich nicht! Außerdem haben wir im Moment wirklich andere Sorgen, oder nicht?«
    Emma nickte. »Du hast recht, entschuldige!«
    In diesem Moment erklang aus der Ferne der Glockenschlag der Rathausuhr. Leise wehte der Ton über den Friedhof, verloren und einsam.
    Â»Los, wir müssen uns beeilen!«, rief Emma.
    Sie stützten beide die Hände auf den Boden und lauschten mit angehaltenem Atem. Die Grashalme kitzelten Lilith im Gesicht.
    Der fünfte Glockenschlag verklang in der Stille.
    Â»Verdammt, ich höre überhaupt nichts!«, stieß Emma aus. »Du etwa?«
    Â»Ruhig!«
    Lilith verharrte. Lauschte erneut, drehte den Kopf etwas weiter nach links. Da – da war etwas! Ein kaum hörbares Schluchzen, wie das Weinen eines Kleinkindes.
    Â»Hier, direkt unter dem

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